Jetzt haben wir November, d.h. Regeneration. Eine große Anzahl von Läufern und Läuferinnen nutzt diesen Zeitraum, um abzuschlaffen. Das Wetter leitet viele von uns in die Resignation. Es wird weniger trainiert und mehr gegessen, zudem auch entsprochen getrunken.
Bei uns im Greifclub sieht das etwas anders aus. Wir drehen zwar die Intensität und die Kilometer nach unten, aber im Gegensatz dazu wird unser Athletiktraining erheblich verstärkt.
Immer wieder wird die Frage gestellt, ob Krafttraining überhaupt einen Vorteil für uns Läufer bringt. Diese Frage kann ich ohne zu zögern mit "ja" beantworten. 35 Jahre lang leitete der Autor dieser Zeilen dienstags und freitags ein Hallentraining mit Schwerpunkt Kraft. Auch heute (11.2015) bin ich bei diesem Training aktiv dabei.
In diesen Jahren sind wohl mehr als 100 Aktive durch dieses Programm gegangen, und so konnte ich das Gefühl erwerben, wie das Verhältnis zwischen läuferischer Leistungsfähigkeit und Kraft ist.
Da diese Übungen sehr oft mit einem Partner absolviert werden, ist es möglich, dessen Kraftfähigkeiten zu fühlen. Es zeigte sich in all den Jahren, dass die Schnellsten auch zu etwa 75 Prozent die größten Kraftfähigkeiten hatten. Ganz genau kann man das als Trainer nicht fühlen, weil die Athleten und Athletinnen unterschiedliche Gewichte haben.
Gebetsübung 1: Aus dem aufrechten Kniestand so weit vorbeugen wie gehalten werden kann und dann zurück zum Ausgangspunkt. 10-mal wiederholen.
Gebetsübung 2: Aus dem aufrechten Kniestand so weit vorbeugen wie gehalten werden kann. Dann einknicken und bis zum Boden beugen und anschließend wieder zurück zum Ausgangspunkt. 10-mal wiederholen.
Bei einer Übung, wir nennen sie das „Gebet“, können wir besonders deutlich die Stärke der hinteren Oberschenkel-Muskulatur fühlen. Wer in diesem Muskelbereich überdurchschnittlichen „Mumm“ hat, der ist auch überdurchschnittlich schnell in den Wettkämpfen. Es gibt natürlich noch andere Übungen, aber das „Gebet“ empfinden wir alle am aussagekräftigsten.
Natürlich ist diese Art von Krafttraining auch wissenschaftlich untersucht und es gibt auch ein Gerät mit welchen man diese Übungen simulieren kann. Auf der Webseite von Runners World schreibt der Autor Alex Hutchinson auch über unser Thema:
„Verbesserung der Laufökonomie für erfahrene Läufer
Aber die Verbesserung der Laufökonomie wird schwieriger bei erfahrenen Läufern. Unter allen Ideen, die es dazu gibt, ist das Krafttraining wohl das beweisträchtigste.
Über die Jahre wurden verschiedenste Formen des Muskeltrainings, wie Gewichtheben oder eher explosive Kraftbewegungen zur Maximierung der neuromuskulären Rekrutierung, herangezogen, um die Laufökonomie zu verbessern. Keine dieser Studien hatte eine endgültige Lösung parat, aber alle zusammen sind sie zumindest richtungsweisend.
Und hier ist zu sehen, wie viel Sauerstoff sie brauchten, um einen 6-Minuten-Schnitt pro Meile zu laufen:
Das neueste Ergebnis stammt von einer Wissenschaftlergruppe an der Universität von Verona in Italien, die von Federico Schena geleitet wird. Sie unterteilten 29 trainierte Freizeitläufer (Durchschnittsalter 44 Jahre) in drei Gruppen, die über acht Wochen dreimal pro Woche unterschiedliche Trainingsprogramme absolvierten: Eine Gruppe trainierte mit „niedriger Intensität“, zwischen 70 und 105 Prozent des Wohlfühltempos.
Die zweite Gruppe lief mit „hoher Intensität“ zwischen 95 und 150 Prozent des Wohlfühltempos, wobei die gesamte Trainingsbelastung (Zeit mal Intensität) in beiden Gruppen gleich war.
Die dritte Gruppe trainierte genauso wie die erste Gruppe mit niedriger Intensität, aber absolvierte zusätzlich eine wöchentliche Sitzung mit der „YoYo Leg Press“, einer Beinpresse, die besonders für exzentrische Muskelarbeit geeignet sein soll. Jedes Training bestand aus vier Einheiten mit jeweils sieben Wiederholungen.
Krafttraining verbessert die Effizienz, Lauftraining nicht
Die Ergebnisse waren ziemlich eindeutig: Keine Veränderung der Laufökonomie in den ersten beiden Gruppen, jedoch eine etwa 5-prozentige Verbesserung in der Krafttrainingsgruppe (4,5 - 4,3 Joule/Meter, p<0,05). Die maximale Beinpress-Stärke stieg ebenfalls in der Krafttrainingsgruppe (was nicht überrascht), aber an der gemessenen Muskelmasse hat sich nichts verändert, was darauf hinweist, dass die Verbesserungen eher neuromuskulär begründet sind.
Noch einmal, dies ist nur eine weitere kleine Studie zum Thema, aber auch sie weist auf ein Muster der Ergebnisse, das darauf hindeutet, dass Krafttraining ein wirksames Mittel sein könnte, um die Laufökonomie zu verbessern. Einige Punkte sind dabei zu beachten:
Unklarheit über die Rolle der YoYo-Beinpresse für die Ergebnisse
Der Vorteil der YoYo-Beinpresse ist, dass sie hauptsächlich auf exzentrische Muskelkontraktionen abzielt; aber sie bezieht auch konzentrische Muskelarbeit mit ein, so dass man nicht genau sagen kann, ob die Verbesserungen wirklich etwas mit exzentrischen Muskelkontraktionen zu tun haben.
Um dies genauer zu beleuchten, müsste man die YoYo-Beinpresse mit einer herkömmlichen Beinpresse vergleichen. Für den Moment denke ich, ist alles was wir daraus schließen können, dass Krafttraining grundsätzlich hilft.“
Dieser Text von Hutchinson unterstreicht unsere Erfahrungen. Du musst dir also keine Beinpresse kaufen, um deine hintere Oberschenkelmuskulatur aufzutrainieren. Es reicht, wenn du einen Partner hast, der dich bei der Übung „Gebet“ unterstützt.
Aber wichtig ist, dass du überhaupt anfängst, die Kraft deiner Laufmuskulatur zu trainieren. Dort steckt dein Potenzial, besonders wenn du ein älterer Läufer oder Läuferin bist.