Was hasst ein Läufer oder eine Läuferin am meisten? Nein, nicht Holger, sondern dass eine Verletzung oder Erkrankung auftaucht, wenn man gerade spürt, dass es aufwärtsgeht.
Zu dieser Jahreszeit kann ich ein Lied davon singen, welche Verletzungen, Erkrankungen oder auch familiäre und/oder berufliche Probleme den Greifclub-Mitgliedern widerfahren.
Und in dieser Situation werde ich oft angeschrieben oder angesprochen und um Hilfe gebeten. Selbstverständlich stehe ich mit Rat und Tat unseren Klubmitgliedern zur Seite. Traurigerweise bin ich kein Doktor Strunz, der Wunder verrichten kann. (Ich meine das nicht hämisch, sondern anerkennend).
Das, was so viele von mir wollen, ist der Rat, einfach weiter zu trainieren und die Erkrankung oder Verletzung zu ignorieren. Das geht in der Regel meist schief, denn eine Erkrankung muss genauso ausheilen wie eine Verletzung und beides braucht Zeit.
Wahllos habe ich einmal Ausschnitte aus Mailtexten herausgezogen, die uns heute erreichten:
„Zur Zeit ist der Wurm drin.... Zur Info: Über die Feiertage lag ich mit Infekt im Bett und z.Zt. hab ich ärztlichen Trainingsstop wegen einer Haut-OP. Ich nehme das Training erst am 20.01. wieder auf, dann werden meine Fäden gezogen.“
„Ich bin auf der Suche nach einem Aufbauplan, nachdem ich 4 Wochen (2 Wochen Erkältung + 2 Wochen zu viel berufliche Belastung) nicht trainiert habe.“
„Endlich kann ich wieder laufen! Fast 10 Wochen musste ich mich durch Physiotherapie und Massagen quälen, nun kann es wieder losgehen. Es sind zur Zeit Läufe von ca. 1:15 Std. möglich, allerdings höchstens im 5:50er Schnitt, soll heißen ca. 11 km. Ich würde also derzeit gerne einen Aufbauplan bestellen wollen.“
Aufbauplan heißt in der Regel, deutlich langsamer und kürzer laufen und die Belastung vorsichtig steigern. Nach zwei bis drei Wochen kommt man dann schon wieder in die Nähe der alten Leistung und in vier Wochen ist dann fast immer die vorherige Leistungsfähigkeit erreicht.
Das bedeutet aber immer, dass es in diesem einen Monat zu keinem Fortschritt in der Leistung kommt, und das wollen wir ja. Denn wer möchte schon auf seiner alten Leistungsfähigkeit sitzen bleiben.
Sehr oft ist es natürlich auch so, dass man zwar nicht laufen kann, aber andere Sportarten, wie Radfahren möglich sind. Diese Sportart erhält aber nicht die Lauffähigkeit über den Zeitraum des ausgefallenen Lauftrainings.
Radtraining ist besser als gar nichts, aber es ist danach doch ziemlich schwer, später wieder in einen lockeren Laufrhythmus zu kommen. Als beste Möglichkeit zum Erhalt der Lauffähigkeiten hat sich das Aquajogging gezeigt, welches aber doch deutlich aufwändiger ist, als alles andere.
Es kostet viel Zeit durch die Anfahrt zu einer Schwimmhalle und dazu kommt auch noch das Zeit raubende An- und Ausziehen. Und insgesamt ist das Aquajogging eine ziemlich langweilige Angelegenheit, denn es ist anders als das Schwimmen, nur zeitabhängig. Im Gegensatz dazu gilt beim Letzteren immer die Strecke.
Nun bin ich gerade vor kurzem auf eine faszinierende Studie auf der Webseite NetDoktor.de vom 8.1.2015 gestoßen, die lautete: „Knochenbrüche: Mentalübungen bewahren Muskelkraft“.
Meine Idee dazu war der Gedanke: Wenn man bei Knochenbrüchen mit mentale Übungen die Muskelkraft erhalten kann, dann muss das auch funktionieren bei unseren üblichen Verletzungen oder auch Erkrankungen.
Stell dir vor, du hast eine Achillessehnen-Verletzung, dein Bein liegt hoch und du stellst dir vor, wie du zum Beispiel einen Berg nach oben läufst. Du schließt deine Augen, siehst dich im lockeren Schritt den Hügel hoch springen.
