Die Regenerationszeit im November ist vorbei. Es ist Zeit, die Laufschuhe wieder aus dem Schrank zu holen und mit dem Aufbautraining für die neue Saison zu beginnen.
Fragst du dich vielleicht manchmal, warum du seit Jahren leistungsmäßig nicht vorankommst? Dann liegt es unter Umständen daran, dass du jedes Jahr zu spät ins Training einsteigst. Immer erst dann, wenn das Frühjahrsziel bereits deutlich in Sicht ist.
Leider wird der Dezember als Trainingsmonat sehr oft verschenkt. Warum eigentlich? Dieser Monat ist ideal zum trainieren. Er hat viele freie Tage, ist in unseren Breiten meist noch mild, oft frostfrei und wenn Schnee fällt, dann bleibt er selten lange liegen. Daher solltest du jetzt sofort ins Training einsteigen und nicht erst im neuen Jahr! Dann ist es zu spät.
Aus Erfahrung weis ich, das viele Läufer erst wieder einsteigen wenn die Frühjahrswettkämpfe schon wieder in Sicht sind. Zum einen aus vielen Emails mit der sinngemäßen Frage: „Warum jetzt? Marathon X oder Halbmarathon Y sind doch erst Ende April oder Mitt Mai.“ Zum anderen aus meiner aktiven Zeit. Ich hatte damals eine normalerweise von Spaziergängern und Läufern stark frequentierte Hausrunde von 5 km Länge. Dort lief ich auch in 7 Runden meine 35 km am Wochenende. So voll es dort auch im Frühjahr und Herbst war, so leer war es im Dezember auf dieser Runde. Da traf ich in knapp 3 h noch eine Handvoll Läufer. Extrem wurde es, wenn es Ende Dezember oder Anfang Januar kalt wurde. Bei -10 Grad und Schneetreiben war ich 3 h allein unterwegs. Wenn ich doch jemanden traf, dann war es einer meiner damaligen Hauptkonkurrenten, der auch auf der Runde trainierte. Damals habe ich mir die Hände gerieben. Ich wußte, das ich bei Wettkämpfen all diejenigen die ich nicht getroffen habe, im Griff haben werde.
Stell dir deine Form als Haus dar, welches im April/Mai fertig sein soll. Das Dach ist die Top-Form. Nun würde niemand im März anfangen hektisch das Erdgeschoss hochzuziehen. Ohne das entsprechenden Fundament fällt dir die Hütte beizeiten auf den Kopf.
Im Dezember kümmern wir uns um ein stabiles Fundament, im Januar um das Erdgeschoss. Im Februar bauen setzen wir die 2. Etage darauf um dann im März das Dach raufzusetzen und uns um den finalen Innenausbau zu kümmern. Im April ziehen wir ein.
Wie gehst du nun läuferisch vor? Trainiere im Dezember locker und aufbauend. Dabei gehst du von Umfang und Tempo aus, welches du in Vorbereitung auf dein Herbstziel gelaufen bist. Im einzelnen sieht das so aus:
- Dauerläufe: setze das Tempo für Dauerläufe im Vergleich zum Herbst um 15-20 sec./km herab.
- Beginne in der ersten Dezember-Woche mit etwa 75% der km des Herbstes. Erhöhe diesen Umfang alle 14 Tage um 5%-10%.
- Laufe an deinen Tempotagen moderate Tempoeinheiten, die dich das Wettkampftempo deiner Hauptstrecke trainieren lassen, dich aber körperlich wenig belasten.
Du wirst jetzt sagen, Punkt 3 geht doch nicht. Doch, es funktioniert. Dazu einige Beispiele:
- Leicht gesteigerte Dauerläufe: Laufe einen 12 km Dauerlauf bei dem du alle 4 km das Tempo erhöhst. Dazu kannst du unseren Trainingstempo-Rechner verwenden. Trage deine realistische Marathon-Zielzeit ein und ermittle dein extensives DL-Tempo (schnellere Zeit des angegebenen Bereiches). Bei deinem gesteigerten DL beginnst du die erste 4 km in diesem Tempo. Für die nächsten 4 km steigerst du die Geschwindigkeit um 10 sec/km. Auf den letzten 4 km erfolgt dann die letzte Steigerung wiederum um 10 sec/km. Bsp: hast du ein extensives DL-Tempo von 5 min/km ermittelt, läufst du diese auf den ersten 4 km, 4:50 min/km auf den zweiten 4 km und 4:40 min/km auf den letzten 4 km.
