Es gibt Dinge, die lassen mich vom läuferischen Glauben abfallen. Einer dieser Dinge ist der 10 km Wettkampf. Oder um es genauer zu sagen, das Nichtlaufen eines 10 km Wettkampfes.
Greif-Club-Mitglieder die von uns seit einem oder zwei Jahren einen Plan bekommen, schon einige Halbmarathons und Marathons gelaufen sind, schreiben mir plötzlich auf Nachfrage, dass sie noch nie die 10 km im Wettkampf gelaufen sind.
Es ist ja bekannt, dass wir in unseren Trainingsplänen das Training über die 10 km Leistungsfähigkeit steuern. Viele der Läuferinnen und Läufer die sich einen Halbmarathon- oder Marathon-Plan bestellen, können dazu keine exakte Aussage treffen, da sie die 10 km entweder noch nie oder in den letzten 2 Jahren nicht mehr im Wettkampf gelaufen sind.
Wir waren mit der Fa. Greif viele Jahre auf den Marathon-Messen vertreten. So haben wir jedes Jahr in Hamburg und Berlin an unserem Stand eine Fettmessung mit Marathonzeit-Vorhersage angeboten. Auch dort haben wir natürlich die aktuelle 10 km Bestzeit abgefragt, um die Marathonzeit berechnen zu können. In den letzten Jahren war es regelmäßig so, dass etwa die Hälfte der Läufer ihre 10 km Zeit nicht angeben konnte. Meistens wurden Trainingszeiten angegeben. Im besten Falle noch aus einem Tempodauerlauf. Meistens aber leider das Durchschnittstempo aus ihren lockeren Dauerläufen. Wohlgemerkt Läuferinnen und Läufer die den Marathon an diesem Wochenende laufen wollten. Für viele sollte es der erste Marathon sein. Damit auch der erste Wettkampf überhaupt. Dies lies mich aus dem Kopfschütteln oft nicht herauskommen.
Ich konnte und kann bis heute nicht verstehen, dass sich jemand an den Start eines Marathons oder Halbmarathons stellt, ohne jemals vorher einen kürzeren Wettkampf absolviert zu haben. Dabei gibt ja mehrere Aspekte, für die sich gerade der 10 km Wettkampf eignet.
Ich selbst habe in einer Zeit mit dem Laufen begonnen, als beim Marathon noch bei 4 h Zielschluss war. Auch ich bin relativ schnell, nach 5 Monaten Training, Marathon gelaufen. In dieser Zeit bin ich jedoch 4 mal die 10 km und einmal 20 km im Wettkampf gerannt. So wusste ich genau, wie es für den Marathon um meine Leistungsfähigkeit bestellt ist.
Als erfahrener Läufer kommst du durch diese Art Wettkämpfe gerade zu Jahresbeginn wieder in den Wettkampf-Modus. Als Anfänger kannst du vor deinen größeren Wettkampfzielen bereits die Atmosphäre schnuppern. Du wirst merken was die Adrenalin-Ausschüttung mit dir im Wettkampf macht. Das weit wichtigere ist allerdings, dass du dir in diesen kürzeren Läufen eine Art Wettkampf-Prozedur entwickeln kannst. D.h. rechtzeitiges Aufstehen, frühstücken, Anreise, Einlaufen, Erwärmung, … Dann musst du vor einem Marathon nicht mehr experimentieren. Du kannst Schuhe und verschiedene Bekleidungsstücke testen. Wenn die lange Tight im Training angebracht ist, muss es im Wettkampf nicht das Richtige sein, da du viel schneller unterwegs bist. Immer wieder sehe ich viele Läufer, die in Wettkämpfen mit langen Hosen und Langarmshirts viel zu warm gekleidet sind. Du kannst bei diesen Läufen also viel lernen und dir eine routinemäßige Vorwettkampf-Strategie entwickeln.
Der 10 km Wettkampf ist zudem mit das effektivste Training welches du absolvieren kannst. Wenn du dich wirklich ausbelasten kannst, dann wirst du deutlich schneller laufen als bei jedem Trainingslauf. Dafür sorgt schon allein die Ausschüttung der Katecholamine (Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol). Du kommst also in Tempobereiche, die du im Training nicht über diese Streckenlänge ansprechen kannst.
Gerade als läuferischer Neueinsteiger ist dieser Wettkampf ein gutes Mittel um seine Leistungsfortschritte zu bestimmen. Läufst du nach deiner Einstiegsphase alle 4-6 Wochen einen 10 km Wettkampf, siehst du direkt wie sich deine Leistung entwickelt. Ich habe es damals genossen. Ich bin bei jedem meiner ersten 4 Wettkämpfe über die 10 km eine neue Bestzeit gelaufen und habe mich dabei zum Teil dramatisch gesteigert.
Aber auch für die „alten Hasen“ ist der 10 km Wettkampf in der Vorbereitungsphase natürlich immer ein guter Gradmesser für die aktuelle Form. Die ersten 2 Wettkämpfe der Saison waren bei mir auch später immer 10 km Läufe. Einer zu Silvester und einer meist im Februar. Erst dann kamen Halbmarathon & Co.
So ein 10 km Wettkampf ist zudem gut zu verkraften, die benötigte Regenerationszeit danach sehr überschaubar. Für gut trainierte Läufer ist am Tag danach sogar die lange Runde im regenerativen Tempo möglich. Nach 2 weiteren kürzeren regenerativen Einheiten an den folgenden Tagen kann man wieder ins Tempotraining einsteigen.
Hast du dann die 10 km Wettkämpfe im Sack, kannst du vorsichtig anfangen zu rechnen. Du kannst mit den bekannten Formeln deine Halbmarathon- bzw. Marathonzeit hochrechnen. Das funktioniert umso besser, je besser du deine Grundlagenausdauer im Training entwickelt hast.
Grob gelten folgende Formeln:
- 10 km / 2,06 = 5 km Zeit
- 10 km x 2,2 = 21,1 km-Zeit
- 10 km x (4,55 bis 4,9) = 42,2 km-Zeit
Dabei ist es natürlich ein erheblicher Unterschied, ob du 3 mal pro Woche mit insgesamt 40 km trainierst oder bei 7 Einheiten in der Woche 140 km läufst. Daher auch die größere Unsicherheit bei der Marathonzeit-Berechnung.
Genauer bekommst du es hier:
Für deine Marathon-Zeit kannst du auch unseren Rechner verwenden:
Fazit: Laufe in regelmäßigen Abständen (4-6 Wochen) einen 10 km Wettkampf. Das ist ein wirksames intensives Training, was den Trainingsalltag aufreißt und dir zeigt: jaaaaa es geht voran! Laufe so schnell wie es geht. Versuche wenn möglich trotzdem auf den „negativen Split“ zu kommen (2. Hätte schneller als erste Hälfte), ohne am Anfang zu viel liegen zu lassen.