Leistung und Effizienz
In der letzten Woche haben wir wichtige Messgrößen und Parameter bei der Leistungsmessung betrachtet. Ich weiss nicht, ob du die Bedeutung und die unglaublichen Möglichkeiten sofort erkannt hast. Unter anderem haben wir uns den Effizienzindex (EI) angeschaut. An dieser Stelle wird es richtig interessant. Darum schauen wir uns heute einmal den Zusammenhang zwischen Leistung und Laufeffizienz an.
Laufeffizienzwerte kennst du sicherlich, seitdem du mit einer entsprechenden Uhr und/oder Brustgurt o.ä. unterwegs bist. Diese Geräte liefern dir Schrittfrequenz, Bodenkontaktzeit, vertikale Bewegung, Balance der Bodenkontaktzeiten usw. Auch wir haben uns hier schon einmal damit beschäftigt.
Natürlich kannst du an deinem Laufstil immer einiges verbessern und ändern. Du kannst die Körperhaltung ändern, den Fußaufsatz (Vorfuß, Mittelfuß, Ferse) und die Abrollbewegung ändern oder die Schrittfrequenz erhöhen. Immer geht es dabei darum, deine Laufeffizienz zu steigern. Aber wozu das Ganze wenn du nicht unmittelbar einen Erfolg siehst oder es in Zahlen festmachen kannst? In der Regel ist es anstrengend und erfordert ein hohes Maß an Konzentration. Hier kommt die großartige Rolle des Leistungsmessers (Power Meter) zum tragen. Du kannst die Auswirkungen eines veränderten Laufstils sofort anhand des Effizienzindex (EI) erkennen. Direkt in der ersten Trainingseinheit. Dies wird dir Mut machen weiter dran zu bleiben und an dir zu arbeiten.
Worum geht es denn bei der Laufeffizienz? Es geht darum, mehr Geschwindigkeit bei gleichem oder weniger Energieaufwand (Watt) zu erzeugen.
Schauen wir uns kurz noch einmal die Formel an:
Effizienzindex (EI) = Durchschnittsgeschwindigkeit (m/min) / Durchschnittsleistung (Watt)
Es ist also die pro Watt generierte Geschwindigkeit. Je höher dieser Wert, umso höher ist die Laufeffizienz. Umso schneller läufst du. Wir wollen also Watt möglichst effizient in die höchste Geschwindigkeit umsetzen.
Gewinnt aber nun der effizienteste Läufer? Nein, sondern derjenige der als Erster die Ziellinie überquert. Am schnellsten ist derjenige, der sich im Training die beste Mischung aus Ausdauer und Geschwindigkeit erarbeitet hat. Ausdauer ist wie bekannt die Fähigkeit des Körpers, Belastungen zu ertragen, in unserem Fall ist das die pro Zeiteinheit verrichtete Arbeit, die wir maximal aufrechterhalten können. Entscheidend für die tatsächliche Leistung ist, wie gut wir diese Arbeit in Geschwindigkeit umsetzen. Ein ineffizienter Läufer kann einen Läufer mit besserer Lauftechnik immer noch schlagen, wenn er eine bessere Ausdauer hat. Effizienz hin oder her. Auch ineffiziente Läufer können schnell sein. Sie wären aber noch schneller wenn sie gleichzeitig auch noch effizient wären.
Bild 1: Watt in Abhängigkeit der Geschwindigkeit
(Quelle: Wattmessung für Läufer, Jim Vance)
Bild 2: Geschwindigkeit in Abhängigkeit der Effizienz
(Quelle: Wattmessung für Läufer, Jim Vance)
Lass uns bei der Frage nach der Effizienz die folgenden Diagramme betrachten. Bild 1 zeigt, dass die Wattzahl mit zunehmender Geschwindigkeit steigt. Das ist zu erwarten. Allerdings gibt es einen Punkt, ab dem die benötigte Leistung für einen Geschwindigkeitsanstieg nicht mehr linear, sondern exponentiell wächst. Dieser Umkehrpunkt kommt bei jedem Läufer, die Frage ist nur ab welcher Geschwindigkeit.
