An dieser Stelle betrachten wir Woche für Woche vor allem Dinge die dein Training betreffen. Wir schauen auch auf Aspekte der Wettkampfvorbereitung, Ernährung und vergessen nicht Maßnahmen zur Regeneration wie den Eiweißshake nach dem Training, Massage und Physiotherapie, Dehnung, Eisbäder, Ernährung allgemein, Faszien-Massage mit der Blackroll oder Sauna zu erwähnen. Die wohl wichtigste Maßnahme zur Regeneration haben wir aber noch nicht betrachtet:
deinen Schlaf!
Ich möchte und kann das Thema an dieser Stelle gar nicht ausführlich behandeln. Dies ist in ein oder zwei Newslettern auch gar nicht möglich. Die meisten Emails bekomme ich nicht von Läufern bei denen es rund läuft, sondern verständlicherweise von Läuferinnen und Läufern bei denen es irgendwo hakt. Sie sind platt (angeblich vom Training) und kommen nicht mehr an ihre Trainingsvorgaben heran. Oft kommt man dann auf Nachfrage auch schnell zum Punkt von zu viel Stress (beruflich, privat) und deutlichem Schlafmangel. Daher möchte ich dich an dieser Stelle sensibilisieren, durch einen erholsameren Schlaf für eine bessere Regeneration und damit für eine höhere Leistungsfähigkeit im Training, Wettkampf aber natürlich auch im Alltag zu sorgen.
Etwa 80% der berufstätigen Deutschen leiden teilweise und mehr oder weniger häufig unter Schlafstörungen und Schlafmangel. Dabei ist es häufig ein Teufelskreis. Stress lässt einen nicht zur Ruhe kommen und hindert uns am Einschlafen und am Tiefschlaf. Fehlender Tiefschlaf oder zu wenig davon wiederum verhindert den Abbau des Stresshormons Cortisol.
Schlafstörer sind vor allem:
- Übergewicht
- Bewegungsmangel
- Alkohol (hindert nicht unbedingt am Einschlafen, vermindert aber oft die Qualität des Schlafes)
- Koffein am Abend
- zu spätes Training am Abend
- Stress, der dein Gedanken-Karussel nicht stoppen lässt
- künstliches, blaues Licht am Abend oder kurz vor dem Schlafen gehen (Fernseher, Laptop, Handy &. Co).
Mit den ersten zwei Punkten haben wir Läufer in der Regel nicht zu kämpfen. Mache dir aber folgendes klar: während des Schlafes, vor allem in den Tiefschlaf- und REM-Phasen finden die so wichtigen Muskelaufbau- und Reparaturprozesse, aber auch neuronale Umstrukturierungen statt. In dieser Zeit erholt sich der Körper vom harten Training und vom Stress des Tages. Es werden Reize und Impulse verarbeitet. Während der nächtlichen Ruhephase ist zudem das glymphatische System aktiv. Es transportiert die während des Tages im Gehirn produzierten toxischen Verbindungen abgestorbener Zellen ab. Nur so ist der Kopf am nächsten Tag wieder voll funktionstüchtig ist.
Warum ist das so? In der Nacht (und nur in der Nacht) wird das Wachstumshormon HGH ausgestoßen. Dies ist unser Jungbrunnen, welcher für sämtliche Regenerations- und Reparaturprozesse im Körper zuständig ist. Es führt auch zum Abbau des Stresshormons Cortisol. Schlafmangel verhindert nicht nur die Senkung des Cortisol-Spiegels, sondern führt in einem ewigen Kreislauf im Laufe der Zeit zu einem immer höheren Cortisol-Wert im Blut.
Generell kann man sagen: Je intensiver die Belastung, desto höher der Schlafbedarf! Wie viel Schlaf jeder Einzelne braucht, ist allerdings höchst individuell. Die reine Stundenzahl macht allein noch keinen guten Schlaf aus. Empfohlen wird inzwischen eine Dauer von 7-8 h Schlaf pro Nacht in mindestens fünf Zyklen. Entscheidend dabei ist allerdings die Qualität des Schlafes. Nur wer auf guten Schlaf achtet, kann ausreichend regenerieren, Muskeln aufbauen und seinen Körper so wieder auf die nächste Trainingseinheit vorbereiten.
Welche Auswirkungen hat Sport auf den Schlaf?
