In den Maiwochen 2016 schrieb Dr. Uli Strunz einen Artikel in seinen News mit der Überschrift „Marathontraining“. Im Grunde ging es hauptsächlich um Trinken im Marathon. Zur Erinnerung nachfolgend noch einmal Auszüge aus seinem Text:
„Dann aber wieder die uns alle so umtreibende Frage: Was trinken die? Die Spitzenläufer? Antwort wurde hier gegeben vom Co-Kommentator Andreas: Wasser. Reines Wasser. Und zwar nur Wasser.
Er hätte sich bei Arne Gabius, also dem besten deutschen Marathonläufer, erkundigt. Tatsächlich im Wettkampf ausschließlich Wasser. Keine Elektrolyte, kein Maltodextrin und so weiter.
Dem Augenschein nach stimmte das auch beim Paris-Marathon. Nur einmal hatte ein Spitzenläufer eine farbige Flasche in der Hand. Also nicht nur Wasser.
Zweischneidiger Ratschlag. Zum einen: Man ist auf der sicheren Seite. Wer einmal – ich erinnere Hawaii – mit Bauchkrämpfen auf der Laufstrecke getorkelt ist mit einem KH-Gel, das der Magen offenbar nicht vertrug, der wird verstehen: Kein Risiko! Nur Wasser!
Andererseits: Wir Normal-Läufer haben nun einmal nicht den extrem trainierten Fettstoffwechsel der Profis. Und wir haben nun einmal nicht den bewusst vergrößerten KH-Vorrat vor dem Rennen angelegt. Will sagen: Nach meiner Erfahrung lohnen KH in verträglicher Form während des Wettkampfes.
Man kombiniert sie einfach mit Wasser von der Verpflegungsstelle. Hintergrund natürlich, dass wir Amateure uns in der Regel in der ersten Hälfte des Marathons bereits deutlich überfordern. Alle KH verbrannt haben. Und dann auf dem Zahnfleisch weiter torkeln.
Die Spitzengruppe beim Paris-Marathon war ganz offensichtlich bis zur Halbdistanz noch nicht wirklich gefordert. Die hatten ihre KH-Vorräte geschont.
Fazit: Es gibt eben deutliche Unterschiede zwischen Profis und Unsereinem. Das schlägt sich auch bei der Frage der Wettkampf-Verpflegung nieder. Man sollte solche Unterschiede durchaus akzeptieren und nicht glauben, dass wir Spitzenläufern wie Arne Gabius einfach so nacheifern könnten. Leider.“Alles richtig, aber wird es auch verstanden? Scheinbar nicht. Zwei Tage später nach der Veröffentlichung des oben stehenden Artikels erreichte mich eine Mail eines Läufers, der bei einem Marathon fürchterlich eingegangen war.
Er schrieb, dass „der Strunz“ doch immer rät nüchtern zu laufen und nichts zu trinken. Und er habe diesen Vorgaben gefolgt und war schon bei Kilometer 30 fertig. Der gute Mann lief dann sein Rennen zu Ende, aber dies mit gut 15 Minuten Aufschlag auf die erwartete Endzeit.
Wenn man solche Zeilen liest, dann wird klar, dass das ganze organische System im Wettkampf nicht oder nur geringfügig verstanden wird.
Es wird auch nicht verstanden, dass man im Training lernen muss, unterwegs ohne Fettstoffwechsel laufen muss. Reine Energie, wie Gels, nützen unterwegs gar nichts, dazu braucht es aber Wasser und kaum jemand weiß genau, wieviel Wasser nach Gelaufnahme getrunken werden muss.
Zuwenig Wasser führt dazu, dass das von Uli Strunz aufgeführte „Würgen“ auftritt. Heißt: Man muss kotzen, kann es aber nicht. Und das ist genau das, was du nicht möchtest im Rennen.
Natürlich wirst du denken: „Da kann ich doch gleich etwas mehr trinken.“ Ich weiß von Läufern, die mehr als einen ganzen Liter auf fünf Kilometer trinken, aus Angst auszutrocknen.
Natürlich kann man auch gleich ein fertiges Getränk, wie etwa Ultra Buffer mit sich führen. Es gibt Läufer und Läuferinnen, die ganze Batterien von Plastikflaschen in einem Gürtel mit sich führen. Das ist eine unangenehme Last, aber nimmt die Angst vor dem "Verdursten".
In so einem Fall frage ich die Betroffenen, ob sie das Gewicht im Rennen nicht spüren? Da bekomme ich meist zur Antwort, „Das bisschen merke ich gar nicht“.
Es ist nicht gerade selten, dass die Betroffenen in den letzten Tagen versuchen vor dem Marathonstart noch einige 100 Gramm „abzukochen“. Das ist hart und wirkt sich negativ aus, weil die Kohlenhydratspeicher eventuell vor dem Start nicht gefüllt sind.
Mit hoher Sicherheit betrachten diese Läufer und Läuferinnen das Körpergewicht negativer, als das mit getragene Gewicht in Form von Flaschen und anderen Behältern.
Wie du siehst, ist das optimieren des Gewichts alles andere als leicht. Ich werde einmal versuchen, wie man als durchschnittlicher Läufer lernen kann, einen Marathon ohne Energiezufuhr und geringer Wasseraufnahme erfolgreich zu bestreiten.
Es ist unbestritten, dass du einen Marathon leichter durchlaufen kannst, wenn du unterwegs an jeder Verpflegungsstelle ein energiereiches Getränk zu dir nimmst. Wenn du das im Training machst, wirkt das ebenso possitiv auf dein Gefühl.
Aber dir wird es nie gelingen so deinen Fettstoffwechsel zu aktivieren, der dir hilft bis zum Zieleinlauf genügend Energie zu haben. So macht es die Weltelite und auch die guten Marathonläufer und Marathonläuferinnen hier in Deutschland.
Aber der Weg allein schon im Training ist hart und schmerzhaft. Wenn du versuchst auf deiner 35 Kilometer Runde in einem flotten Tempo zu laufen und dabei auf energiereiche Getränke zu verzichten, dann kannst du das heulende Elend kennen lernen.
Wer es jemals erlebt hat, bei Kilometer 25 so langsam in die Knie zu gehen, noch zehn Kilometer laufen zu müssen und kein Getränk oder auch Gel bei sich zu haben, der wird solch einen Tag nicht vergessen.
Mir selbst ist es einmal passiert, dass ich bei Kilometer 20 völlig leer war. Leider lag zwischen mir 300 Höhenmeter und 15 Kilometer, um an die Töpfe zu kommen. Ich will das hier nicht ausbreiten, aber schließlich und endlich bin ich mit dem Zug nach Hause gefahren.
Du kannst alle diese unangenehmen Dinge aus dem Wege gehen, wenn du lernst allein mit deinem Fettstoffwechsel zu arbeiten.
Aber wie geht das? Bei deinem nächsten 35-er nimmst du einen halben Liter energiereiches Getränk mit dir. du betrachtest dieses als eine Notreserve.
Wenn du nun einen Einbruch unterwegs hast, dann läufst du so lange weiter, bis du das Gefühl hast gleich stehen bleiben zu müssen.
(Unter uns: Du musst dir schon von diesem Zeitpunkt an das gespaltene Ding aufreißen!)
Du trinkst dann - und nicht früher - einen Viertelliter aus einer Flasche, mehr nicht. Du wirst dann in der Regel wieder leichter laufen können.
So nimmst du dein altes Tempo wieder auf und trinkst erst wieder ein paar Schlucke, wenn du abermals das Gefühl hast gleich zusammen zu klappen.
So wirst du meist auch laufenderweise nach Hause kommen. Wenn das nicht so ist, dann musst du beim nächsten Mal etwas mehr Getränk mit dir nehmen. So lernst du, bei welchem Tempo und nach welcher Streckenlänge du deine Getränkewaffe einsetzen musst.
Jetzt kommt es: Beim nächsten 35-er musst du auf jeden Fall den ersten Getränkeeinsatz später einsetzen, als beim ersten Mal.
Beispiel: Wenn dir erstmals bei km 23 die Kraft ausgegangen ist und du getrunken hast, dann trinkst du beim nächsten Mal erst bei km 26.
Da musst du durch: Egal ob dir das Gebiss klappert, die Tränen laufen und heiße Haßgefühle auf den "Greif" durch dein Gehirn schwallen.
Du musst gegen dich selbst kämpfen. Dein Organismus dreht fast durch und schaltet auf höchste Not. Er holt seine Energie jetzt aus allen Ecken, hauptsächlich aus den Fettspeichern, von denen er immer genug hat. Und das ist genau das, was du willst!
Wenn du dieses Programm ernsthaft, dauerhaft und mit hartem Einsatz durchführst, dann wirst du nach drei- bis viermaligen Wiederholungen ohne Energiezuführung deine 35 km durchlaufen können.
Du gehörst dann zur Willenselite und wirst sehen, dass du auch im Wettkampf ohne Gel und anderen "Klebstoff" in das Ziel schweben kannst.