Wohlfühl-Tempobereiche
Irgendwie haben wir alle so zwei Tempobereiche in denen wir uns wohlfühlen. Einmal unser gewöhnliches Dauerlauftempo und zum anderen das des Tempodauerlaufes - oder Marathon-Wettkampftempos. Wer diese Strecken nicht läuft, hat in diesem Fall einen anderen Tempobereich, der durch seine Hauptwettkampfstrecke festgelegt wurde.
Ich möchte mich aber heute speziell auf das Halb- und Marathon-Renntempo beziehen. Dieses Wohlfühlen in einem Geschwindigkeitsbereich geht so weit, dass einige von uns nur noch dieses eine Tempo im Wettkampf kennen. Ungezählte laufen auf Halb- und Marathon das annähernd gleiche Tempo. Wenn man diese Läufer(innen) fragt: "Wieso läufst Du denn über die 21,1 km nicht schneller?" Dann kommt die Antwort: "Ich will ja, aber das geht nicht. Wenn ich versuche schneller zu laufen, dann falle ich bald wieder zurück in mein Tempo."
Wie kommt so etwas? Sind diese Leute unbegabt? Mitnichten, sie haben nur einige Fehler in Ihrer Entwicklung gemacht. Eine solche typische Läufer(innen)- Entwicklung läuft so ab: Irgendwann fängt eine Person - meist im Alter zwischen 30 und 40 Jahren - mit dem Laufen an, kommt dann an ihren ersten Wettkampf, trainiert nachfolgend mehr oder minder gezielt. Die Wettkampfresultate werden zunehmend besser, das Trainingstempo höher, aber das Alter schreitet auch fort. Irgendwann kommt es zu einer Stagnation von Leistung und Trainingstempo. Natürlich trainiert der oder die Betroffene(n) weiter, aber ab diesem Zeitpunkt wird das Lauftempo stereotyp. Wer jetzt nicht den "großen Hammer" auspackt, um die Tempogleichförmigkeit zu brechen, hat verloren.
Stereotypie im Wettkampf
Wer weiter macht im alten Trott, empfindet das als sehr angenehm, denn Gehirn und Muskeln lernen diesen Bewegungsablauf in geradezu großartiger Manier zu beherrschen. Der Kraftaufwand für das "Wohlfühl-Tempo" wird immer geringer. Genauso stereotyp wird aber auch das Wettkampf-Tempo. "Ausbruchsversuche" gehen meist über die Erhöhung des Trainingsumfangs. Meist kommt dabei wenig heraus, denn die Umfangserhöhung wird meist zögerlich und zu vorsichtig angesetzt. Es bleibt in der Regel bei gleichen Wettkampfleistungen, denn der Alters-Leistungs-Rückgang "frisst" diesen Zuwachs wieder auf. Die Folge: Es geht immer weiter im persönlichen Gleichschritt. Versuche, im Rennen aus der eigenen Stereotypie auszubrechen, enden meist mit einem Desaster. Muskeln und Gehirn sind sich einig: "Das können wir nicht, das haben wir nicht gelernt!" Dem Versuch folgt nämlich eine Unkoordination des Bewegungsablauf mit einem höheren Energieaufwand. Das wird dem Betroffenen schnell bewußt, denn er läuft sich in die Übersäuerung und geht ganz schnell wieder auf "sein Tempo" zurück. "Ach ja, das ist richtig, das können wir!"
Raus aus der Stereotypie-Falle
Nicht alle landen in dieser Stereotypie-Falle, die meisten merken was da vor sich geht und handeln. Andere trainieren so, dass es nicht zu der Festsetzung einer gleichförmigen Laufgeschwindigkeit kommt. Wer nach unseren Plänen trainiert, dem passiert das ganz sicher niemals. Ein großer Teil des so überragenden Erfolges der Greif-Club-Trainingspläne liegt wohl auch darin, dass der Plan die Nutzer aus ihrer Stereotypie herausgeholt.
So bleibt ein ganz gewisser Typus von Läufer(in) über, der oder die in der Gruppe meist sehr beliebt ist. Den diese Person "zieht" nicht, legt sich nicht mit anderen in Spurts an, hat keine "große Klappe" und fährt auch schon einmal den Typen an, der vorne wieder Tempo macht.
Schnell laufen und Tempo variieren
Dennoch werden diese Läufer(innen) es nicht gerne haben, sich nicht im Wettkampf-Feld bewegen zu können. Was ist dagegen zu tun? Klare Antwort: Schnell laufen und Tempo variieren. Wenn ich selbst lange Zeit nicht richtig trainiert habe, nur im "Wohlfühltempo" gelaufen bin, dann endet jeder Versuch schneller zu laufen mit einem Desaster. Wenn Ihnen das genau so geht, dann verrate ich Ihnen ein Geheimnis. Es gibt einen Trick, dieses Desaster zu überlisten. Beginnen Sie nicht ihr Tempo langsam zu steigern, sondern kommen Sie von "oben". Das Geheimnis sind 200 m Läufe im vollen Tempo. 10 Stück davon zweimal die Woche helfen Ihnen die Stereotypie zu brechen. Schon nach 2 Wochen werden Sie ein Wunder erleben.
So gehen Sie vor: Laufen Sie sich warm, legen Ihre Strecke fest (geht auch mit ungefähr 200 m auf der Straße oder im Wald) und rennen die 200 m so schnell Sie können. Am Ende gehen Sie 100 m und traben (joggen) dann weitere 300 m und machen den nächsten 200 m-Lauf. Halten Sie Ihre Zeit fest und stellen Sie sich auf einen gewaltigen Muskelkater ein. Bekommen Sie diesen nicht, haben Sie sich auch nicht entscheidend genug bemüht. Trotzdem verspreche ich Ihnen eines: Sie werden schon nach kurzer Zeit bemerken, dass es Ihnen leichter fällt eine höheres Dauerlauftempo zu absolvieren.