Regelmäßige Bewegung, vor allem an der frischen Luft, tut dem Körper gut. Diesen Vorteil sollten wir Läufer schon mal vor allen Nichtläufern haben. Wer jedoch erst sehr spät am Abend trainiert, riskiert einen kurzen, unruhigen Schlaf. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Sessions nach 20 Uhr den Körper bis spät in die Nacht hinein negativ beeinflussen.
Der Körper stößt das Stresshormon Cortisol sowie Adrenalin aus. Das ist zunächst erwünscht, da es uns gut trainieren lässt. Leider stört es in der Folge aber die körpereigene Produktion des Schlafhormons Melatonin. Dadurch schlafen man durch ein (intensives) Training am Abend häufig schlecht ein und durch.
Wann ist nun also der beste Zeitpunkt für das Training? Die sogenannte individuelle biologische Uhr (Chronotyp) hat einen maßgeblichen Einfluss darauf, zu welchem Zeitpunkt ein Sportler sein volles Leistungspotenzial abrufen kann. Grundsätzlich gilt jedoch: Besser früher als später trainieren, wenn der Zeitplan es zulässt.
Zitat Dr. Strunz aus "Das Schlaf-Gut-Buch": "Eine Studie der Uni Michigan bestätigt: Wer sich tagsüber im Sonnenlicht aufhält, geht früher ins Bett und schläft länger. Mehrfacher Nutzen: mehr Sonnenvitamin D, mehr Schlafhormon in der Nacht. Und wegen der längeren Nacht auch mehr Wachstumshormon, das wichtigste Heilhormon überhaupt. Bewegung ist also richtig. Bewegung draußen ist noch viel richtiger. Wer in der Nacht gut schlafen will, muss im Sonnenlicht laufen."
Die Schlafroutinen von Spitzensportlern
Schlaf ist ein absoluter Leistungsfaktor und damit das „Geheimrezept“ erfolgreicher Sportler. In dieser Phase werden tagsüber aufgenommene Informationen verarbeitet und konsolidiert, das Immunsystem auf Vordermann gebracht und psychomotorische Abläufe verinnerlicht. Ja, während der Tiefschlaf- und REM-Phasen lernt man! Tiefschlaf ist charakterisiert durch die maximale Freisetzung von Wachstumshormon.
Guter Schlaf steigert die Leitungsfähigkeit auch in Koordination und Konzentration. Forscher konnten zeigen, dass sich beispielsweise die 3er-Trefferquote bei Basketball-Spielern nach einer nächtlichen Ruhephase von mindestens zehn Stunden um neun Prozent erhöhte. Auch Tennisspieler steigerten ihre Treffsicherheit nach einem achtstündigen Schlaf deutlich gegenüber jenen, die unter Schlafrestriktion litten.
Auch das Verletzungsrisiko ist eng mit der Regeneration verknüpft. Harvard-Wissenschaftler fanden heraus, dass sich Athleten, die weniger als acht Stunden pro Nacht schliefen, deutlich wahrscheinlicher verletzten. Die Studie ergab, dass die Anzahl der geschlafenen Stunden pro Nacht maßgeblich über die Verletzungsrate entscheidet. Schlaf ist dabei ein noch größerer Indikator, als die Anzahl der trainierten Stunden. Und woran liegt das? Ein müder Sportler reagiert potentiell langsamer. Du kannst einfach deine eigenen Leistungen nicht mehr einschätzen und neigst zu Überanstrengung, sodass das Verletzungsrisiko stark ansteigt. Auch dies ist für uns Läufer interessant! Hast du öfter mit Verletzungen zu kämpfen, dann schaue dir deinen Schlaf genauer an. Ist trotzdem eine Verletzung während dem Sport entstanden, ist Schlaf auch ein entscheidender Faktor für die Regeneration.
Routinen sind gerade im Leistungssport absolut entscheidend, um das Leistungsniveau sicherzustellen bzw. in die Superkompensation zu kommen.
Dabei haben sich die unterschiedlichsten Methoden entwickelt. Das wohl interessanteste Schlafverhalten legt Weltfußballer Cristiano Ronaldo an den Tag. Der schläft polyphasisch, also nicht einmal acht bis neun Stunden am Stück. Er splittet seine Schlafeinheiten in fünf Abschnitte, die jeweils 90 Minuten dauern, auf. Das Ganze über den Tag verteilt, angepasst an seinen Tagesablauf. Damit kommt er auf nur 7,5 Stunden am Tag. Ungewöhnlich und wohl nur für die wenigsten tatsächlich umsetzbar. Aber der Erfolg gibt ihm Recht.