Das Phänomen, dass überproportional mehr Watt erforderlich sind, um die Geschwindigkeit ein klein wenig zu steigern, hat mehrere Gründe. Einer davon hat mit dem physikalischen Kraftimpuls zu tun: Bei jedem Schritt setzt der Fuß auf den Boden auf und kommt praktisch zum Stillstand. Dabei überträgt er einen Kraftimpuls auf den Boden, der vom Untergrund teilweise absorbiert wird und verloren geht. Wir können also nur einen Teil unseres Vorwärtsschwungs mit in den nächsten Schritt nehmen. Wie wir den Fuß aufsetzen und abrollen, hat natürlich ebenfalls einen Einfluss, aber allgemein gesprochen verlieren wir bei jedem Bodenkontakt an Geschwindigkeit, die wir beim nächsten Schritt erneut erzeugen müssen. Der zweite Grund hängt mit den Kraftvektoren zusammen, also der Richtung, in der die bei jedem Bodenkontakt auftretenden Kräfte und Gegenkräfte verlaufen. Das tun sie nämlich nicht nur horizontal nach vorne, sondern auch in andere Richtungen, so dass ein Kraftverlust auftritt. Wollen wir beschleunigen, müssen wir bei jedem Schritt mehr Kraft aufwenden als beim vorigen. Die Schrittfrequenz muss ebenfalls ansteigen, wenn wir schneller werden wollen, und auch hier gibt es Grenzen, da die Kontaktzeit mit dem Boden niemals null erreichen kann.
Bild 2 zeigt, was jeder aus eigener Erfahrung kennt: Obwohl wir unser Bestes geben, um die Geschwindigkeit oder Intensität aufrechtzuerhalten, fühlen wir uns, als kämen wir nicht vom Fleck. Schließlich kommt der Punkt, an dem wir die Leistung einfach nicht mehr steigern können. Ein zentraler Aspekt des täglichen Trainings sollte daher sein, den in Bild 2 dargestellten Punkt, ab dem die Effizienz zurückgeht, so weit wie möglich nach hinten zu verschieben. Das Gleiche gilt für den Moment, ab dem jede Beschleunigung exponentiell mehr Watt verschlingt, wie in Bild 1 dargestellt.
Wenn du deine Laufeffizienz verbesserst, wirst du einen deutlichen Zuwachs an Geschwindigkeit und Ausdauer verzeichnen. Wie wir an Bild 2 sehen, ist ein zu niedriges Tempo ebenso ineffizient wie ein zu hohes. Jeder Läufer hat also einen für ihn optimalen Geschwindigkeitsbereich. Ein weiteres Trainingsziel ist somit, diesen Bereich nach oben auszudehnen, das heißt, bei höheren Geschwindigkeiten genauso effizient zu laufen wie bei niedrigen.
Faktoren die die Effizienz beeinflussen sind u.a.
- Schrittfrequenz,
- Fußaufsatz (Vorfuß, Mittelfuß, Ferse) und Abrollbewegung,
- Körperhaltung,
- Körpermasse/Gewicht,
- Muskelspannung/Beweglichkeit,
- Schuhe/Einlegesohlen (ja, die aktuellen neuen Schuhe wirken sich direkt auf den Effizienzindex aus),
- Ermüdung und
- Verletzungen.
Eine geeignete Maßnahme zur Erhöhung der Effektivität ist die Erhöhung der Schrittfrequenz. Eine höhere Schrittfrequenz führt zu einer Verringerung der vertikalen Leistungsverluste gleichzeitig zu einem Zuwachs der horizontalen Leistung. Ich zeige dir dafür noch einmal die Diagramme der schon im o.g. Newsletter beschriebenen Läufe, die ich schon im März am gleichen Tag unmittelbar nacheinander gelaufen bin.
Bild 3: Fersenlauf in Normalschuhen
Bild 4: Vorfußlauf in Barfußschuhen
Was erkennst du? Im Lauf 1 (Fersenlauf in Normalschuhen) lief ich mit einer Schrittfrequenz von 172/min. Die Bodenkontaktzeit betrug 251 ms. Im Lauf 2 (Vorfußlauf in Barfußschuhen) dagegen kam ich auf eine Schrittfrequenz von 176/min und eine BKZ von 246 ms. Durch die geänderte Mechanik im Vorfußlauf, die Erhöhung der Schrittfrequenz um 4 Schritte pro min sowie die damit verbundene geringere BKZ stieg der Effizienzindex (EI) von 0,87 auf 0,89, also um 2,2%! Höhere Effizienz = höhere Geschwindigkeit. Bei gleicher Wattzahl von 268 W stieg die Geschwindigkeit um 7 sec/km. Genau das ist der Sinn der Effizienzsteigerung! Die Effizienz wiederum wurde direkt durch das Power-Meter sichtbar gemacht (Effizienzindex) und lieferte die Begründung für die Geschwindigkeitssteigerung.
