Wir setzen heute den Artikel "Km oder Tempo?" aus der Vorwoche fort:
Was wir damals aber noch nicht beherrschten, das war der Jahresaufbau. Eine gezielte Periodisierung mit Formfindung und Höhepunktstraining hatten wir noch nicht "drauf". Das lernte ich erst in meiner Zeit als Trainer der LG Seesen ab 1981. Teils aus Bücher, Trainer-Lehrgängen und eigenen Erfahrungen. Und ich kann dir versichern, das war ein langer Weg. Weg vom intuitiven hin zum geplanten Training.
Mit der Zeit gelang es uns nach wieder vielen Selbstversuchen, genau dann in Form zu sein, wenn wir es brauchten. Wie lange das dauerte kannst du ersehen, dass ich einmal 1982 oder 83 - so genau weiß ich das nicht mehr - den stark besetzten Silvesterlauf in Salzgitter-Bad gewann.
Später sagte ich einmal: "Der Silvesterlaufsieger ist der blödeste unter allen Läufer!" Das würde ich heute nicht mehr so ausdrücken. Was ich aber damit eigentlich anmerken wollte ist, dass ein Läufer, der schon am 31.12. im Hochform ist, es 4 Monate später zum Höhepunkt der Frühjahrs-Saison wohl nicht mehr sein wird.
Heute aber haben wir die Steuerung der Form im Griff. Die meisten von uns rennen einen Silvesterlauf und freuen sich auch über gute Zeiten, aber Silvesterlaufsieger stellen wir wohl eher selten. Und so befriedigt es mich immer wieder, wenn unsere nah und fern trainierten Clubmitglieder jeden Frühjahr und Herbst zielsicher bei den Wettkampfhöhepunkten ihre Erfolge einfahren und nicht bei drittklassigen Volksläufen mitten im Sommer oder Winter.
Nun hatte ich im vorletzten Newsletter mit folgenden Wortlaut angekündigt: "Im nächsten Newsletter werde ich einmal für Greif-Club-Nichtmitglieder ein paar Geheimnisse ausplaudern, wie man ein Training aufbaut, welches HIT-kompatibel ist und man dieser Übungseinheit mit einem Umfangstraining noch den letzten Schliff gibt." Und da habe ich die Folgen dieser Ankündigung nicht so ganz überdacht und sehe mich in einem Dilemma.
Oben stehend beschrieb ich schon, wie diffizil so eine Trainingsplanung über das ganze Jahr ist. Und wenn ich hier alles ausplaudere, dann stärke ich einerseits nur die Konkurrenz. Auf der anderen Seite möchte ich dir selbst natürlich auch eine möglichst verständliche und nachvollziehbare Information geben. Und gerade die Jahresperiodisierung ist unser besonderes Know-How. Eventuell hast du schon erfahren oder auch selbst erlebt, dass fast niemand der anderen Trainingsplanautoren im Internet individuelle Jahrestrainingspläne anbietet. Du ahnst auch sicher schon warum.
Die Konkurrenz beschränkt sich zumeist auf Wettkampfvorbereitung. Das ist ganz einfach. Man schreibt einmal für jede Strecke ein Programm und passt es dem Trainierenden an. Und wenn das durch ist, fängt man von vorne wieder an. Das heißt mit anderen Worten: Die Arbeit macht der Computer. So etwas nennt man Billigvariante.
Das funktioniert ganz gut für einen kurzen Zeitraum. Dabei wird aber nur auf einen kurzfristigen Erfolg gezielt. Man hat aber nicht den Aufbau oder die Entwicklung des Sportlers im Auge.
Anders bei uns. Mein ganz persönliches Ziel ist es, einen Läufer(in) über einen längeren Zeitraum aufzubauen und seine Erfolge zu verfolgen. Dies empfinde ich als meine Aufgabe, es ist mein innerer Antrieb, ein Trieb, welcher nicht aus dem Erwerbstrieb resultiert. Meine größte Freude ist ein perfektes Rennen eines meiner Zöglinge.
Du kannst das in diesem Newsletter verfolgen, wie viele Läufer(innen) Jahr für Jahr neue Bestzeiten laufen. Es klappt sogar bei Leuten im siebten Lebensjahrzehnt. Das weiß die Szene und sie weiß auch, dass wir auf Leistungs- und nicht auf Gesundheitstraining setzen. Bekannt ist aber auch, dass man bei uns etwas dafür tun muss. Achim Achilles-Typen, mit stark verminderten Trainingsantrieb, sollten sich besser keinen Trainingsplan bei "Greif" bestellen. Sie könnten schon beim Lesen ihres Plans einen Weinkrampf bekommen.
Das ist natürlich völlig übertrieben. Dass wir auch auf Sportler mit vergleichsweise niedrigen Leistungsniveau eingehen beweist, dass wir seit Jahren in unserem Trainingsplan-Segment in Deutschland Marktführer sind. Ich habe einmal nachgezählt. Im oberen Leistungsbereich von 10000 m-Zeiten zwischen 30 und 35 m sind 151 Läufer(innen) im Club und im unteren zwischen 70 und 55 min/10 km sind es 127. Dass das so wenige sind, ist klar. Unser erklärtes Ziel ist ja auch diese Trainierenden von da unten heraus in die oberen Leistungsbereiche zu treiben. Und das gelingt. Egal wie fett jemand ist, für wie langsam und untalentiert er sich hält, wir bringen ihn nach oben.
Wer zu uns kommt und den Willen hat etwas zu leisten, den zeigen wir den Weg wie es geht und zwar von seinem Leistungsniveau heraus. Aber so etwas geht nur mit einem Jahresplan. Auch wir bieten mit den so genannten Z-Plänen reine Wettkampfvorbereitungen an. Bei der Bestellung eines solchen Plans versuche ich den Trainierenden mit allen Mitteln dazu zu überreden einen langfristigen Plan zu nehmen. So ein Z-Plan führt natürlich auch zu Erfolg, ist aber auf Dauer gesehen rausgeworfenes Geld.