Langjährige Greif-Club-Mitglieder und Newsletter-Leser kennen diese Trainingsform noch aus den letzten Jahren. Wenn du zu den neuen Lesern gehörst und weder regelmäßig in unserem Newsletterarchiv oder unserem Laufberater stöberst, dann wirst du diese doch sehr wirkungsvolle Trainingseinheit noch nicht kennen.
Warum möchte ich nochmal darauf eingehen? Wie gesagt zum einen kennen viele diese „Wundereinheit“ noch nicht, zum anderen weiß ich von vielen Club-Mitgliedern, dass sie stattdessen oft doch lieber gleichmäßige Intervalle gelaufen sind, wenn diese Einheit im Plan stand. Auch bekomme ich regelmäßig Emails in denen es um die Frage des negativen Splits (also die Beschleunigung im 2. Teil des Rennens) bzw. die Entwicklung des Tempogefühls geht. Immer wieder höre ich "ich konnte hinten heraus einfach nicht mehr beschleunigen" oder "ich musste permanent das Tempo kontrollieren und beschleunigen oder bremsen".
Ich gebe zu, ich bin diese Einheit früher auch nicht gern gelaufen. Sie ist nicht einfach zu laufen, erfordert einiges Mitdenken und Kommunikation mit der Laufuhr. Das war wohl auch der Grund, warum ich die Tempoflex-Einheit im jetzt zu Ende gehenden Trainingsjahr nur noch einmal in unsere Pläne aufgenommen haben. Sehr zu unrecht. Da ich versuche, mich im Rahmen meines Projekts in Form zu bringen, bin ich letzte Woche diese Einheit gelaufen und bin grandios gescheitert ;-) Ganz so schlimm war es zwar nicht, aber es wurde unrhytmischer als vorgesehen und am Ende nicht exakt so schnell wie es sein sollte. Daraufhin habe ich erkannt woran es oft läuferisch mangelt. Nicht nur mir. Eben an den oben erwähnten Fragen. Wir sollten nicht das immer wieder trainieren was wir schon können. Nein, wir sollten an unseren Schwächen arbeiten. Das ist nicht immer angenehm, bringt uns aber unseren Traumzeiten sehr viel näher.
Aber der Reihe nach. Das Tempoflex-Training wurde von Peter Greif ca. 1997 entwickelt. Die ausführlichen Hintergründe kannst du in folgenden Artikeln bzw. Newsletter-Beiträgen nachlesen:
- Weg mit dem Schlappschritt
- Tempoflex-Training
- Tempohärte durch Tempoflextraining (Teil 1)
- Tempohärte durch Tempoflextraining (Teil 2)
In den genannten Artikeln kannst du dich über alle Feinheiten informieren. Daher hier nur noch einmal das Wichtigste kurz zusammengefasst. Worum geht es? Diese Einheit zielt darauf ab, das allgemeine Tempogefühl und die Tempo-Variationsfähigkeit (Tempohärte) in Wettkämpfen zu schulen sowie die Fähigkeit, im Stadium höchster Ermüdung im Wettkampf noch das Tempo zu steigern, zu entwickeln.
Dieses Training hat folgendes Eigenschaften:
- Es arbeitet der Stereotypie entgegen.
- Es gibt eine Endzeit und alle Zwischenzeiten vor.
- Es überlastet den Athleten nicht.
- Es ermöglicht kein Ausweichen oder Weglassen bestimmter Geschwindigkeitsbereiche.
- Der Endabschnitt wird grundsätzlich schneller gelaufen, als die Durchschnitts-Pace des geplanten Rennens.
Folgende "Intervalle" sind dabei empfehlenswert:
- 5x 1000 m gesteigert + einmal 1000 m gleichmäßig mit höchstmöglichem Tempo
- Temposteigerung alle 200 m (5 Abschnitte a 200 m)
- errechnet aus 3000 m Wettkampftempo
- mit 800 m - 1000 m Trabpause
- Steigerung der Abschnitte:
- 1. Wiederholung: 1 sec pro Abschnitt
- 2. Wiederholung: 2 sec pro Abschnitt
- 3. Wiederholung: 3 sec pro Abschnitt
- 4. Wiederholung: 4 sec pro Abschnitt
- 5. Wiederholung: 5 sec pro Abschnitt
- 4x 2000 m gesteigert
- Temposteigerung alle 400 m (5 Abschnitte a 400 m)
- errechnet aus 5000 m Wettkampftempo
- mit 1200 m - 1600 m Trabpause
- Steigerung der Abschnitte:
- 1. Wiederholung: 2 sec pro Abschnitt
- 2. Wiederholung: 4 sec pro Abschnitt
- 3. Wiederholung: 6 sec pro Abschnitt
- 4. Wiederholung: 8 sec pro Abschnitt
- 3x 3000 m gesteigert
- Temposteigerung alle 600 m (5 Abschnitte a 600 m)
- errechnet aus 10 km Wettkampftempo
- mit 2000 m Trabpause
- Steigerung der Abschnitte:
- 1. Wiederholung: 3 sec pro Abschnitt
- 2. Wiederholung: 6 sec pro Abschnitt
- 3. Wiederholung: 9 sec pro Abschnitt
Es hört sich komplizierter an als es ist. Du läufst die Intervalle nicht gleichmäßig durch, sondern mit einer festgelegten Steigerung. Jedes Intervall (egal ob 1000 m, 2000 m oder 3000 m) teilt sich in 5 Abschnitte auf, die immer schneller gelaufen werden.