Der Tennisstar Roger Federer aus der Schweiz setzt das Thema als absoluter Schlaf-Liebhaber ganz anders um. Er ist ein echter Langschläfer und nimmt sich elf bis 12 Stunden am Tag Zeit, um das intensive Training zu verarbeiten.
Auch der frühere australische Marathonläufer Robert de Castella betrieb einen ausgeprägten Schlafkult. Dieser war ihm heilig. So beschreibt er in seinem Buch sehr anschaulich die negativen Auswirkungen von Schlafmangel auf seine Leistungsfähigkeit in der Phase, in der er seine Frau kennenlernte. Sie zogen längere Zeit um die Häuser und unterhielten sich nächtelang. Die folgenden Wettkämpfe endeten für ihn im sportlichen Desaster.
Erling Haaland, der norwegische Wunderknabe von Borussia Dortmund, beschrieb bereits mit seinen 20 Jahren sein Erfolgsrezept in einem Interview so: "Gut Essen und gut schlafen!"
Die Wichtigkeit der Regeneration durch Schlaf kannst gerade an der aktuelle laufenden Tour de France der Radprofis studieren. Am Beginn der Tour gestürzte Fahrer haben im Verlauf des Rennens so gut wie keine Chance mehr. Sicherlich beeinträchtigen die zugezogenen Verletzungen die Bewegungsabläufe. Viel entscheidender ist aber, dass man mit Prellungen und Hautabschürfungen oft Schmerzen beim liegen hat, bzw. Nicht weiß wie man liegen soll. So kommt der Körper nicht zur Ruhe, die Regeneration der Nacht fehlt und während der nächsten Etappen geht dann meist nichts mehr.
Melatonin, das Schlafhormon
Was lässt uns denn nun gut schlafen? Es ist das Schlafhormon Melatonin. Melantonin entsteht aus Serotonin, dies wiederum aus Tryptophan. Eine Aminosäure, also Eiweiß! Tryptophan kannst du als NEM zu dir nehmen. Das Schlafhormon Melatonin wiederum stimuliert die Ausschüttung des Wachstumshormons HGH. Wie kommt es zur Ausschüttung von Melatonin? Schauen wir uns dazu dem umgekehrten Prozess des Aufwachens an:
Es ist Sonnenaufgang, das Tag-Nacht-Melde-Protein Melanopsin registriert das Licht und gibt diese Information an unsere innere Uhr, die "Master-Clock" weiter. Diese reguliert des Tag-Nacht-Rhythmus. Von dort gelangt das Signal "es ist Tag" an die Zirbeldrüse, in der das Melatonin ausgeschüttet wird. In diesem Fall, bei Sonnenaufgang, wird die Melantonin-Produktion eingestellt, weil die Enzyme die für den letzten Umwandlungsschritt verantwortlich sind, auf Stillstand schalten. Umgekehrt funktioniert es zur Nachtruhe genauso. Dazu bedarf es durch das Melanopsin das Signal „jetzt ist es dunkel“. Das ungünstige an der Angelegenheit ist, dass ein kleiner Lichtreiz ausreicht, um den Prozess der Melatonin-Bildung zu unterbrechen. Daher verzichte vor dem Schlafengehen darauf, nochmal dein Handy zu checken. Dieses blaue Licht ist ein wahrer Melatonin-Killer. Kurz gesagt kann man sagen:
Viel Melatonin = viel Wachstumshormon = Tiefschlaf = Heilschlaf!
Warum schlafen eigentlich Kinder meist besser als Erwachsene? Weil bei ihnen die Konzentration des Schlafhormons in der Nacht um den Faktor 12 ansteigt. Bei älteren Menschen oft nur noch um den Faktor 3.
Schlaf braucht Sauerstoff und Energie! Energie für die Vielzahl der nächtlichen Reparatur- und Regenerationsprozesse. Woher kommt die Energie? Aus dem ATP, freigesetzt in den Mitochondrien. Spätestens jetzt sollte es bei dir klingeln! Da war doch etwas. Richtig, die Mitochondrien-Strategie. Zur Energiebereitstellung braucht es natürlich wie bei jedem Dauerlauf massiv Sauerstoff.
