Die Herbstrennen stehen nun unmittelbar bevor und das herrliche Wetter dieser vergangenen Tage hat uns das Training nochmal angenehm werden lassen. Der richtige Zeitpunkt, um die Gedanken in die Zeit nach Deinem läuferischen Höhepunkt schweifen zu lassen. Denn kaum etwas stört den langfristigen Formaufbau so sehr, wie nach seinem persönlich wichtigsten Rennen bereits in den vorzeitigen Winterschlaf zu verfallen. Eine angemessene Regenerationszeit von etwa 2-3 Wochen maximal nach dem Marathon bleibt davon natürlich unberührt.
Ich beobachte in meinen aktiven Jahren, dass manch ein talentierter Läufer irgendwann mental ausgebrannt plötzlich aufgehört hat. Gesundheitlich war alles noch weitgehend in Ordnung, er hatte aber einfach keine Lust mehr, gezielt und mit einem gewissen selbst auferlegten Durchführungsdruck weiter zu trainieren.
Während der gezielte Trainingsaufbau für ein bestimmtes Rennen auf vermessenen und immer gleichen Laufstrecken in exakt vorgegebenem Tempo auch viel Freude bringt, können drucklose Genußläufe im Anschluß eine höchst willkommene Abwechslung sein.
Selbstverständlich ist klar, dass nur dann jemand 100% seiner tatsächlichen Fähigkeiten abrufen kann, wenn er im Rahmen seiner Möglichkeiten entsprechend anspruchsvoll trainiert.
Ich glaube aber, und sehe es auch bei mir selbst, dass man über viele Jahre die Motivation am Besten aufrecht erhalten kann, wenn man sich hin und wieder auch für etwas Neues begeistert. Aus diesem Grund möchte Dir heute, spätestens für die Zeit nach Deinem Wettkampf, das Trailrunning nahe bringen.
Sicherlich wird der Begriff für das Laufen abseits der ausgetretenen Pfade in der Natur heute etwas inflationär verwendet und manch einer, der beim Laufen schon mal in eine Pfütze getreten ist, spricht von seinen Erfahrungen als Crossläufer. Ich möchte mich aber nicht mit Begriffsbestimmungen aufhalten. Ich schreibe hier vom Laufen auf möglichst kleinen Pfaden auf spontan gewählten Routen. Auch von den Geräuschen in der Natur, die Du ohne Geplärre des MP3-Players besser wahrnemen kannst. Vom Wetter, was Du auf den Trails viel intensiver erlebst und von einer Beanspruchung Deines Bewegungsapparates, die Du in dieser Form vielleicht noch nicht leisten mußtest. Warst Du schon mal nachts auf kleinen Pfaden im Wald unterwegs, bei Bedarf gern auch mit Trainingspartner? Da werden echte Erlebnishorizonte verschoben.
Ein begeisterter Trail-Runner ist Rainer Lohstroh aus Minden. Er hat im Mai diesen Jahres im Training einen Trail in meiner Heimat, dem Leinebergland bei Hildesheim, getestet und auf seine Internetseite einen wirklich traumhaften Bildbericht von dieser Tour gesetzt. Ich lege Dir diesen Bericht wirklich ans Herz und auch das Weiterlesen in diesem Newsletter macht mehr Sinn, wenn Du Rainer´s Bericht gesehen und gelesen hast. Er wird Dir Geschmack an solchen Läufen bereiten.
Keineswegs soll hier der Eindruck entstehen, dass es sich beim Trailrunning um Seichtfußjoggerei handelt. Du hast im Gelände die Möglichkeit, Körper und Willenskraft zu schulen, dass das Laktat nur so in die Blutbahn spritzt ... ;-) Wer Rennen auf solchen Strecken gewinnen will, muß schon ein ziemliches "Pfund" drauf haben und auch auf der Straße vorn dabei sein. Die Konkurrenz ist auch hier nicht aus Zucker.
Schon als jugendlicher Läufer liebte ich Läufe auf kleinen Trampelpfaden, über umgestürzte Bäume, Wurzeln und zu überquerende Bachufer. Ein solches Training erfordert zwangsläufig eine sehr erhöhte Aufmerksamkeit und Trittsicherheit. Neben der allgemeinen Athletik schulst Du Deine Fähigkeit, den Boden unter Deinen Füßen im Moment des Aufritts zu "fühlen". Bei nach und nach ausgeprägteren Fähigkeiten dieses Ertastens spürst Du, wie Du unterbewußt schnell und sicher auf plötzlich auftretende Unebenheiten reagierst und sich die Frage nach Umknicken und Verletzen gar nicht stellt. Bis heute bin ich von jeder Art Verletzung verschont geblieben, die durch Umknicken, Ausrutschen oder Hinfallen beim Training verursacht wurde. Auch stelle ich fest, dass ich im Gelände auf Wegen, die kurze Schritte und spontane Sprünge erfordern, trotz meiner 80 kg manch einem leichtgewichtigen aber reinem Straßenläufer überlegen bin. Ich führe das auf jeden Fall im Schwerpunkt auf das häufige Training im Gelände zurück, was eben genau diese Trittsicherheit schult.
