Manchmal bin ich am Verzweifeln, weil ich bestimmte Dinge nicht verstehe. Da gibt es eine spezielle Gruppe von Läufern(innen), die arbeiten nach einem ganz geheimnisvollen System in der Marathonvorbereitung.
Vielleicht ist das sogar so etwas wie ein Geheimbund! Diese Menschen zeichnen sich dadurch aus, dass sie das ganze Jahr über kaum oder gar keine Wettkämpfe bestreiten. Aber in den letzten zwei Monaten kommen sie aus ihren "Löchern" und möchten am liebsten jede Woche ein Rennen bestreiten.
Und das lässt mich eben Verzweifeln, denn ohne Vorbereitungsrennen kann man keinen überdurchschnittlich guten Marathon laufen. Andererseits sollte man in den letzten 8 Wochen vor dem 42,2 km-Rennen möglichst nur einen Wettkampf oder höchsten zwei laufen.
Was nun? Wie kann ich diese Menschen so steuern, dass sie trotz ihres Dilemmas noch einen Erfolg verzeichnen können. Denn wie bringt man denn nun Wettkampfwünsche und Lange Runde zusammen?
Niemand kann doch an einem Wochenende ein Rennen bestreiten und zusätzlich noch eine Lange Runde laufen. Noch schlimmer ist, dass ich niemals so ein Schlampertraining selbst ausprobiert habe. Was passiert, wenn jemand zum Beispiel in der gesamten Marathonvorbereitung jeweils an einem Wochenende ein Rennen läuft und am anderen eine 35 km-Runde absolviert?
Da hilft nur denken. Bei so einem Versuch kommt dieser Athlet nur auf drei Lange Runden mit Endbeschleunigung in der gesamten unmittelbaren Vorbereitung. Denn er wird ja nicht noch zusätzlich so leichtsinnig sein, eine Woche vor dem Marathon noch einen 35-er mit Endbeschleunigung zu laufen. Und drei lange Einheiten sind auf jeden Fall zu wenig für ein gutes Resultat.
Damit wird klar, es kann keinen anderen Weg geben, als der über das Training. Wettkämpfe kann man nur in den Wochen 10, 9 oder eventuell 8 vor dem Rennen laufen, dazu den Halbmarathon 4 Wochen vor dem Start des Hauptwettkampfes.
Bei einem Rennen in der ersten Woche der Marathonvorbereitung wird es auch schon kritisch. Hier versäumt der Betroffene schon den Start der Endbeschleunigung über 3 km. In der nächsten Woche muss er dann schon mit 6 km starten und das tut weh, wenn er es überhaupt schafft am Ende schneller zu werden.
Ein Halbmarathon in der Mitte der Vorbereitung ist hingegen unabdinglich. Denn nur hier ist noch eine Formüberprüfung möglich. So steht dieser HM auch in allen Greif-Club-Jokerplänen auf dem Wochenende der vierten Vorbereitungswoche. Möglich sind aber auch die dritte oder vierte Woche, niemals aber die zweite!!!
Siehe hier: Wann den Halbmarathon vor dem Marathon laufen?
Mit dem Resultat dieses Halbmarathons kann man schon ziemlich genau auf das Rennresultat im Marathon schließen. Es gibt zwei Formeln mit der man aus der HM-Zeit das Marathonresultat errechnen kann:
1. Doppelte HM-Zeit + 10 min = Marathonzeit
Wobei diese gleich wieder eingeschränkt werden muss. Bei Läufern(innen), die mehr als 120 km/Woche laufen und sechs- bis siebenmal in der Woche trainieren, kann der Zuschlag auf 5 - 6 min sinken.
Bei dem oft genutzten Standard von 70 Wochen-km sollte ein zeitlicher Aufschlag von 15 min eingerechnet werden.
Andererseits gibt es natürlich auch Personen, die sich bedauerlicherweise mit 30 - 40 Wochen-km auf die 42,2 km-Distanz wagen. Bei denen muss aber dann schon mit 20 min Aufschlag kalkuliert werden. Dazu kommt dann eventuell noch ein Wanderbonus von oft 30 min.
2. 10 km Zeit * 4,7 = Marathonzeit
Der Faktor 4,7 zur 10 km Zeit ist der häufigste vorkommende. Aber anlog zu Punkt 1 kann dieser auch zwischen 4,55 und 4,8 schwanken. Wenn jemand einen höheren Faktor als 4,9 im Rennen erzielt, dann sollte er sich tunlichst einmal Gedanken über sein Training machen.
In früheren Jahren bezeichnete ich diesen Faktor von 4,8 als "Weicheigrenze". Hat mir böse Briefe eingetragen. So habe ich mein Haupt gebeugt und anerkannt, dass es heute eine Menge Leute gibt, die einen Marathon nur durchlaufen möchten, sich aber dem Kampf mit dem Gegner und der Zeit nicht stellen möchten.
Nun schaue ich mir die Sache von der anderen Seite an und halte fest: Oberhalb des Faktors 4,8 hört der Kampf auf und der Spaß beginnt.