Der übliche Montags-Morgen-Wahnsinn. Kennst Du sicher? An diesem Tag öffne ich die meisten Mails von unseren Club-Mitgliedern. Die haben am Sonntag Zeit, die Rennen des Wochenendes sind durch und jetzt kümmert man sich um die Verwaltung von Resultaten.
Zuerst öffne ich die mit den Bestzeitenmeldungen, weil die mir am meisten Freude bereiten. Die werden mit den bisherigen Temposteuerzeiten verglichen und wenn die gelaufenen Zeiten schneller sind als die bisher eingestellten, dann bekommt das Clubmitglied eine neue schnellere Zeit als Grundlage für sein Training.
Diese Grundlage ist grundsätzlich die aktuell mögliche 10 km-Zeit. Die wir natürlich auch aus einer Hm- oder Marathonzeit errechnen können. Du musst dir das so vorstellen, wie in diesem Beispiel gezeigt: Frank X hat eine bisherige 10 km-Bestzeit von 45:06 min. Dann stelle ich ihn auf eine neue Temposteuerzeit von 44:30 min/10 km ein.
Da stellt sich natürlich gleich die Frage: "Warum denn 44:30, wenn ich nur 45:06 laufen kann?" Eine berechtigte Frage, die schnell und überzeugend beantwortet wird: "Du willst doch schneller werden, darum müssen sich deine Trainingszeiten auch auf das schnellere Ziel ausrichten. 45:06 min kannst du doch schon."
Wenn Frank später auch die 44:30 min/10 km übertroffen hat, bekommt er umgehend eine neue Temposteuerzeit. Die Änderung richtet sich wiederum nach dem, was er im letzten Wettkampf gelaufen ist. Üblicherweise 30 - 60 sec schneller, als die im letzten Rennen erzielte Zeit. So bringen wir ihn und alle anderen Clubmitglieder zu immer schnelleren Zeiten.
Wenn dann die erfreulichen Dinge abgearbeitet sind, geht es erst mit dem richtigen Montagsmorgen-Wahnsinn los. Ein älterer Läufer meldet einen neuen persönlichen Rekord von 55:30 min/10 km, bei einer Temposteuerzeit von 59 min. Im Nachsatz schrieb er: "Die letzten ca. 600 bis 700 m Zielspurt bin ich mit 4:55 min/1000m gelaufen."
Gleichzeitig bittet er darum seinen Plan nicht anzupassen, weil die alten Trainingszeiten besser zu seinem Puls passen. Dazu legt er noch einen 2 Monate alten Laktattest vor, der "beweist", dass er die Zeiten, die er läuft, gar nicht laufen kann. Danach bin ich dann beinahe in Tränen ausgebrochen und es fehlte nicht viel und ich hätte mit krampfartigen Zuckungen auf dem Boden gelegen.
Hier ist ganz offensichtlich zu sehen, dass da ein Mensch ist, der viel kann, aber dafür nicht optimal trainieren will und dem Doktor mehr glaubt als dem Trainer. Aus diesem Grund muss er sich jetzt einen anderen suchen. Mit solchen Charakteren kann ich nicht zusammen arbeiten, denn mir ist es seit je her ein Gräuel Läufer(innen) zu trainieren, die nur Schonung im Kopf haben.
Natürlich unsere Clubmitglieder werden gefordert, aber nicht überfordert. Sonst würden sie nicht am laufenden Band Bestzeiten erzielen. Da es noch ein paar andere Dinge gab, die dieses Mitglied anders machen wollte, als der Plan es vorschlug, habe ich ihm mit schwerem Herzen fristgerecht zum nächstmöglichen Termin gekündigt.
So etwas fällt mir nicht leicht und es ist auch das erste Mal in der 20-jährigen Geschichte des Greif-Clubs, dass ich zu einer solchen Maßnahme gegriffen habe. Ich mache mich nicht zum Narren für Leute, die es besser wissen und kein Vertrauen zu mir haben. Die dürfen gerne allein für sich trainieren und können so auch noch ihr Geld sparen.
Ich bin nicht der Mensch, der für ein paar Euro den Karren laufen lässt, wo er hin will, sondern ich möchte, kann und muss jedes Clubmitglied fördern und fordern wie es nötig ist, damit es seine persönlichen Ziele erreicht.