Bild 5: Training Schrittfrequenz
Letzte Woche trainierte ich einmal die reine Erhöhung der Schrittfrequenz (Bild 5). Dazu rannte ich auf dem Rückweg von einem kurzen ext. DL erst 2 km mit einer Schrittfrequenz von 180/min und dann weitere 2 km in meinem üblichen Schritt von 167/min. Auch hier stieg die Effizienz auf den 2 Testkilometern von 0,81 auf einen Wert von 0,82. Interessanterweise berichtete mir am gleichen Tag ein Clubmitglied, dass er die Erhöhung der Schrittfrequenz seit dem Sommer mit gutem Erfolg trainiert, lediglich seine Atemfrequenz hält nicht Schritt. Da erinnerte ich mich an meine Triathlonzeit. Wie haben wir da das Radtraining im Winter absolviert? Kleine Übersetzungen und Trittfrequenzen von 100/min aufwärts. Für einen Normalradfahrer eine ziemlich heftige Kurbelei, an die man sich langsam herantasten muss. Gleiches gilt sicher auf für die Schrittfrequenz beim Laufen. Nicht gleich mit 180/min und einem langen Lauf anfangen! Leichte Oberkörpervorlage und schneller treten!
Die Erhöhung der Schrittfrequenz zeigte also direkt einen Anstieg des Effizienzindex (EI). Ganz interessant sind folgende Faktoren, die wir außerdem direkt durch eine Änderung des EI erkennen können.
Ermüdung und Erholung
Wie bereits erwähnt, wird es ab einer bestimmten Intensität immer schwieriger, effizient zu laufen. Größtenteils liegt das an der muskulären Ermüdung. Dennoch kannst du schon ermüdet sein, bevor dein Wettkampf oder dein Training überhaupt begonnen hat. Verschleppte Ermüdung von zurückliegenden Trainingseinheiten kann die Effizienz erheblich beeinträchtigen. Das betrifft nicht nur die Muskulatur selbst, auch die Steuerfähigkeit des Gehirns kann in Mitleidenschaft gezogen werden. In diesem Fall sprechen wir von neuromuskulärer Ermüdung. Verfolgst du deinen EI über einen längeren Zeitraum, kannst du daran ziemlich schnell die Ermüdung erkennen. Selbst wenn du die Geschwindigkeit im Training halten kannst, wird die benötigte Leistung in Watt ansteigen, der EI sinkt.
Verletzungen
Auch Verletzungen beeinträchtigen die körperliche Leistungsfähigkeit. Aber was, wenn du genau sehen könntest, wie stark diese Beeinträchtigung ausfällt? Was, wenn der EI-Wert dich warnen könnte, dass eine Verletzung kurz bevorsteht? Vielleicht laborierst du gerade an einer Verhärtung der Oberschenkelrückseite oder in den Waden. Selbst wenn du glaubst, die Spannung in der Wade wäre nicht weiter schlimm, kann das Power Meter dir sagen, was wirklich los ist. Die Möglichkeit, Verletzungen im Auge zu behalten – sowohl aktuelle als auch solche, die sich eventuell gerade anbahnen, macht dieses kleine Gerät so interessant und wertvoll. Bereits kleine Verspannungen, Verhärtungen, Prellungen, Reizungen führen zu Ausweichbewegungen und einer veränderten Geometrie. Diese Ausgleichsbewegungen machen sich in zusätzlich in vertikaler und lateraler Richtung aufgebrachter Energie bemerkbar. Bei gleicher Gesamtleistung ist die Leistung in horizontaler Richtung (Laufrichtung) geringer, du läufst langsamer. Um zu bemerken dass du langsamer läufst, reicht sicher auch eine Stoppuhr. Wenn du allerdings erkennst, dass das geringere Tempo mit nahezu gleicher Gesamtleistung erbracht wird, dann ist dies ein Warnzeichen in Richtung einer Verletzung.
Werte wie die normalisierte Leistung, den Effizienzindex oder den Intensitätsfaktor betrachte ich mir persönlich sofort nach jedem Training. Natürlich noch einige mehr, aber dazu kommen wir später.
In der nächsten Woche schauen wir uns den Einsatz der Leistungsmessung zur Trainingssteuerung an.
Stryd-Leistungsmesser anschauen!
Quelle: Jim Vance (Wattmessung für Läufer)
Hier findest du alle Newsletter zum Thema Leistungsmessung und Stryd-Leistungsmesser: