In der letzten Woche hatte ich über Greif-Club-Mitglieder berichtet, die in den letzten Wochen ihre ausgefallenen Frühjahrs-Wettkämpfe allein bestritten haben. Auf diese Weise haben sie sich für ihr hartes Training belohnt und erreichten trotz Corona ihre läuferischen Ziele für dieses Frühjahr. Ein weiteres wirklich erstaunliches Ergebnis konnte ich am Wochenende verfolgen.
Sebastian Jägerfeld aus dem schönen Harz, blieb trotz aller Wettkampf-Absagen hoch motiviert. Bereits Anfang April lief er im Rahmen unserer Challenge einen ausgezeichneten Halbmarathon in 1:20:12 h und schrammte da nur knapp an einer Bestzeit vorbei. Anschließend teilte er mir mit, dass er weiterhin seinen Marathon für Ende April plane. Wir blieben in Kontakt und diskutierten noch etwas das geplante Tempo. Alle seine Trainingsergebnisse deuteten darauf hin, dass er sein Ziel erreichen könnte. Am Samstag früh gegen 7:50 Uhr sah ich auf Strava sein kurzes Einlaufen. Alles klar dachte ich, um 8 Uhr geht es los. So wartete ich gespannt auf den Zieleinlauf kurz vor 11 Uhr. Aber lies seinen Bericht selbst:
Hallo Jens,
manchem mag es sicherlich schwer fallen in einem Jahr ohne Wettkämpfe das beinahe tägliche Training aufrecht zu erhalten.
Auch mein Laufjahr sollte ganz anders aussehen. Die erste Hälfte sollte mit feinsten Berg- und Landschaftstrails starten. Aber jammern hilft nicht, da das Laufen mittlerweile meine große Leidenschaft geworden ist, mussten eben alte Ziele wieder ausgegraben werden. So wie den Marathon sub 2:50 h zu laufen, welches 2017 das letzte Mal probiert wurde. Ich laufe seit November 2019 6x die Woche nach der Greif-Jahresplanung und muss sagen, dass mir das Laufen nach Plan gefällt. Es ist sehr abwechslungsreich gestaltet und vor allem läuft man nicht Gefahr, zu wenig Tempotraining zu machen, so wie es bei mir in der Vergangenheit der Fall war. Meine Lieblingsrunde ist der 18 km Tempodauerlauf geworden, worauf ich mich jeden Montag gefreut habe.
Nachdem ich vor drei Wochen planmäßig den Halbmarathon in 1:20:12 h (fast Bestzeit) gelaufen bin, stand für mich fest, dass ich am 25.04.2020 meinen eigenen Privat-Marathon laufen werde. Die Strecke sollte eine 4,66 km lange See-Umrundung sein, mit einem kleinen Verpflegungspunkt, um die Getränke nicht mitschleppen zu müssen. Meine Freundin lief ebenfalls an diesem Tag einen Halbmarathon in ihrem Tempo und stellte netterweise meine Getränke parat. Danke dafür. Die gut 9 Runden um den See gingen ab der Hälfte mental schon etwas an die Substanz. So lange wie man sich aber noch frisch fühlt und gut in der Zeit liegt, fällt das Ausblenden noch recht leicht. Ab km 32, als die Kräfte langsam schwanden, gingen mir zum Teil Gedanken aus 2017 durch den Kopf und ich befasste mich schon unfreiwillig mit einer Aufgabe, obwohl ich zu 100% im Zeitplan war. Ab diesem Zeitpunkt fing ich an, ca. alle 2 km meine Zeit hochzurechnen, ob ich es schaffen würde. Erstaunlich wie verrückt man sich machen kann. Ohne Mitläufer, nur mit der Zeit im Kopf, ist der Druck gefühlt noch höher. Bei km 40,2 gab es dann die letzte Hochrechnung. 9 Minuten für 2 km reichten um unter 2:50 h zu bleiben. Das schaffe ich jetzt zur Not auch noch auf einem Bein dachte ich. Mit diesen letzten Gedanken rollte ich nach 2:49:02 h ins virtuelle Ziel. Geschafft, endlich abgehakt der Traum der 2:50 h! Die harte Arbeit hat sich gelohnt, Gott sei Dank.
Und auch wenn es im Herbst aller Voraussicht keine Wettkämpfe geben wird, werde ich weiter nach Plan trainieren und im Herbst halt wieder eine private Leistungsüberprüfung laufen. Dann in unter 2:45 h :-)
Die richtigen Wettkämpfe kommen schon wieder, nicht heute, nicht morgen aber irgendwann. Und dann geht's erst so richtig rund.
Viele Grüße,
Sebastian
Das ist eine ganz starke Leistung! Der mehrfache und 2017 letztmalige Versuch unter 2:50 h zu bleiben, klappte mit viel Motivation, Zuversicht und dem richtigen Training jetzt im Alleingang! Sebastian verbesserte seine Bestzeit von 2:53 h auf 2:49 h. Das ist wirklich großartig!
Das zeigt, dass der Erfolg letztlich immer im Kopf entschieden wird. Vielleicht motiviert dich ein an der Strecke stehender Zuschauer oder ein vor dir laufender Konkurrent bei einem richtigen Wettkampf etwas, den Kampf um eine gute Zeit musst du in jedem Fall selbst im Kopf austragen. Die jetzige Zeit ist also kein Grund, seine Traumzeit nicht in Angriff zu nehmen.
Ach ja, nicht dass du einen falschen Eindruck bekommst. Der von Sebastian angesprochene montägliche 18 km Tempodauerlauf in unserem Marathon-Plan war bei weitem nicht immer ein Tempodauerlauf. Es gab eine Vielzahl von Trainingsformen wie Tempowechsel-Läufen, Crescendo-Läufen u.ä., die den langen TDL über Wochen vorbereiteten und letztlich in ihm mündeten. Nur so konnte die stabile Tempohärte aufgebaut werden.
Weitere Solo-Bestzeiten unserer Mitglieder aus der letzten Zeit findest du hier.
Auf vielfachen Wunsch und aus naheliegenden Gründen (auch keine Wettkämpfe im Mai) haben wir unsere Challenge bis Ende Mai verlängert. So hast auch du noch die Möglichkeit dein läuferisches Frühjahr mit einem eigenen Wettkampf zu krönen!