Peter Greif schrieb vor einigen Monaten in unseren Newslettern über die Bodenkontaktzeiten im Training. Laufen in zu weichen Schuhen und auf zu weichem Boden sollte für eine Leistungsentwicklung vermieden werden. Training auf hartem Boden und in harten Schuhen trainiert die kontraktilen Elemente in der Muskulatur. Maßvoll eingesetztes Trailrunning spricht dieser Methode keineswegs entgegen. Die abwechslungsreiche Mischung macht Deinen Erfolg aus. Im Greif-Training sind die belastenden sehr schnellen Läufe und die lange Einheit unbedingt auf hartem Boden zu absolvieren. Das wichtige Kilometersammeln dazwischen kannst Du zum Teil gern im Gelände absolvieren. Und in wenigen Wochen, nach der Saison, laufe einfach mal innerhalb Deines Trainingsplanes so, wie Du es möchtest.
Für das Lauftraining im Gelände empfehle ich Dir, etwas festeres Schuhwerk anzuziehen. Vielleicht nicht gerade die weichste "Sänfte" unter den Laufschuhen. Für Deine Trittsicherheit brauchst Du einfach Kontakt zum Boden und Festigkeit im Obermaterial. Aus unserem Sortiment wäre insbesondere der Innov-8 "Terroc 330" zu beachten. Ein Traum von einem Trailschuh. Im letzten Winter neben den Modellen der Marke Icebug unser am häufigsten verkaufter Schuh. Auf halbwegs normalen Trampelpfaden kommst Du allerdings auch mit Deinen Straßentrainingsschuhen zurecht, denn wenn erst einmal ein Trecker oder Waldarbeiterfahrzeug über Deinen Trail gepflügt ist, hilft Dir Dein Schuh auch nicht mehr viel weiter.
Auch wenn uns Läufern die Rechtslage eine sehr weitreichende Entfaltung mit nur wenigen Einschränkungen erlaubt, bitte nimm Rücksicht auf die Natur. Du mußt für ein schönes Trail-Erlebnis nicht zwingend querfeldein laufen, selbst die Wege, die auf Karten mit einem Maßstab von 1:50.000 als gestrichelte Linie eingezeichnet sind, reichen für unsere Zwecke hinreichend aus. Allerdings bist Du auch nicht jedem Jagdpächter, der mit seinem Auto durch den Wald patroulliert, Rechenschaft über die Wahl Deines Weges schuldig. Hier liegt oft nur ein Interessenkonflikt gleichberechtigter Personen vor.
Spätestens dann, wenn Du es auf Deinen Trails mit Bewuchs auf der Strecke zu tun hast, nimm bitte das Thema Zecken ernst. Über die Gesundheitsgefahren, die von den kleinen Biestern ausgehen können, wird in den Medien hinreichend berichtet. Bei mir selbst wurden bei entsprechenden Untersuchungen leider bereits Hinweise auf Kontakt mit Borreliose-Viren gefunden, zum Glück mit bisher nicht auffälligem Krankheitsverlauf und laut Aussage der Ärztin kann das theoretisch bis zum Ende meiner Tage auch so bleiben. Trotzdem habe ich mir beim Laufen über Wege, die durch Gras oder Gebüsche bewachsen sind, folgendes Verfahren angewöhnt: Direkt nach Verlassen des bewachsenen Abschnittes halte ich an und kontrolliere meine unbekleideten Körperstellen auf Zecken. Diese krabbeln allenfalls nur erst umher und sind noch nicht festgebissen. Nach etwa 1-2 km kontrolliere ich nochmals, für den Fall, dass beim ersten Halt die Zecken auf dunkler Laufbekleidung gesessen haben und nun auf den Körper wanderten. Die letzte und endgültige Kontrolle dann zu Hause unter der Dusche und zwar auch dort, wo ich mir eine festgebissene Zecke ganz besonders nicht wünsche. Für die Kontrolle ganz entlegener Regionen brauche ich die Hilfe meiner Frau. Nur manchmal ist sie darüber begeistert, aber es muß eben sein.
Inwiefern bringt Dich denn nun Trailrunning weiter voran? Die rein körperliche Auswirkung ist oben beschrieben. Nach einer auch mental anstrengenden Saison kann diese Trainingsform jedoch eine herrliche Abwechslung an den regenerativen und extensiven Trainingstagen sein. Gehe raus in den Wald und lass Dich treiben. Wähle Deinen Weg einfach spontan ohne vorherige Festlegung. Genieße mal einen Aussichtspunkt, besteige unterwegs einen solchen Turm. Spiele auch mit dem Tempo, es darf sich auch angestrengt werden. Die Umsetzung gelingt selbstverständlich auch innerhalb eines Trainingsplanes. Am besten an den kilometerfüllenden Tagen zwischen belastenden Einheiten. Auf ein minutiös umgesetztes Training nach Plan wirst Du Dich vermutlich nach einiger Zeit ebenfalls wieder freuen.
Diese Methode kann Dir helfen, auch über Jahre ambitionierten Trainings die Freude am Laufsport aufrecht zu erhalten.