- Tempowechsellauf über 10 km: Willst du z.B. im nächsten Jahr den Marathon in 3:00 h laufen. Dazu brauchst du einen Schnitt von 4:16 min/km. Dieses Tempo wirst du im Dezember über 10 km kaum durchlaufen können. Mit den Tempowechseln sind die 10 km aber bequem machbar. Du läufst die ersten 400 m in 1:42 min und die nächsten in 2:00 - 2:10 min. Und dann kommt wieder der schnellere 400er dran und nachfolgend abermals der langsamere, usw. Alles ohne Pause durchlaufen. Ist dir das zu locker, kannst du 400 schnell und 200 m langsam nehmen. Oder 500 und 500 m.
- Wenn dein Hauptziel im kommenden Jahr die 10 km oder der HM sind, dann kannst du mit der Variante 200 m im 10.000 m-Renntempo und 200 m langsameren Tempo beginnen. Ist dein Ziel z.B. 38 min über 10 km, dann läufst du im Wechsel 200 m in 45 sec und anschließend 200 m langsamer in 60-65 sec. Möglich sind auch 200 m schnell und 400 m langsam.
Der Phantasie sind dabei keinerlei Grenzen gesetzt. Diese Läufe mit Tempowechsel sind hervorragend geeignet, um sich langsam wieder an alte Zeiten heranzutasten und diese anschließend zu besseren Leistungen auszubauen. Man sie deshalb auch immer gut nach Verletzungen zum Wiederaufbau nutzen.
Die oben beschriebenen Einheiten kannst du einsetzen wenn du gern mit Vorgaben läufst. Eine meiner absoluten Lieblingseinheiten ist das Fahrtspiel. Kennst du nicht? Im Grunde ist es ähnlich dem oben beschriebenen. Du hast dabei nur keine vorgegebenen Streckenlängen und Zeiten. Du läufst nach Gefühl und orientierst dich an Topografie und Streckengegebenheiten. Innerhalb deiner Trainingsrunde baust du unterwegs ungleichmäßig verteilt Tempoabschnitte ein. Diese reichen von einem 50 m Sprint bis zu einem 1000 m Intervall. Dabei kann du Streckenpunkte als Ziele verwenden, wie z.B. Tempo bis zu einem bestimmten Baum oder einer Kurve. Anschließend wieder ruhiger laufen. Wenn du hügelige oder bergige Strecken hast, dann nutze Bergauf-Abschnitte für ein Tempostück. Die kürzeren Tempoabschnitte läufst du schneller, die längeren langsamer. Dieses Training kannst du 60 min durchführen. Dazu läufst du dich jeweils 10 min ein und aus.
Auch hier kannst du experimentieren wie bei den Tempowechselläufen. Bleibe jetzt aber immer im aeroben Bereich!! 10 km-Renntempo sind bei Langstreckenläufern in dieser Zeit schon leicht über dem Grenzwert.
Mach dich also auf und beginne JETZT mit deiner Vorbereitung auf deine Frühjahrsziele. Alles andere sind Ausreden. Bestimmt kennst auch du jemanden der folgendes von sich gab: „Ab Montag nehme ich ab!“ oder „Nächste Jahr höre ich mit dem Rauchen auf.“ Warum eigentlich Montag oder nächstes Jahr? Man kann doch sofort anfangen.
Fazit: Es gibt gute Gründe jetzt sofort ins Training einzusteigen:
- du schaffst dir langsam und kontinuierlich ein stabiles Fundament für dein Formhaus
- Plätzchen, Marzipankartoffeln und Glühwein werden dir in der Advents und Weihnachtszeit wenig anhaben können
- rechne auch mal mit Rückschlägen wie kleinen Verletzungen oder Erkältungen auf dem Weg zu deinem Frühjahrsziel. Wenn du jetzt dein Fundament legst, kannst du bei einem solchen Problem im Februar ohne Probleme ein paar Tage pausieren und dich auskurieren.
Nächste Woche gibt es noch einige Hinweise für deine lange Runde.