GABA
Einen wichtigen Einfuß auf deinen Schlaf hat GABA (Gamma-Aminobuttersäre). Es ist mit 30% der häufigste und einer der wichtigsten Neurotransmitter im Gehirn. GABA wirkt entspannend und beruhigend, ermöglicht klares Denken und Fokussierung und zählt zu den natürlichen Anti-Stress-Mitteln. Zur Produktion von GABA wird Glutamat (in vielen Lebensmitteln enthalten) benötigt. Dies ist eine Vorstufe von GABA, die dann im Gehirn in die wertvolle Aminosäure umgewandelt wird. Angeregt wird die Produktion von GABA wiederum durch das Glückshormon Serotonin. Dieses entsteht aus Tryptophan und Zink. Hast du Schwierigkeiten beim Einschlafen? Das könnte für einen für einen GABA-Mangel sprechen.
So kannst du deine Schlafqualität verbessern
Schlafen kann gelernt werden. Das Lesen eines Buches, das Hören entspannungsfördernder Musik, aber auch sanfte Yoga-Übungen oder Meditation können dabei helfen, abends langsam runterzufahren. Wichtig ist der Verzicht auf künstliches, blaues Licht am Abend. Es strahlt vom Fernseher, Laptop oder Smartphone ab und lässt den Körper weniger des Schlafhormons Melatonin produzieren. Wird das dringend nötige Melatonin-Level nicht erreicht, regenerierst du deutlich schlechter. Die Folge ist, dass du gerädert aus dem Bett steigst und kaum deine maximale Leistungsfähigkeit erreichst.
Auch der Zeitpunkt des Schlafengehens spielt eine entscheidende Rolle bei der Regeneration. Für die meisten Sportler gilt: zwischen 22 und 23 Uhr ist ein idealer Zeitpunkt. Wissenschaftliche Untersuchungen weisen darauf hin, dass unter diesen Voraussetzungen am meisten Wachstumshormon HGH ausgeschüttet wird.
Hier noch einmal die hilfreichsten Tipps für einen erholsamen Schlaf kurz zusammengefasst:
- Raum gut abdunkeln oder Schlafmaske tragen
- Für ausreichend Sauerstoffzufuhr sorgen
- Ruhige Umgebung herstellen oder Ohrenstöpsel tragen
- Fünf Stunden vor dem Schlafengehen kein Koffein mehr konsumieren
- Eine Stunde vor dem Schlafengehen kein künstliches blaues Licht mehr (Displays)
- Nicht zu spät und möglichst bei Tageslicht trainieren
- Alkohol vermeiden
- Tryptophan (Serotonin-Bildung!) und Magnesium (Salz der inneren Ruhe) als NEMs
- GABA-Produktion ankurbeln (Glutamat)
Fazit
Schlaf ist einer der wichtigsten Hebel für deinen sportlichen Erfolg und Leistungsfähigkeit im Alltag. Er sorgt für eine Erholung der Muskeln, das Abspeichern neuer Informationen und den langfristigen Erhalt der Leistungsfähigkeit und des Wohlbefindens. Bessere Trainings- und Wettkampfresultate und weniger Verletzungen sind die Folge. Natürlich können wir an dieser Stelle nicht alle Aspekte, Abläufe und Einflüsse auf deinen Schlaf betrachten. Auch die Ernährung, vor allem die Versorgung mit Eiweiß, Fett, Vitaminen und Mineralien spielt auch hier wieder eine große Rolle. Das ist ein komplexes Thema, welches leicht 10 Newsletter füllen könnte. Ich wollte dich heute lediglich dafür sensibilisieren, auf deinen Schlaf zu achten. Zu diesem Zweck empfehle ich dir "Das Schlaf-Gut-Buch" von Dr. Strunz. Dort findest du alles sehr detailliert beschreiben und mit den entsprechenden Hinweisen zur Problemlösung.
Quellen:
Dr. med. Ulrich Strunz: Das Schlaf-Gut-Buch
https://www.brain-effect.com/magazin/schlaf-sport-regeneration
https://www.brain-effect.com/magazin/schlaf-guide-tipps-zum-einschlafen