"Es gibt nur eine Regel. Derjenige, der am härtesten trainiert, gewinnt. Selbst wenn du denkst, du stirbst, stirbst du nicht. So müde du auch bist: du kannst immer, immer noch eins draufsetzen". Diesen Satz pflegt Floyd Landis, vorübergehender Träger des Gelben Trikots bei der diesjährigen Tour de France, zu sagen.
Stimmt, dachte ich und traute dem Amerikaner bei dem schwersten Radrennen der Welt den Sieg zu. Und dann kam der 19.07.06! Floyd machte beim Schlussanstieg nach Fontcouverte-La Toussuire schlapp. Er konnte dem Tempo der Konkurrenz nicht mehr stand halten und verlor über 10 min auf den Etappensieger Rasmussen.
Hat sich der Amerikaner nun selbst unglaubwürdig gemacht? Denn als er müde wurde, konnte er an diesem Tag nicht mehr zulegen. Aus welchem Holz er geschnitzt ist und welchen Glauben er an seine eigene Leistungsfähigkeit hat, zeigte Landis am nächsten Tag auf der Etappe nach Morzin, als er seinen Rückstand auf die Führenden in einer Alleinfahrt fast gänzlich wieder aufholte.
Was wird wohl im Kopf von Floyd Landis in den Stunden zwischen den beiden Etappen vorgegangen sein? Hat er mit sich gehadert? An seiner Leistungsfähigkeit gezweifelt? Nein, ganz sicher nicht. Der Amerikaner hat aus seinen Gehirnwindungen die positiven Resultate der Vergangenheit abgerufen und sich so noch einmal seiner eigenen Kraft versichert. Mit diesem Glauben an sich selbst, ging er das Risiko einer Alleinfahrt ein und siegte.
Du wirst dir natürlich die Frage stellen, was dass denn nun mit dir zu tun hat. Eine ganze Menge! In der letzten Ausgabe dieses Newsletters habe ich beschrieben, wie dein Gehirn dir Müdigkeit und Erschöpfung vorgaukelt, obwohl bewiesenerweise deine Muskeln noch Kraft haben. Diesen Schlappmach-Angriff deiner Zentrale kannst du aber widerstehen, wenn denn deine Motivation nur hoch genug ist.
Ja ich weiß, dass das oft nicht leicht ist. Wenn man in einem Rennen ist und fühlt so langsam die Kräfte schwinden und das Ziel scheint sich immer weiter zu entfernen, dann verfällt man leicht in eine Lethargie und einen Ärger auf sich selbst oder auf andere. Dazu kommen dann Selbstzweifel und die Psyche geht in den Stimmungskeller.
Wenn du in einer solchen Situation bist und du kannst dich geistig nicht davon frei machen, dann kannst du dieses Rennen abschreiben. Jeder nachfolgende Meter wird langsamer. Was aber tun, um wieder herauszukommen, aus diesem körperlichen und geistigen Loch?
Setze deine Großen Fünf ein! Was das ist? Ganz einfach, überlege dir welches deine 5 besten Leistungen in deinem Läufer(innen)leben waren. Der Tag, an dem du eine völlig unerwartete Bestzeit liefst oder das Rennen an dem du Holger Meier erstmals abgehängt hast. Vielleicht auch eine ganz besondere Trainingsleistung, in der du nur so "fliegen" konntest. Gut ist auch die Erinnerung an Tage, an denen du im Rennen schon zu scheitern schienst und dich doch noch fangen konntest. Auch die Rückschau auf emotionale Zieleinläufe eignen sich gut für die großen Fünf.
Wenn du nun deine 5 besten und schönsten Erlebnisse zusammen hast, dann kannst du sie auch mit Erfolg anwenden. In dem Moment, in dem du eine bedrohliche Schwäche im Rennen fühlst und deine Motivation kippt, rufst du die Großen Fünf in dein Gedächtnis hervor und zwar in der Reihenfolge beginnend mit Nr. 5 und endend mit deinem größten Erfolg, deiner ganz persönlichen Nr. 1. Deine Stimmung wird sich drehen, aus Niedergeschlagenheit wird Euphorie.
Auf dieses Durchdenken deiner Erfolgserlebnisse reagiert dein Organismus mit der Ausschüttung von Leistungshormonen. Und noch viel schöner, du vergisst darüber, dass du wieder einmal am abk.... bist. Du verlierst deine Selbstzweifel, der Ärger verschwindet und du kommst raus aus dem Leistungsloch.
Auf eines muss ich dich aber hinweisen: "Jeder Vorsatz braucht immer ein Wollen, ein Glauben und ein Planen - sonst ist das Scheitern vorprogrammiert." Es nutzt dir nichts, wenn du nun an deine persönlichen Highlights denkst und später in deiner Gedankensuppe herumrührst, um die Leistungs-Fettaugen zu finden. Du musst dich hinsetzen, deine Großen Fünf sammeln, ordnen und aufschreiben.
Gib dich nicht den Trugschluss hin, dass es dir gelingt, dich in einem sich verschlechternden Rennverlauf an ungeordnete Erlebnisse zu erinnern. Dein Gehirn ist während einer körperlichen Höchstleistung ungefähr so produktiv, wie das eines leidlich intelligenten Schafes.
Was aber geht, ist das Abrufen von erlernten Abläufen und das ist die Anordnung deiner Großen Fünf! Sie sind der Rettungsanker, wenn es dir einmal schlecht geht. Du wirst sehen, das klappt ganz hervorragend. Nur machen musst du es!!