Die Marathonsaison hat gerade angefangen und geht doch schon wieder schnell ihrem Ende zu. Vielleicht nutze jetzt noch den einen oder anderen Halbmarathon und ein paar Volksläufe. Dann fangen schon viele von uns an wieder abzuschlaffen und den Sommerurlaub vorzubereiten.
Aber jetzt gibt es eine gute Möglichkeit für dich, nachdem du im Winter und Frühjahr deine Ausdauerfähigkeiten fleißig trainiert hast, einmal an deiner Grundschnelligkeit zu arbeiten. Aber was ist das eigentlich die Grundschnelligkeit?
Du wirst es kaum glauben, aber ich bekomme immer wieder Hinweise und Fragen in Bezug auf die Grundschnelligkeit und dort meinen eine nicht geringe Anzahl von Läufer und Läuferinnen, dass dies die Geschwindigkeit ist, die man bequem im Dauerlauf laufen kann.
Damit liegen sie genau auf der falschen Seite, denn die Grundschnelligkeit ist deine höchstmögliche Geschwindigkeit, die du über eine Strecke X laufen kannst. Ich möchte dich jetzt hier nicht mit theoretischen Modellen langweilen. Darum habe ich für meinen Verein und auch für die Greif Club Mitglieder, die Grundschnelligkeit als die Sprintausdauer über 200 m festgelegt.
Für einen Mittelstreckler oder einen Sprinter isind die Distanzen anderes gelagert, aber für uns Langstreckenläufer ist die Zeit, die wir über 200 m laufen können, die Grundlage unserer läuferischen Fähigkeiten. Und ich kann dir nur sagen, hier haben wir die größten Defizite.
Du weißt eventuell, dass ich in den Greifclub Trainingsplänen das Trainingstempo über die kurzfristig angestrebte 10 km-Wettkampfzeit steuere. Dazu gibt es ein riesenhaftes Tabellenwerk, welches ich in meinen langen Jahren als Trainer geschaffen habe.
Egal wie schnell, damit wird jedes Individuum über jede Strecke korrekt steuerbar. Die Belastung wird immer so getroffen, dass sie den Läufer und die Läuferin im richtigen Rahmen entwickeln und nicht überlasten. Das heißt, die Geschwindigkeiten der Tempoeinheiten sind entsprechend belastend, aber auch nicht über belastend.
Jedes Clubmitglied kann, wenn es seine 10 km Zeit korrekt angegeben hat, das vorgegebene Tempo schaffen. Aber es gibt eine Streckenlänge, bei der die Vorgabe oft nicht erreicht werden kann. Dies sind die hier angesprochenen 200 m. Ich weiß es nicht genau, aber schätzungsweise schaffen 20-30% die Zeiten über die halbe Stadionrunde nicht. Meist bleiben sie wenige Sekunden darüber.
Andere, deren Sprintfähigkeiten gut entwickelt sind, freuen sich zum Beispiel bei einer Einheit von 20 × 200 m ganz besonders, weil sie diese als sehr leicht betrachten. Oft wird aufgeführt: "Das ist die leichteste Einheit, die es überhaupt gibt. Bevor es weh tut, sind die 200 m schon zu Ende."
Ja, das stimmt so. Aber nun betrachte einmal unsern schon allseits bekannten Traktortypen: kurze Beine, stämmige Figur und mit einer gnadenlosen Ausdauer versehen. Von allen gefürchtet, weil er im Endkampf auf den langen Distanzen alles niedermacht.
Nun soll er aber 200 m laufen und diese auch noch in vielfacher Form. Wenn das Traktorchen dann diese kurzen Sachen auch noch in der Gruppe gelaufen muss, dann wird er in der Regel eines tun, sich schnellstmöglich verdrücken.
Ich kann dir nur berichten, was ich in meinem Verein in dieser Hinsicht schon so alles erlebt habe, wenn die ganz schnellen Sachen anstanden. Das war meist höchst erstaunlich, amüsant und oft auch ärgerlich.
