In den letzten beiden Wochen haben wir uns mit Aminosäuren und Eiweiß beschäftigt. Genug davon im Blut zu haben entscheidet über Gesundheit, körperliche und geistige Leistungsfähigkeit und maximales Wohlbefinden. Natürlich auch über die sportliche Leistungsfähigkeit bei uns Läufern. Stichwort BCAA, die verzweigtkettigen Aminosäuren („branched chain amino acids“). Dies sind die drei der essentiellen Aminosäuren Leucin, Isoleucin und Valin. Entscheidend für muskuläre Ausdauer und körperliche Ausdauerleistungsfähigkeit.
Wir könnten jede Aminosäure einzeln betrachten und wären bezüglich ihrer Wirkung überrascht. Taurin bringt Energie, Ausdauer beim Joggen, Energie bei geistiger und körperlicher Arbeit und steigert die Fettverbrennung. Taurin (in Red Bull enthalten!!) schenkt dir pure Energie. Tyrosin bringt Lebenslust. Es wird im Körper erst in Dopamin (das Antriebshormon) und dann in Noradrenalin, das positive Stresshormon, umgewandelt. Bomber-Piloten im Falkland-Krieg bekamen Tyrosin, hochdosiert. Warum wohl?
Interessanterweise gibt es viel mehr Studien über die Auswirkung einzelner Aminosäuren auf die Gesundheit von Tieren als auf die des Menschen. Verbände der Landwirtschaft geben an Universitäten Studien in Auftrag. Warum? Der Grund ist simpel: Geld! Für die Landwirte ist es von elementarer Bedeutung ihre Tiere maximal gesund zu halten um bestmögliche Zuchterfolge zu erzielen. Die kennen sich da richtig aus. Beim Menschen wird mit Krankheit Geld gemacht. Medikamente und Krankenhaus-Aufenthalte bringen mehr als der Verkauf von Aminosäuren.
Glaubst du nicht? Nach einer Mail von einem Greif-Club-Mitglied musste ich mich erstmal setzen. Er hatte vor Wochen ein Aminogramm-Selbsttest gemacht und dabei einen massiven Glutamin-Mangel festgestellt. Nach dem "Auffüllen" wollte er jetzt von seinem Hausarzt erneut den Glutamin-Wert bestimmen lassen und bekam einen Test auf Gluten-Unverträglichkeit! Tja.
Aber darum sollte es heute gar nicht gehen. Sondern um das für uns Läufer sehr hilfreiche L-Carnitin, welches immer wieder unterschätzt wird und in Vergessenheit gerät. L-Carnitin ist die Verbindung der zwei essentiellen Aminosäuren Methionin und Lysin. Wir haben an dieser Stelle schon mehrfach darüber geschrieben. Leider werden so wichtige Artikel gern übersehen und ich bekomme reihenweise Emails zum Thema Muskelkater, Regeneration oder auch Abnehmen. Die Anwort findet sich aber schon im Newsletter-Archiv.
L-Carnitin ist enthalten in rotem Fleisch, insbesondere in Schaf- und Lammfleisch, Rind, Schwein und Wild. Auch in Seelachs, Hering oder Pfifferlingen. Natürlich auch in "gutem" Eiweißpulver.
Was bewirkt L-Carnitin?
Leistungssteigerung: Cooper (1986) und Swart (1997) wiesen in Studien an Marathon-Läufern deutliche Leistungssteigerungen nach täglicher Gabe von L-Carnitin nach.
Weniger Muskelkater: Wer L-Carnitin aufnimmt, trägt zu einer besseren Versorgung der Muskulatur während der Belastung bei. Mit dem Effekt, dass z.B. der Muskelkater spürbar geringer ausfällt. Der Grund: Die Fläche geschädigter bzw. gerissener Muskelfasern ist mit L -Carnitin nicht einmal halb so groß wie ohne L-Carnitin. Wer weniger Muskelkater spürt, kann schneller wieder trainieren.
Schnellere Regeneration: Klar, weniger Muskelkater ist für die Regeneration die halbe Miete. L-Carnitin wirkt auch direkt auf die Mitochondrien (Fettverbrennung) und sorgt auch so für eine deutlich schnellere Regeneration. Es gibt viele Berichte von Extrem- und Mehrtages-Wettkämpfen (Etappenläufen), bei denen L-Carnitin eine wichtige Rolle spielte, am nächsten Tag wieder fit zu sein. Oder auch für das "tägliche" Training, um sich am nächsten Tag wieder frisch zu fühlen.
Fettverbrennung: L-Carnitin ist der Stoff (essentiell), der die Fetttröpfchen in die Zelle transportiert, damit die dort verbrannt werden können. Ohne L-Carnitin keine Fettverbrennung. So wichtig für Langstreckenläufer. Studien haben außerdem gezeigt, dass Menschen auf dem Abnehm-Trip mit L-Carnitin deutlich schneller Gewicht verlieren. Wenn du noch einiges zu viel auf den Rippen hast, dann kann dir L-Carnitin helfen. Natürlich auch um öfter zu laufen, ohne den verhassten Muskelkater.
Um hier heute nicht noch einmal alles komplett zu wiederholen, den gesamten früheren Carnitin-Artikel findest du hier.
Bleibt wie immer die Frage, wie viel davon nehmen? Das hat Dr. Strunz im o.g. Artikel sehr treffend wie folgt zusammengefasst:
"Schreibt mir soeben einer ganz stolz, dass er jetzt eine amerikanische Carnitintablette mit 250 mg täglich einnehmen würde. Ach du meine Güte. Unter vier Augen, in der Praxis fange ich in diesem Moment immer an, über Volksschule zu murmeln. Über die Grundrechnungsarten. Über das kleine Einmaleins.
Den Menschen ist einfach nicht klar, dass sie täglich pro 100 Gramm Eiweiß sowieso 10 Gramm Lysin plus Methionin zu sich nehmen. 10 Gramm! Was sollen da zusätzliche 250 mg bewirken? Naja: Nix!
Wenn Carnitin wirken soll, sollten's dann schon ein paar zusätzliche Gramm sein. Sagt der gesunde Menschenverstand."
Dementsprechend nehme ich persönlich seit einigen Wochen je nach Training täglich 6-9 g L-Carnitin in flüssiger Form. Auch in einer Portion meines täglichen Eiweiß-Shakes sind ca. 3 g Methionin + Lysin enthalten.