Simpel, aber wahr. Das Training ist das wichtigste Instrument zur Leistungssteigerung, das wir neben Talent und körperlichen Voraussetzungen zur Verfügung haben. Immer wieder bin ich erstaunt, dass einigermaßen talentierte junge Läufer zwar ganz beachtliche Erfolge für ihren geringen Einsatz erzielen, aber komplett ahnungslos von Technik und Konzept eines effektiven Trainings sind.
Aus diesem Grunde habe ich damit begonnen, individuelle Trainingspläne zu erstellen, und war von der großen Nachfrage ganz überrascht. Im Folgenden möchte ich dir daher die Grundlagen des Leistungstrainings erklären und dir dabei helfen, dein Training zu optimieren.
Es war Mitte Januar in den 90er Jahren anlässlich einer Cross-Landesmeisterschaft in Ostfriesland, unser damaliger Spitzenläufer hatte gerade sein Rennen verloren und wurde dabei deutlich vom Sieger distanziert. Die Enttäuschung durchdrang alle Mannschaftsteile, besonders natürlich den geschlagenen Akteur.
Dieser kam mir mit hängendem Kopf und den Worten entgegen: "Ich verstehe es nicht, wieso ist der so schnell?" "Ich schon, schau ihn dir an und dann sieh mal in den Spiegel. Der läuft schon mindestens 160 km die Woche. Und du?"
Der Athlet antwortete mir nicht und zog es vor, duschen zu gehen. Er selbst war das blühende Abbild eines gesunden jungen Mannes, rund im Gesicht, vom Lauf ein rotes Gesicht und in keiner Weise das Bild eines ausgemergelten Marathonläufers bietend.
Der Sieger aber hatte schon so hohle Wangen, dass man ein Frühstücksei darin verstecken konnte und kein Fett mehr auf den Rippen. Seine ganze Körpersprache drückte aus: Ich habe mir für die kommende Saison etwas vorgenommen.
Unser Mann aber zog es vor, erst dann richtig mit dem Training loszulegen, wenn längere Tage schon etwas vom Frühling ahnen ließen. Das war im Grunde scheinbar nichts Schlechtes, befand er sich doch im Einklang mit der Masse der Läufer.
Seit mehreren Jahren aber stagnierte seine Marathonzeit, immer wieder lief er um die 2:26 h herum. Es musste dringend etwas geändert werden, das war klar. Auf der Rückfahrt im Auto haben wir die Sache dann gründlich analysiert. Ich riet ihm: "Wenn du nicht schon im Dezember anfängst die lange Runde zu trainieren und insgesamt mehr Umfang machst, dann bleibst du auf Ewigkeit bei den 2:26 hängen."
Diese Worte verfehlten zusammen mit der frischen Niederlage nicht ihre Wirkung. Im kommenden Jahr befolgte er diese Ratschläge, lief prompt eine 2:23 und steigerte sich noch 1998 auf 2:21:40.
Die direkte Marathonvorbereitung ist sehr wichtig, aber du darfst eben nicht außer Acht lassen, dass eine kontinuierliche Vorbereitung im Vorfeld ebenso entscheidend sein kann.
Faustregel:
Spätestens am 1.12. ist Schluss mit dem Regenerieren und Faulenzen und genau die richtige Zeit, um wieder ernsthaft zu trainieren.
Leg jetzt schon deine Ziele fest, die du im kommenden Jahr erreichen willst: die Zeit, den Umfang der Trainingseinheiten und das Trainingsprogramm. Der Dezember ist noch ein idealer Monat, um umfangreich zu trainieren. Meist sind die Temperaturen noch nicht so tief und Schnee liegt meist auch keiner.
Jetzt kann man geradezu ideal starten. Es gibt keinerlei Tempozwänge, es wird noch leicht und spielerisch trainiert. Am Wochenende gibt es in der Regel keine Wettkämpfe, so kann man ohne Probleme eine lange Runde laufen. Erinnerst du dich noch an den letzten Winter, als viele lange Trainingsläufe durch Schneefall ausfielen? Lauf los, solange der Boden noch frei ist und die Nase noch nicht läuft!
Fit in den Frühling:
In der Vorbereitungsphase bildet ein mindestens dreimonatiges aerobes Training die erste Grundlage für eine optimale Leistungssteigerung. Denn wenn du jetzt schon Gas gibst, während Holger noch Plätzchen futtert und über den Weihnachtsmarkt bummelt, erreichst du deine Höchstform genau zum richtigen Zeitpunkt, deine Hochleistungsfähigkeit erklimmt ein maximales Niveau und hält dann etwa sechs bis acht Wochen an!
Grundlage: Aerobes Training
Vorweg muss ich erst mal wieder mit einem Mythus aufräumen: Es ist durchaus Usus, dass aerobes Training mit langsamem Training gleichgesetzt wird. Das ist aber nicht richtig. Du kannst im aeroben Bereich dein Tempo bis zum geplanten Marathon- und Halbmarathonrenntempo steigern.
Und gerade dieses Tempo gilt es ja, für die kommende Saison zu trainieren. Du willst ja dein Renntempo verbessern und dich nicht der Walkinggruppe anschließen. Je öfter du also dieses Tempo übst, desto lockerer und mit weniger Kraftaufwand kannst du es später im Rennen laufen.
Wer locker ist, spart Energie und ist schneller im Ziel. Willst du erst mal noch keinen Marathon laufen, kannst du das unten stehende Programm auch äußerst erfolgreich zur Vorbereitung auf 10- oder 21,1-km-Wettkämpfe nutzen.
Adäquat zum Marathonrenntempo ist: geplante 10-km-Zeit x 4,7 : 42,2
Beispiel:
40 min/10 km sind geplant: 40 x 4,7 = 188 : 42,2 = 4,46 = 4:27 min/km
Leider sind wir nun im Dezember nicht immer in der Lage, z.B. 10 km im Marathonrenntempo durchzulaufen. Wir müssen anders an die Sache herangehen und das geforderte Tempo auf kürzeren Teilstrecken trainieren.
Gleichzeitig sollte aber auch eine Belastungsprogression mit in das Tempo eingebaut sein. Der Organismus muss immer wieder gereizt werden, um zu einem höheren Leistungsstand zu gelangen.
Zu diesem Zweck bieten sich Tempowechselläufe an. Davon kannst du jetzt in der Vorbereitungszeit in jeder Woche einen absolvieren. Du wirst sehen, dass du ganz schnell richtig in Schwung kommst. Schon beim Silvesterlauf wirst du deine gewachsene Kondition spüren. Noch einfacher geht es natürlich mit einem individuellen Jahrestrainingsplan vom Greif-Club.