Dann hatte plötzlich jemand Schmerzen am dritten Bein, andere Ohrensausen, zu fett gegessen, musste zum Kaffeetrinken, weil die Oma Geburtstag hatte, den Ehepartner abholen oder auch ein sich ankündigender Durchfall. Der Fantasie waren da keine Grenzen gesetzt.
Noch schlimmer war es bei den so genannten Kurzsprints von 15 - 50 m. Da waren die Traktoristen so schnell verschwunden, wie der Kuchen nach dem Volkslauf. Aber diese Dinge sind einfach nur menschlich, denn wir wollen alle immer nur das trainieren, was wir am besten können.
Wir wollen unseren Status in der Gruppe erhalten und uns nicht vor dieser mit unseren Humpelsprints blamieren. Und das Gleiche passiert, wenn wir allein laufen. Was sind wir glücklich, wenn wir einen Hügel mit voller Kraft hochballern können. Warum sollen wir uns denn dann die gute Stimmung mit einem Sprint verderben, den wir so oder so nicht können.
Da lassen wir es lieber gleich sein und suhlen uns wohlig in dem Gefühl, unseren Haushügel 3 Sekunden schneller hoch gelaufen sein als in der Vorwoche. Das halten wir für das wahre Leben und dein Holger fürchtet dich auch wegen dieser Fähigkeit und nicht wegen deines Sprintvermögens auf 200 m.
Wenn du natürlich mit solchen Sachen schon zufrieden bist und eine Marathonzeit von knapp unter 4 Stunden als gut empfindest, dann wirst du sicher keine Lust haben deine Sprintausdauer und damit eine Grundschnelligkeit zu verbessern.
Aber hast du schon einmal daran gedacht, wie schnell du für einen Marathon-Weltrekord der Männer laufen musst? Das sind in etwa 35 Sekunden auf 200 m! Kannst du das laufen? Ja oder nein, das weiß ich nicht. Dir wird aber auf jeden Fall klar, dass du auf jeden Fall etwas für deine Grundschnelligkeit tun musst.
Und wenn du meinst, dass du nur Marathon laufen willst und dabei die Schnelligkeit keine besonders große Rolle spielt, dann bist du im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Holzwege.
Durch das Schnelligkeits-Training verlängerst du deinen Schritt, bekommst mehr Kraft in den Beinen und die Flexibilität deiner Muskeln wird gesteigert. Denke einmal nach: Wenn du für ein 42,2 km-Rennen etwa 30.000 Schritte benötigst und du deine Schrittlänge nur um 2 cm vergrößerst. Dann bist du 600 m früher im Ziel als vorher.
Wenn es dir darüber hinaus gelingt durch verbesserte Geschmeidigkeit und daraus resultierende höhere Schrittfrequenz eine weitere Leistungssteigerung zu erreichen, dann bist du schon bald in dem Bereich von 10 Minuten Leistungsverbesserung.
Da hilft auch kein Herumgejammere, weil du meinst, du wärest schon für so etwas zu alt. Das funktioniert in jedem Lebensalter! Mache dir das bitte selbst klar.
In der nächsten Woche werde ich dir an dieser Stelle einen kleinen Plan vorstellen, mit dem du dich mit einem einmaligen Training pro Woche langsam auf eine Verbesserung deiner Grundschnelligkeit hin arbeiten kannst. Kostet nix, aber wenn es klappt, bist du mir ein Weizen schuldig. :-)
Ich verspreche dir nur eines, das wird kein Spaß! Muskelkater, Unlust und Trainerbeschimpfung sind angesagt. Mit den ersten beiden Dingen musst du selbst zurechtkommen und die Beschimpfung ertrage ich dann auch schon. Denn ich habe so oder so schon Schwielen an beiden Ohren, wegen dieser Art von negativen Lobhudelein.
Es werden Programme dargestellt über kurzfristig angestrebte Ziele auf 10 km von 40, 45 und 50 Minuten. Wer es genauer möchte, kann sich gerne einen individuellen Trainingsplan bei uns bestellen. Den gibt es vier Wochen zur Probe.
Und bei dem gibt es dann aber leider in diesem ersten Monat kein Schnelligkeitstraining, das kommt dann später im Jahresverlauf.