Peter Greif spricht des Öfteren den großen Trainingsfleiß der Läufer in den siebziger und achtziger Jahren an. Über die Gründe, warum die damals hohen und völlig normalen Aufwendungen für das Training heute nur noch von einer Minderheit geleistet werden, ist viel spekuliert worden. Vermutlich wurden Diplomarbeiten und Dissertationen darüber geschrieben, die Köpfe wurden sich heiß geredet und gestritten wurde über das Thema wohl auch. Sogar in unserem Forum wird darüber heiß diskutiert.
Oft wurde und wird Peter Greif angefeindet, weil er konsequent für ambitioniertes Training steht und sich nicht scheut, den Sportlern den Spiegel vorzuhalten. Es führt also zu nichts, an dieser Stelle die ganze Problematik wieder aufzurollen.
Ein Argument für weniger Training kann jedoch wohl bei nüchterner Betrachtung kaum zählen: "Ich habe keine Zeit!" Denn eines hat sich in 30 Jahren nicht geändert: Die 24 Stunden Dauer eines Tages. Jeder von uns hat also die gleiche Zeit. Damals wie heute wurden Häuser gebaut und Kinder großgezogen. In fast allen Berufen wurde pro Woche mehr gearbeitet als heute. Die Scheidungsrate bei ambitionierten Läufern war womöglich sogar geringer. Zeit zum Lauftraining zu finden ist also ganz offensichtlich eine Frage der Prioritäten.
Wem es nichts ausmacht, weniger zu trainieren als er eigentlich möchte, ist in dieser Frage frei von Problemen. Oft hört man jedoch unzufriedene Meinungen, "Ich möchte ja mehr machen, aber ich finde nicht die Zeit dazu".
Wer dann jedoch ganz kritisch mit sich selbst und seinem regelmäßigen Tagesablauf ins Gericht geht, findet unweigerlich Freiräume oder schlicht weniger wichtige Angelegenheiten, die beiseite geschoben werden können. Pauschale Problemlösungen im Zeitmanagement können hier natürlich nicht gegeben werden. Vielleicht jedoch Denkanstöße.
Da ist beispielsweise in meiner Laufgruppe der körperlich hart arbeitende Maurer. Er hat Frau und Kind und Haus, trainiert aber relativ ambitioniert nach Peter Greif´s Plänen 5 mal die Woche. Er kommt am späten Nachmittag nach Hause. Würde er nun erstmal zur Ruhe kommen und sich der Familie oder Arbeiten am Haus widmen, würde er nach eigenen Angaben "den Hintern nicht mehr hoch" bekommen. Schließlich sind Greif-Pläne nicht nur für Schmusejogger gemacht.
Wenn er anschließend vom Training kommt, ist er dann auch zeitlich zusammenhängend zu Hause. Auf diesem Wege kommen im Schnitt immerhin mindestens 80 km pro Woche zusammen und die Familie ist zufrieden. Außerdem konnte er sich über 10 km verbessern von 49 min auf unter 41 min innerhalb von 5 Monaten!
Ein anderer, sehr zielorientierter Läufer meiner Gruppe, schafft trotz sehr ausgedehnten und manchmal nicht planbaren Arbeitszeiten über 140 km in der Woche. Er läuft morgens etwa 10 km zur Arbeit und absolviert sein eigentliches "Greif-Training" auf dem Rückweg nach Hause.
Ich selbst bin wegen meines Arbeitsplatzes hier in Seesen täglich zwischen 8.30 Uhr und 18.45 Uhr außer Haus. Mitten am Tage also. Zusammen mit einem hochmotivierten Trainingspartner sind wir nach anfänglichen Schwierigkeiten morgens ab 5.30 Uhr unterwegs. Nach ein wenig Gewöhnung, um zu dieser Uhrzeit körperliche Leistung zu bringen, schaffen wir sogar weitgehend das Tempotraining. Der Riesenvorteil ist, unsere Familien schlafen um diese Uhrzeit und bekommen etwa 70 der gesamten Wochen-km gar nicht mit.
Meine Frau nutzt gelegentlich die Zeit vormittags, wenn unsere Kinder in Schule und Kindergarten sind. Sie läuft unmittelbar los, wenn die Kinder weg sind. Sie sagt, würde sie nicht gleich loslaufen, würde sie sich solange der allgemeinen Hausarbeit hingeben, bis die "Laufzeit" futsch ist. Also gleich raus und dann Hausarbeit.
Am Wochenende ist Familienfeier und "absolut keine Zeit"? Du kannst doch die Trainingstage schieben. Dann machst Du eben diesen einen langen Lauf vom Wochenende abends in der Woche. Ist ja kein Dauerzustand und Deine Frau/Dein Mann wird es Dir in diesem Ausnahmefall verzeihen. Im Winter die Stirnlampe auf den Kopf und auf geht's.
Jetzt gerade, wo diese Zeilen verfasst werden (Freitag), versuche ich vor Müdigkeit die Augen offen zu behalten :-) Gestern Abend mussten beginnend um 19.45 Uhr im Schnee 33 km absolviert werden. Ging nicht anders. Wochenende ist dicht. Zum Glück mit Trainingspartner, denn allein würde man nach einer Stunde tausend Gründe finden, heute Abend garantiert nicht 3 Stunden unter erschwerten Bedingungen zu laufen. So ein Quatsch meinst Du? Was hätte ich denn sonst gemacht? Fern gesehen und gefuttert wahrscheinlich. Was war also dienlicher für die Bestzeit?
"So ein Mist! Auf dem Plan stehen 6 x 1000m. Aber ich muß zum Doppelkopfspielen. Ausgerechnet heute, aber ich kann es ja nicht ändern." Verschiebe einfach diese wichtigen 6 x 1000m auf einen anderen Wochentag, ohne dabei die Regeneration zur nächsten harten Einheit zu vernachlässigen. Dann sind heute Abend bestimmt noch 30 min Zeit zum Laufen drin. Du kannst Dir dann immerhin etwa 5 km aufschreiben. Besser als die Zahl Null.
Bist Du als Geschäftsreisender viel in unbekannten Gegenden unterwegs? Auch hier stellt sich die Frage, nach welchen Prioritäten man seine Termine zeitlich vereinbaren kann und ob sich Zwischenräume finden. Vielleicht hast Du die Gelegenheit, die Gegend in der Du Dich aufhältst vorher ein wenig zu erkunden. Dazu eignet sich bestens die Software TOP 50, die Du auch in unserem Online-Shop findest. Du kannst Dir damit auch angepasst für die Lage Deines Hotels lokales Kartenmaterial mit von Dir abgemessener Laufwegeskizze ausdrucken. Das steckst Du Dir in eine Klarsichthülle und spulst Deine km ab.
Sicherlich ist es auch möglich, z.B. 2 Tage während der Woche völlig felsenfest zum Training einzuplanen. Wenn es dann darum geht, einen weiteren Termin zu legen, sind diese beiden Tage eben dicht. Dies könnten innerhalb der Greif-Pläne beispielsweise die beiden so wichtigen Tempotage in der Woche sein. Die werden an dem jeweiligen dafür eingeplanten Tag zur bestimmten Uhrzeit gemacht. Basta!
Die anderen Einheiten kann man sich durchaus zurecht schieben und auch Kompromisse eingehen, wo sie unumgänglich sind.
Versuche, Dein Zeitproblem mit dem Gedanken zu lösen, "Jeder Kilometer hilft!" Dein Vorteil ist größer, nur 20 min um den Häuserblock zu joggen, als an dem Tag gar nichts zu machen.