Wenn du diese Zeilen liest, dann hast du eventuell den Berlin-Marathon 2016 hinter dir. Nach solchen Großereignissen bekomme ich dann immer Mails von denen, die sich beklagen, dass der Wind so stark war. Oder auch: ?Wenn der Wind nicht von vorn kam, wäre ich bestimmt fünf Minuten schneller gelaufen.?
"Hallo Peter! Ich bin letztens einen Marathon gelaufen, wo die Wetterbedingungen nicht ideal waren. Es war ein starker Westwind, der leider direkt von vorne kam und man selbst Windschattenlaufen vergessen konnte, Rückenwindpassagen gab es kaum.
Ab dem 34 km musste ich langsam die Zeit runterschrauben, weil der Kampf gegen den Wind doch sehr viel Kraft gekostet hat und im Endeffekt ich meine Bestzeit nicht ganz geschafft habe.
Wie verhält es sich eigentlich mit der Laufleistung bei starkem Gegenwind? Das man das volle Tempo nicht auf Dauer halten kann, liegt nahe. Und warum kommt der Wind niemals von hinten? Vielleicht kannst du da ja auch mal in deinem Newsletter drauf eingehen. Ich danke dir jetzt schon mal.?
Die zweite Frage ist einfach zu klären, denn das Gefühl bei einem Rennen immer Gegen- und niemals Rückenwind zu haben kennen alle Läufer. Woher kommt das?
Wenn jemand bei Windstille ein 4 min-Tempo im Rennen läuft, dann verspürt er trotzdem einen Fahrtwind von 15 km/h. Weht aber noch ein leichter Wind von ebenfalls 15 km/h von vorn, dann nimmt er diesen als einen Luftzug von 30 km/h wahr.
Anders sieht es aus, wenn dieser aus dem rückwärtigen Bereich kommt, dann heben sich beide Winde gegeneinander auf. Der Läufer meint nun wäre Windstille. So schrieb auch ein Läufer mit der Anmerkung: "Rückenwindpassagen gab es kaum".
So hassen wir alle den Wind von vorn. Und da gibt es noch einen Umstand, den du, so wie ich, vielleicht auch schon einmal erlebt hast.
Wenn ich in früheren Jahren bei einem Wettkampf mit heftigen Gegenwind lief, dann versuchte ich in eine vor mir laufende Gruppe zu kommen.
Wenn ich mich in deren Windschatten hinein gekämpft hatte, dann wurde mir das Tempo dieser Gruppe schon nach kurzer Zeit zu langsam.
Also versuchte ich sofort diesen Läuferhaufen zu distanzieren, in dem ich aus dem Windschatten heraustrat um zu überholen. Obwohl ich gefühlt deutlich mehr Kraft einsetzte, war es nicht möglich diese Gruppe hinter mir zu lassen.
So lernte ich im Schutz der Läufertruppe zu verharren und meine Kraft für einen Angriff im neutralen oder Rückenwindbereich aufzusparen. Was meist auch gelang.
Manchmal ist zudem der Wind auch noch kalt. Wie sieht es aber nun aus, wenn der Wind eisig ist? Zieht dieser weitere negative Folgen nach sich? Ja, und zwar erhebliche.
Du wirst sicher den Windchill-Effekt kennen, damit wird die gefühlte Temperatur angegeben. Und dieser gefühlte Effekt hat ganz realistische negative Folgen für uns.
Besonders die nackte Haut wird davon betroffen. Damit diese keinen Kälteschaden erleidet, muss sie stärker durchblutet werden. Dieses Blut sollte aber besser in deinen Muskeln sein, um dort Energie anzuliefern.
Betroffen sind davon besonders leistungsschwächere Läufer. Warum? Das ist leicht zu erklären: Du weißt, dass wir beim Laufen eine Menge Wärme erzeugen.
Wir schwitzen, weil wir diese Wärme loswerden müssen! Je schneller aber jemand läuft, desto mehr Abwärme muss vom Organismus entfernt werden.
Das heißt mit anderen Worten, bei harter Kälte kann der schnelle der schnelle Läufer durchaus noch schwitzen, hingegen der langsamere schon friert.
Und damit hat dieser dann leider den Schwarzen Peter auf der Hand. Er muss nun mit seiner wertvollen Energie den Körper heizen, statt diese in den Muskeln für den Vortrieb einzusetzen.
Bei kurzen Läufen bis Halbmarathon ist das eigentlich kein Problem, denn dem Organismus stehen in diesem Fall noch genug Reserven zur Verfügung.
Anders sieht es bei einem Marathon aus. Da wird dann dass Glykogen knapp und der Organismus wird unter diesen doppelten Stressbedingungen ? Kälte und Hochleistung ? noch viel weniger zur Verfügung stellen als unter Normalbedingungen.
Unser Organismus verhält sich in so einem Fall sehr geschickt, er vergrößert die autonome Reserve, um sich in seiner Gesamtheit vor dem Untergang zu bewahren. Dafür ist diese Reserve auch da. Wenn die Körpertempratur unter Normaltemperatur fällt, wird diese eingesetzt.
Gleizeitig wird den Extremitäten das Blut entzogen, mit den Händen fängt dieser "Spaß" zuerst an. Wenn du in Hinsicht auf deinen Wettkampf Kälte witterst, dann nimm immer ein Paar Handschuhe mit. Auch etwas Langärmeliges hilft dir in einer solchen Situation.
Wenn du mich zum Schluß aber jetzt fragen möchtest: "Wie viel schneller wäre ich denn gewesen, wenn die Bedingungen besser gewesen wären?"
Dann muss ich dir antworten: "Weiß ich nicht." Ich möchte mich in diesem Sinne auch nicht an dem beliebten Läuferspiel beteiligen, welches heißt: "Wie rechne ich meine Laufzeit aufgrund der herrschenden schlechten Bedingungen schön."
Bei den Protagonisten dieses Spiels herrschen nämlich in jedem Wettkampf widrige Bedingungen vor.