Keine Ahnung wie du begonnen hast mit dem Laufen und was dich vor allem gereizt hat. Mich hat vor allem immer interessiert, wie schnell ich laufen kann und ob es noch schneller geht. Ich weis gar nicht, ob ich die Geschichte, wie ich zum regelmäßigen Laufen und Training kam, schon mal zum Besten gegeben habe.
Das begann 1987 in Dresden. Dort begann ich mit dem Maschinenbau-Studium an der TU Dresden, hatte ein Zimmer im Studenten-Wohnheim. Die ersten 2 Abende gingen die Kommilitonen der Studiengruppe aus dem Wohnheim gemeinsam in die Kneipe. Man wollte sich ja kennenlernen. Die beiden Abende endeten schrecklich und mir schwante, dass es in nächster Zeit so weitergehen sollte. In meiner Studiengruppe war allerdings auch dein Dresdner Marathonläufer, der sich den Abenden nicht angeschlossen hatte. Er hatte damals eine Marathon-Bestzeit von 2:26 h (lief später noch eine 2:22 h), was mich ziemlich beeindruckte. In der Schule und in der Berufs-Ausbildung gelang es mir immer, ohne jegliches Lauftraining, die 3000 m unter 11 min zu laufen. Irgendwie fühlte ich mich immer zum Laufen hingezogen, ohne aber auf die Idee zum Training zu kommen.
Als die Kommilitonen am dritten Abend zum Kneipenbesuch aufbrachen, klinkte ich mich aus und ging Laufen. Motiviert von diesem schnellen Dresdner Marathonläufer, ging ich jeden Tag auf die Runde im Großen Garten in Dresden. Wer die "Invitational Runs“ verfolgt hat, kennt inzwischen die fast schnurgerade (Ausnahme der Knick ums Palais) asphaltierte Strecke von 2 km Länge. Eine herrliche "Baller"-Strecke. Ich suchte mir allerdings anfangs eine Runde auf einen Parkweg "außen" herum, von der ich die Länge nicht kannte. Es gab damals weder GPS noch Internet mit Streckenvermessung ;-))
Diese Runde rannte ich 1 oder 2 mal pro Woche so schnell ich konnte. Mein Ziel war es, jedes mal etwas schneller zu laufen als beim letzten mal. Da ich die Rundenlänge nicht kannte, kannte ich auch mein Tempo in min/km nicht, ich hatte immer nur den Referenzwert der Gesamtzeit. Irgendwann erfuhr ich von den exakt 4 km einer "Runde" auf der Asphaltstrecke und verlagerte mein "Tempotraining" dorthin. Das Tempotraining war lange Zeit immer gleich: 5 oder 6 km so schnell es ging. Immer wenn ich dort wieder etwas schneller geworden war, rannte ich auch wieder meine Ursprungsrunde, um dort meinen persönlichen Streckenrekord immer weiter zu verbessern.
Lange Rede, kurzer Sinn. Was will ich dir damit sagen? Wenn du Anfänger bist und dich noch nicht auf einen ausgeklügelten Trainingsplan einlassen willst oder du als erfahrener Läufer aus einer längeren Pause (Verletzung, Krankheit, keine Motivation) zurück kommst, aber noch kein definiertes Ziel vor Augen hast, dann sind Maximalläufe ein gutes Mittel, um schneller zu werden oder wieder eine gewisse Fitness bzw. Form aufzubauen.
Kurzer Exkurs zum Krafttraining. Was ist hier besonders effektiv? Die Belastung bis zur maximalen Muskelermüdung plus 1 Wiederholung. Genau das kannst du beim Laufen auch machen. Laufe einmal pro Woche auf einer definierten Strecke so schnell du kannst. Als Streckenlänge bieten sich hier z.B. 5 km wunderbar an. Lege dir einen Wochentag pro Woche (möglichst immer den gleichen!) für diesen „Testlauf“ fest. Dann gehst du auf die Strecke und gibt alles. Laufe so schnell wie es geht. Versuche jede Woche schneller zu laufen als in der Vorwoche. Dieses Verfahren funktioniert wunderbar über einen Zeitraum über 6-8 Wochen. Prinzipiell reicht dieses 1 Tempotraining pro Woche schon aus. Die restlichen Tage kannst du im lockeren Tempo laufen. Wenn du etwas mehr machen möchtest, dann baust du an einem zweiten Tag der Woche in deinem Lauf 2 oder 3 mal einen schnelleren Kilometer ein oder beendest einen Lauf mit einer Endbeschleunigung von 2 oder 3 km.
Ich habe dieses Verfahren 2016 ausprobiert. Ich lief jeden Tag 7 km locker, nicht mehr. Donnerstag war "Testtag" über 5 km auf einer 1000 m Wendepunktstrecke. Dabei lief ich über 7 Wochen folgende Zeiten:
21.04.2016 19:52 min
28.04.2016 19:11 min
05.05.2016 18:50 min
12.05.2016 18:53 min
19.05.2016 18:38 min
26.05.2016 18:25 min
02.06.2016 18:02 min
2019 wiederholte ich das Verfahren mit den Maximalläufen und lief innerhalb von 4 Wochen (ohne weiteres Tempotraining):
20.02.2019 19:24 min
27.02.2019 18:52 min
06.03.2019 18:46 min
13.03.2019 18:30 min
und direkt im Anschluss am 17.03.2019 einen 10 km Lauf in 38:06 min zu laufen.
Inzwischen habe ich dieses Verfahren einigen Club-Mitgliedern empfohlen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht direkt wieder in den Plan einsteigen wollten. Es funktioniert wunderbar, die Zeitsprünge liegen immer in der gleichen Größenordnung. Sicherlich gibt es auch in einer Woche mal einen kleinen Rückschritt. Der ist meist wind- bzw. wetterbedingt oder aber mental zu begründen. Dafür ist der Sprung in der Folgewoche umso größer.
Nach den 6-8 Wochen solltest du in der Verfassung sein, um entweder wieder in deinen Trainingsplan einzusteigen oder aber direkt einen kleinen Wettkampf, z.B. über 10 km zu absolvieren. Solltest du über 2-3 Wochen keine Steigerungen mehr hinbekommen, ist es auch an der Zeit das Training wieder umzustellen.
Möglich wäre das Verfahren natürlich auch mit 10 km. Das ist natürlich deutlich belastender. Vor allem mental. Sich jede Woche am Anschlag über die 10 km zu kämpfen, erfordert schon viel Willensstärke. Hier werden die Leistungs-Schwankungen auch größer sein und du wirst nicht jede Woche eine schnellere Zeit auf die Straße bringen.
Das Verfahren der Maximalläufe ist sicherlich nicht für einen kontinuierlichen und periodisierten Saisonaufbau geeignet. Eher für einen kurzfristigen Aufbau oder Wiedereinstieg. Man könnte es auch "adaptive Periodisierung" nennen ;-) Die Belastung richtet sich immer nach deiner aktuellen Verfassung. 5 schnelle Kilometer werden dich niemals überlasten. Wenn du aus einer längeren Verletzung kommst, solltest du nicht direkt so beginnen, sondern schon 2-3 Wochen mit lockeren Läufen in den Beinen haben. Du wirst damit auch keinen Marathon absolvieren können. Es bringt aber mit wenig Aufwand und viel Spaß einen ordentlichen Leistungsschub.