Leider konnte ich das selbst noch nicht ausprobieren, weil ich sehr lange keine Verletzungen hatte. Du solltest es aber selbst einmal versuchen und es wäre schön, wenn du auch darüber berichten könntest.
Lies einmal den Text über diese Studie:
„Stillgelegte Muskeln schwinden. Diese Erfahrung macht jeder, der längere Zeit Arm oder Bein im Gips verpackt hat. Doch der vorprogrammierte Kraftverlust lässt sich zumindest reduzieren – durch mentale Übungen.
Die Kraft, die in Armen, Beinen & Co steckt, ist von verschiedenen Faktoren abhängig – vor allem aber vom Muskeltraining. Doch auch das Gehirn scheint einen Einfluss zu haben. Welchen, untersuchte ein Team um Brian C. Clark von der Ohio University in Athens.
Für das Experiment verpackten die Forscher jeweils einen Unterarm von 29 Freiwilligen in Gips. Der starre Verband reichte von knapp unter dem Ellenbogen bis über die Finger und legte so den jeweiligen Arm für vier Wochen still. Rechtshändern wurde der linke Arm, Linkshändern der rechte Arm eingegipst.
Wirksame Denkübung
14 der Teilnehmer absolvierten fünfmal wöchentlich ein Imaginationstraining unter Anleitung. Dabei sollten sie sich vorstellen, den eingegipsten Arm so fest wie möglich anzuspannen.
Die Methode erwies sich als verblüffend effektiv: Im Vergleich zu jenen, die keine Imaginationsübungen gemacht hatten, hatten die mental Trainierten am Ende der Studie 50 Prozent weniger ihrer Muskelkraft eingebüßt – nämlich 24 statt 45 Prozent. Auch die Fähigkeit des Nervensystems, den Muskel maximal zu aktivieren (die sogenannte willentliche Aktivierung), erholte sich bei ihnen schneller.
„Das zeigt, dass neurologische Mechanismen, insbesondere solche, die vom Gehirn ausgehen, signifikant zum Kraftverlust beitragen“, schreiben die Forscher. Eine regelmäßige Aktivierung der entsprechenden Hirnregionen über Imaginationsübungen könnte die Schwächung der Muskulatur hingegen vermindern.
Kleiner Aufwand, großer Effekt.
Der Übungsaufwand dabei war relativ gering. Die Teilnehmer erhielten die Anweisung, sich fünf Sekunden lang vorzustellen, dass sie die Hände des stillgelegten Armes so fest wie möglich gegen ihre andere Hand pressten. Die Muskeln selbst sollten die Teilnehmer dabei nicht anspannen, sondern sich die Anspannung in ihrem Unterarm lediglich vorstellen. Darauf folgte jeweils eine fünfsekündige Pause. Es schlossen sich vier Wiederholungen der Übung an, gefolgt von einer einminütigen Pause. Insgesamt absolvierten die Teilnehmer 13 solcher Runden an jedem der fünf wöchentlichen Trainingstage.
Das Fazit der Forscher: „Derartige Imaginationsübungen könnten eine sinnvolle therapeutische Anwendung gegen die Schwächung der Muskulatur darstellen.“ (cf)
Quelle: B. C. Clark et al: The power of the mind: the cortex as a critical determinant of muscle strength/weakness. Journal of Neurophysiology, 2014; 112 (12): 3219 DOI: 10.1152/jn.00386.2014”
Den hier beschriebenen Kraftverlust der Muskeln kann man sicher noch erheblich verringern, wenn man die Wiederholungen öfter macht, denn das hier beschriebene Programm dauert in etwa nur 20 min.
Es erforderte natürlich viel Denkarbeit, denn die Imaginationsübungen müssen vorher ausgedacht sein. Denn es ist nicht alles so leicht, wie hier beschrieben, sich vorzustellen beide Hände gegeneinander zu pressen.
Es muss auch erst einmal ausprobiert werden, ob nun nur einfache, geistige Übungen, wie die hier aufgeführte Handpresse oder auch komplexe Abläufe imaginiert werden können und zum Erfolg führen.
Wir können das Ganze nur versuchen, und wenn du eventuellerweise dazu gehörst, würde unsere ganze Gemeinschaft sich darüber freuen, wenn du über einen Erfolg berichten könntest.
Wir sind jetzt in dieser Richtung die Avantgardisten der Laufszene und wir werden sehen, was wir daraus machen können.