Was genau ist eine Steigerung?
Sie werden sicher einmal etwas von Steigerungen gehört haben. Sind Sie sich eigentlich sicher, was eine Steigerung nun genau ist? Wenn ich so das Verhalten einiger im Training sehe und die Anfragen zu diesem Thema betrachte, dann liegt der Verdacht nahe, dass das kollektive Wissen der Läufergemeinschaft über Steigerungen ziemlich schwammig ist.
Grundsätzlich wird bei einer Steigerung aus einem Tempo X heraus die Geschwindigkeit gleichmäßig bis zu einem Tempo Y erhöht. Dass dies so ist, weiß so ziemlich jeder, der schon einmal einen Sportplatz vom Rasen aus gesehen hat. Damit erschöpfen sich aber die Gemeinsamkeiten. Die Damen und Herren aus dem oberen Leistungsbereich kennen meist nur eine Form, das ist die deutsche Brachialsteigerung. Diese wird immer dann eingesetzt, wenn mehrere Läufer(innen) gemeinsam starten.
Das sieht dann so aus: Nach dem Startkommando und einigen Metern einer behutsamen Tempoerhöhung dreht einer der Herren (immer die!) so richtig auf und holt durch einen kraftvollen Antritt ein paar Meter raus. Alle anderen "knallen" hinterher und aus der Steigerung wird ein Sprint bis zum festgelegten Ziel. Der Sieger, meist einer der sonst beim Tempolauf die eigenen Überrundungen zählt, streckt die Faust in die Luft und sieht sich triumphierend um.
Leicht-Steigerung
Alles menschlich und auch kein Problem. Aber es geht auch anders! Ich möchte Ihnen heute mit der Leicht-Steigerung eine Trainingsform vorstellen, die Sie gerade jetzt in dieser Jahreszeit einsetzen sollten. Diese Übung dient besonders in der augenblicklichen Regenerationszeit, in der doch ziemlich langsam gelaufen wird, dazu Ihre Schnelligkeit zu erhalten. Schnelligkeit geht in Phasen der relativen Ruhe deutlich rascher verloren als die Ausdauer. Besonders ältere Läufer(innen) sollten tunlichst dafür sorgen ihren "Speed" zu erhalten.
Vorteile der Leicht-Steigerung
Gerade Steigerungen sind ideal zur Erhaltung dieser Fähigkeit. Nun ist es aber nicht so, dass wir nicht nur einen einzigen Tempobereich erhalten müssen, sondern es ist eine ganze Bandbreite in der wir Wettkämpfe laufen. Als Erinnerungsreiz an unseren Organismus sollte darum bei einer Steigerung auch alle diese Tempobereiche angesprochen werden. Es nützt Ihnen wenig, wenn Sie schon nach wenigen Metern Steigerung im Sprintbereich sind. Das ist zur jetzigen Zeit auch völlig unerwünscht, weil Sie sich auch in den anaeroben Berech hinein laufen und dann erst einmal einen km lang überschüssiges Laktat mitschleppen.
Wie funktioniert die Leicht-Steigerung
Laufen Sie lieber eine Leicht-Steigerung. Dazu gehst Du folgendermaßen vor (ich verfalle jetzt in das Du, weil bis hier hin so und so niemand liest, der kein Interesse am Laufen hat): Du suchst Dir auf Deiner Trainingsstrecke einen etwa 100 m langen Abschnitt aus, der ganz leicht fällt. Du legst Start und Ziel fest. Aus Deinem ganz normalen Trainingstempo beginnst Du Dich zu steigern, dies aber mit einer möglichst exakten Gleichmäßigkeit. Wenn Du Dein Tempo grafisch auftragen würdest, sollte dabei eine schnurgerade Linie heraus kommen. Visualisiere das vorher unbedingt! Am Ziel sollte Deine Geschwindigkeit nur wenig höher sein, als das schnellste von Dir angestrebte Wettkampftempo. Sprinttempo ist zu meiden, dass kommt später in der Saison.
Du bekommst das am besten hin, wenn Du am Ende nicht die Frequenz erhöhst, sondern Deine Schrittlänge maximal ausnutzt, damit hast Du dann auch noch einen zusätzlichen Krafttrainings-Effekt. Nach dieser eingeschobenen Übung fällst Du sofort in Dein normales Dauerlauftempo zurück und bereitest Dich auf die nächste Steigerung einige km weiter vor.
Leicht-Steigerung auf leichtem Gefälle
Warum nun aber soll eine Leicht-Steigerung auf einem leichten Gefälle gelaufen werden? Der Grund ist, dass Du Dir in der jetzigen Regenerationszeit Schonung auferlegen solltest. Auf einem leichten Gefälle setzt Du den Tempoerhaltensreiz durch die Steigerung mit weniger Kraftaufwand als auf einer Geraden oder gar auf einer Steigung.
Solche leichten Gefälle findest Du auch im Flachland z.B. im Verlauf eines Bach-/Flusslaufs auf parallel laufenden Wegen oder hinten eine Brücke herab. Hüte Dich aber vor Gefällen von über 5 %! Gerade der geforderte lange Schritt und starkes Gefälle sind prächtige Knorpelkiller.
Wenn Du auf Deiner Runde 3 bis 5 Abschnitte gefunden hast, auf denen Du Deine Steigerungen absolvierst, ist das schon genug um Deine Tempofähigkeiten zu erhalten. Setze dieses Training zwei bis drei Mal in der Woche ein.