Die wichtigste Zeit ist die Zeit des jeweils 4. Abschnittes einer Wiederholung. Dieser 4. Abschnitt wird nämlich im zugrundeliegenden Wettkampftempo gelaufen. Dem 1000er Intervall liegt deine 3000 m Wettkampfzeit zugrunde, dem 2000er Intervall deine 5000 m Wettkampfzeit und dem 3000er Intervall deine 10 km Wettkampfzeit.
Beispiel: deine 5 km Zielzeit ist 20:00 min und du möchtest die 4x 2000 m Einheit laufen. Ein Abschnitt (1/5) sind 400 m. Damit ergibt sich ein Tempo von 1:36 min pro 400 m um die 20:00 min zu erreichen.
Diese 1:36 min stehen für den 4. Abschnitt eines 2000er-Intervalls fest. Jetzt musst du nur noch die verschieden großen Steigerungen für die Abschnitte davor addieren und für den Abschnitt danach subtrahieren.
Es ergeben sich also für die erste 2000er Wiederholung mit 2 sec Steigerung pro Abschnitt folgende 400 m Rundenzeiten:
- 1:42 min (1. Abschnitt im Wettkampftempo - 3x 2 sec)
- 1:40 min (2. Abschnitt im Wettkampftempo - 2x 2 sec)
- 1:38 min (3. Abschnitt im Wettkampftempo - 1x 2 sec)
- 1:36 min (4. Abschnitt im Wettkampftempo)
- 1:34 min (5. Abschnitt 2 sec schneller als Wettkampftempo)
Da die Steigerungen mit jeder Wiederholung größer werden (bei 4x 2000m 2-4-6-8 sec), musst du immer langsamer beginnen und die Gesamtzeit der 2000er wird immer langsamer. Das ist aber nicht entscheidend. Entscheidend ist dass der 4. Abschnitt im Wettkampftempo gelaufen wird und der 5. Abschnitt schneller. Beim letzten Intervall müsstest du die letzte Runde schon in 1:36 min - 8 sec = 1:28 min rennen. Da musst du dich richtig strecken nachdem du schon 3x 2000 m und die vorletzte Runde des letzten Intervalls im Wettkampftempo in den Beinen hast! Ich wette das schaffst du nie ;-)
Es empfiehlt sich diese Einheit auf der Bahn zu absolvieren. Es wird dir am Anfang schwer fallen das Tempo exakt zu treffen. Auf der Bahn hast du die Möglichkeit alle 200 m das Tempo zu kontrollieren. Auch wenn du eigentlich nur die Wettkampf-Durchgangszeit für den 4. Abschnitt im Kopf sowie die Steigerungen jedes Intervalls im Kopf haben musst, kannst du dir einen kleinen Zettel mit den Zwischenzeiten ausdrucken und mit zum Training nehmen.
Wenn du pro Woche eine Variante dieses Trainings absolvierst (1000er, 2000er oder 3000er) wirst du dich schon bald über große Fortschritte freuen können. Du wirst den Biss entwickeln können, über den ich in einem der letzten Newsletter geschrieben habe.
Damit du nicht selbst rechnen musst, habe ich unseren Tempoflex-Rechner überarbeitet und wieder online gestellt. Wir hatten ihn aufgrund eines Fehlers vor einiger Zeit vom Netz genommen. Jetzt sollte alles wieder problemlos funktionieren und du kannst dir deine Zwischenzeiten berechnen.
Noch ein Hinweis wie du auf deine 3000 m bzw. 5000 m Wettkampfzeit kommst. Deine 5000 m Wettkampf berechnest du nach der Formel (10 km Zeit - 1 Minute) / 2 oder auch 10 km Zeit dividiert durch 2,065. Deine 3000 m Zeit berechnest du nach der Formel 10 km Zeit dividiert durch 3,65.