Der nächste Montagsmorgen-Wahnsinn ist einer, der immer wieder auf den Tisch kommt und eine Forderung an mich stellt, die ich nicht erfüllen kann. Diese kommt aber nicht von irgendwelchen Querköpfen, sondern ist dem allgemeinen Scheinwissen der Läuferszene geschuldet.
Heute Morgen am 16.05.11 schreibt ein Neumitglied welches nach einem B-Plan trainieren möchte, welche Wettkämpfe ich in diesen Plan einbauen soll:
20-05-11 Firmenlauf, 4 km, 1 Hügel
28-05-11 Heilbrunn, ca. 8 km bergig
17-06-11 Firmenlauf 4,4 km flach
02-07-11 Passail, 12 km flach
09-07-11 Fladnitz, ~ 10 km flach 3 kurze Hügel
13-08-11 Gasen, 7 km bergig
03-09-11 Stainz, Halbmarathon
17-09-11 St. Kathrein, bergig
Das ist ein Programm, welches durchaus machbar ist. Aber kann ein Plan auf jedes dieser Rennen zielen? Nein, kann er nicht. Der verständliche Wunsch eines jeden Athleten ist, dass er sich eine Reihe von Wettkämpfen aussucht und den lieben Trainer bittet, darum herum einen Trainingsplan zu bauen.
Dieser fragt sich dann, auf welches Rennen hier der Schwerpunkt gelegt wird. Denn es gelingt dem besten Trainer nicht, eine Form über 4 Monate hoch zu halten. 4 Wochen Hochform ist schon richtig gut. Davor steigt und danach fällt sie, auch für diese Zeiträume muss geplant werden, sie sind aber immer abhängig von der angestrebten Hochform. Man muss also genau wissen, wann der Höhepunkt da sein soll.
Wir legen sie immer in die Zeiten, in der auch die meisten und wichtigsten Wettkämpfe liegen. Also April/Mai und September/Oktober. Wie sollte das denn auch gehen in der obigen Wettkampfverteilung? Hochprügeln, damit der Gute mitten im Juli in Passail gut aussieht? Und gleichzeitig auch noch bei dem HM am 3.9. ein gutes Resultat erzielt?
Vielleicht klappt es, danach ist es aber für den ganzen Herbst vorbei mit Form. Und bis zur Regeneration im November dauert es noch. Wie du siehst sind solche Wettkampfserien sehr problematisch, wenn sie mit eingeplant werden sollen. Aber dennoch kann unser Läufer fast jedes seiner Rennen laufen, nur der 9.7. sollte heraus, denn dann läuft schon die Sommerregeneration.
Manchmal wird mir Unflexibilität in der Plangestaltung vorgeworfen. Ich denke, die Idee der Unflexibilität kommt aus den Köpfen derer, die keine Periodisierung kennen. Die das ganze Jahr hindurch trainieren und immer in "Form" sind. Was mit anderen Worten heißt, sie haben niemals eine Hochform.
Wer die will, muss sich den Zwängen der Periodisierung beugen und akzeptieren, dass in den Plänen ein Schema liegt, die ihn auch zu den oben beschriebenen richtigen Zeitpunkten in Hochform bringt.
Und wie verhält sich denn das oben beschriebene Neumitglied vor seinen geplanten Wettkämpfen? Dazu haben wir das Instrument der Einsatzpläne z.B. für ein 10 km-Rennen geschaffen, die jedem Trainingsplan anhängen. Diese setzt er dann ersatzweise in die Woche ein, in der der 10 km-Lauf terminiert ist. Dafür entfällt die normale Planwoche.
Das klappt prima, damit kann er alle seine normalen Wettkämpfe erfolgreich bestreiten. Hat er einen besonders wichtigen Wettkampf, dann sollte er tunlichst dafür sorgen, dass dieser auch im Hochformbereich liegt. Praktisch ist das auch so in den meisten Fällen.
Wenn das nun nicht hinkommt, dann haben wir auch noch das Instrument des Jokers. Den setzt man, wenn ein ganz besonders wichtiges Rennen ansteht. Dann läuft des gesamte Training über 6 - 8 Wochen nur mit Ziel auf diesen Tag des Wettkampfs hin.
Es gibt noch mehr Montagsmorgen-Wahnsinn, damit möchte ich dich aber verschonen, denn sonst wirst auch du noch in den Wahn getrieben.