Jetzt im Juni, dem letzten Monat vor der Sommerpause, pushen wir in den Greif-Club-Trainingsplänen noch einmal unsere, oft schon wieder sinkende Form, nach oben. Ein Teil unserer Mitglieder hat Probleme, zu Beginn dieser sehr schnellen und kurzen Einheiten das hohe Tempo überhaupt zu schaffen.
Traktoren und Sprinter
Zu stark sind die individuellen Fähigkeiten. Auf der einen Seite die Traktoren". Die laufen mit ihrem biologischen "Dieselmotor ohne Turbolader" zwar lang, zuverlässig aber langsam, aber wenn man denen einen 200 m-Tempolauf anbietet, dann läuft ihnen schon nach 100 m das "Motoröl" aus und sie haben einen "Kolbenfresser".
Auf der anderen Seite die "Sprinter". Auch diese Leute sind leicht zu erkennen. Ihr besonderes Merkmal ist das zu schnelle Angehen in JEDEM Rennen. "War eigentlich ganz locker!". Als zweite Besonderheit findet man bei ihnen, dass sie in der Gruppe nie Tempo machen, um am Ende dann im Spurt alles stehen zu lassen. Das dritte Merkmal ist eine starke Diskrepanz zwischen den "kurzen" und "langen" Zeiten.
Das heißt, je länger die Strecken werden, desto schwerer tun sie sich. Der Wert ihrer Wettkampfresultate wird mit zunehmender Streckenlänge immer schlechter. Es soll sogar Läufer geben, die es mit einer 10 km-Zeit von 36 min nicht schaffen unter 3 h im Marathon zu kommen.
Wer auch nicht gut mit dem sehr hohen Tempo auf den kurzen Strecken bis 600 m zurecht kommt, sind die relativen Anfänger. Diese haben es in der Regel mit einfachen langsamen Dauer- und ein paar Volksläufen nach oben geschafft. Sie liegen dann meist mit ihren Zeiten zwischen 45 und 50 min/10 km.
Und dann sollen Sie plötzlich 15 x 200 m laufen. Auweiah! Da zappeln oft die Beine, die hohe Geschwindigkeit ist nicht koordiniert, der Sprung im Schritt nicht koordiniert oder gar nicht da und die Bewegungsfrequenz ist nicht zu schaffen, weil das Training bisher in der Schleiffuß-Technik absolviert wurde.
Mangelnde anaerobe Ausdauer
Es ist natürlich nicht nur die Koordination, die zum hohen Tempo fehlt, es ist auch die mangelnde anaerobe Ausdauer. Die muss natürlich auch trainiert werden und da beißt sich die Katze in den Schwanz. Denn vielfach ist es so, dass jetzt die Läufer(innen) erst aus dem Marathontraining kommen, bei dem anaerobes Training eine untergeordnete Rolle spielt.
Oft nun werde diese "Schleiffüße" etwas "verrückt". Sie wollen mit einmal alles nachholen, was sie in den vergangenen Wochen und Monaten nicht leisten konnten. Dabei wird oft versucht zu viel und zu oft die anaerobe Ausdauer zu trainieren. Dabei wird vergessen, dass so ein Training der aeroben Ausdauer auch Schaden zufügen kann.
Besonders Prof. Georg Neumann weißt darauf hin, dass man immer seine Hauptwettkampfstrecke im Auge behalten soll. Zuviel anaerobes Training schadet unter Umständen den Fähigkeiten auf den langen Strecken. Das ist aber kein Grund sich vollständig von diesen hochintensiven Einheiten zu trennen. Im Gegenteil heute weiß man, dass Intervalltraining auch die aerobe Ausdauer verbessert.
Diese "geknallten" Einheiten senden einen starken Reiz zur Verbesserung der maximalen Sauerstoffaufnahme aus. Es geht deutlich schneller die anaerobe als die aerobe Ausdauer zu verbessern. Das solltest du immer im Hinterkopf haben, wenn du beginnst richtig schnelle Einheitenzu laufen. Wenn du auch am Anfang schier verzweifeln magst, weil du die Vorgabezeiten nicht leisten kannst.
Ich versichere dir, schon bei der dritten Einheit dieser Art wird deine Leistung deutlich besser. Deine brachliegenden schnellen Muskelfasern werden aktiviert, die Koordination steigt, die Säuretoleranz (Laktat) wird besser und auch deine Leidensfähigkeit steigt.
Ich rate dir, außerhalber der Trainingszeiten von Halb- und Marathon jede Woche eine schnelle hochintensive Intervalleinheit einzulegen. Außerhalb dieser Zeiten, sprich im Grundlagenaufbau und in der Regeneration erhältst du die erworbenen Fähigkeiten durch Steigerungen. Wie und wie viele wird in einem späteren Newsletter Thema sein.
Richtlinien für 10 km-Zeiten
Damit du einmal siehst, was du bei einer Einheit von 15 x 200 m mit 200 - 400 Trabpause leisten solltest, habe ich hier einmal ein paar Tempis für ein angestrebtes Ziel über 10000 m aufgeführt.
Angestrebte 10 km-Zeit | Zu laufende 200 m-Zeit |
---|---|
35 min | 33 sec |
40 min | 38 sec |
45 min | 43 sec |
50 min | 48 sec |
55 min | 53 sec |
60 min | 58 sec |
Nicht jammern. Ich weiß das ist schnell, aber das Training soll auch eine Herausforderung für dich sein. Wichtig ist, dass diese Zeiten mit fliegendem Start gelaufen werden. Das heißt, du beginnst schon 2 m vor der Startlinie mit voller Geschwindigkeit an zu laufen und drückst aber erst beim Überqueren der Startlinie die Uhr ab.
Wenn du den ersten 200-er durch hast, gehst du 100 m und trabst (langsames Joggen) dann weitere 300 m und beginnst dann mit dem nächsten 200-er. Wenn du schon sehr gut anaerob trainiert bist, dann kannst du die gesamte Pausenlänge auch auf 200 m abkürzen.
Ich empfehle das nicht unbedingt, denn mit kurzen Pausen trainieren Mittelstreckler. Und die werden als Leser dieses Artikels weit in der Minderzahl sein.
Was gibt es für Einheiten für dich, die du laufen kannst?
Außer den 15 x 200 m. Kannst du in jeder Woche einmal eine Auswahl der nachfolgenden Einheiten trainieren. Wenn du diese nicht gewohnt bist, dann beginne immer erst mit der unteren Anzahl der Wiederholungen. Als erfahrener und leistungsfähiger Athlet kannst du dich dem oberen Bereich nähern.
10 - 20 x 200 m
10 - 20 x 400 m
10 - 20 x 200 und 400 m im Wechsel
8 - 15 x 600 m
Natürlich gibt es noch mehr Einheiten und Kombinationen der Wiederholungen. Bitte lasse dich davon nicht verwirren. Die eine sogenannte "geile" Einheit macht es nicht. Es sind immer die Standardeinheiten die wichtig sind. Sie erlauben dir, deine gewachsenen und auch (hoffentlich nicht) gefallenen Leistungen zu vergleichen.
Und dies über Jahre hinweg. Halte dich fern von "schrägen" Einheiten, die du mal gehört hast oder von Trainer "Ichbinsogut" empfohlen wurden. Du wirst immer wieder Probleme bekommen, diese mit den Leistungen aus deinen Trainingsbuch aus früheren Jahren vergleichen zu können.
Wenn du einmal ein nationaler oder sogar Spitzenläufer bist, kannst du alles nachtrainieren, was die anderen Superläufer alles so machen. Aber bis dahin machst du Standardeinheiten. Die bringen dich weit genug voran. Wenn es darum geht die letzten Sekunden aus deinem Leistungspotential heraus zu quetschen, kann man anders vorgehen. Muss man aber nicht. Man kann auch mit Standardeinheiten Olympiasieger werden. Du musst dann nur ein paar mehr davon machen.
Zu diesem Thema fällt mir noch eine Geschichte ein: 1984 war ich im Winter zusammen mit einer Athletin bei einem DLV-Kaderlehrgang in Dortmund. In der Halle war ein Intervalltraining angesetzt. Ein Trainer wollte die Einheit je 3 x 400 - 500 - 600 - 700, ein anderer je 3 x 200 - 400 - 600 - 800 m.
Als das gemeinsame Training anstand, beharrten beide auf ihre Einheit. Keiner wollte nachgeben und so mussten die von ihnen trainierten beiden Mädchen am Ende jeweils alleine laufen. Beide Trainer sind bei mir niemals mehr aus der Idiotenschublade heraus gekommen.
Auch ein Kernsatz des Lauftrainings: Es geht nichts über ein Gemeinschaftstraining relativ gleichstarker Läufer(innen).
Nun liegt es an dir den Weg zu Gold zu beginnen. Einfach nur machen und bereit sein den kommenden Muskelkater zu ertragen.
So startest du zu deiner ersten hochintensiven Intervalleinheit
Laufe dich gut warm.Jetzt gilt es die Beine zu bewegen und dies zwar richtig schnell. Du kannst dich und deine Bewegungsschnelligkeit schon einmal mit dreimal 10 sec Tapping einstimmen. Was das ist und wie so etwas geht, siehst du in unserem Tapping Video. Schon diese Übung trainiert deine Sprint- und anaerobe Leistungsfähigkeit. Du wirst denken 3 x 10 sec, das bringt doch nichts. Doch! Probiere es aus, du wirst sehen, wie schnell du warm bist. Aber verfluche mich nicht. Wenn doch, dann aber nur ein bisschen.
Wenn du nach einigen Wiederholungen das gewählte Tempo nicht mehr schaffst, läufst du trotzdem weiter und versuchst die Intervalle so gut es geht durchzubringen.
Leider kann ich an dieser Stelle nicht für jedermann und jedes Leistungsziel Zeiten angeben. Aber wenn du das möchtest, dann kannst du dir hier deinen individuellen Trainingsplan bestellen.
Dann brauchst du dir keine Gedanken zu machen, wann und mit welchem Tempo und Länge du die ganz schnellen Einheiten einsetzen musst. Es würde mich freuen, wenn ich dir helfen könnte deine Leistung um eine ganze Klasse oder vielleicht sogar um zwei anheben zu können.
Ich bin überzeugt, auch du kannst mehr, als du glaubst. Nur gehen musst du den ersten Schritt schon selbst. Nutze deine Chance, du hast sie in jedem Alter.