Jetzt in der Wettkampf-Saison sieht man Sie wieder, die Typen, die sich plötzlich daran erinnern, dass auch so etwas wie Gymnastik gibt. Vor den Wettkämpfen legen sie los, obwohl sie niemals vor oder nach dem Training Stretchen oder etwas Gymnastik machen. Plötzlich im Angesichts eines Rennens, biegen und beugen sie sich, um ihrer Steifheit zu entkommen. Vielfach ist es auch direkt einer unserer Trainingspartner (Partnerinnen weniger), der mit einem ausgedehnten Stretching die Wichtigkeit seines Wettkampfs betont, obwohl er sonst Rücken und Bein kaum jemals krumm macht.
Diese Läufer meinen gerade vor einem Rennen ist Stretchen nöttig. Leider wurde jetzt in einer Metastudie festgestellt (eine Metastudie ist eine Untersuchung aller bestehenden Forschungsresultate zu einem Thema), dass dieses Stretchen direkt vor dem Rennen der Leistungsfähigkeit schadet, das ergaben Untersuchungen eines kanadischen Forschers, der insgesamt 32 Studien zu dem Thema ausgewertet hatte. Ian Shrier vom SMBD Jewish General Hospital in Montreal berichtet über seine Ergebnisse in der Fachzeitschrift Clinical Journal of Sport Medicine (Bd. 14, S. 267).
"Ein positiver Effekt tritt nur bei regelmäßigem Training ein, Dehnübungen kurz vor sportlichen Aktivitäten können die Leistungsfähigkeit des Körpers verringern. Einen positiven Effekt erzielt mit Stretching nur, wer die Übungen regelmäßig und über einen längeren Zeitraum hinweg macht."
Von den insgesamt 32 ausgewerteten Studien beschäftigten sich 23 mit den Auswirkungen des so genannten akuten Stretchings, also dem Dehnen kurz vor den sportlichen Übungen, auf die körperliche Leistungsfähigkeit. Die restlichen 9 behandelten die Effekte regelmäßiger Stretch-Programme, die über mehrere Wochen gingen.
Nahezu alle Studien zum akuten Stretchen zeigten eine Reduktion der Leistung. In den Tests äußerte sich dies durch eine verringerte Muskelkraft, ein kleineres Drehmoment und eine geringere Sprunghöhe nach den Dehnübungen. Die Analysen der Studien zum regelmäßigen Stretching ergaben in sieben Fällen eine Leistungssteigerung. Dabei hatten die Dehnübungen vor allem auf Muskelkraft beziehungsweise Schnellkraft positive Auswirkungen.
Akutes Stretching hat laut Shriers Ergebnissen negative Effekte auf die Leistungsfähigkeit. Aus Sicht des Wissenschaftlers könnten Dehnübungen kurz vor sportlichen Aktivitäten Muskelschäden verursachen und dadurch die Leistung bei nachfolgenden Aktivitäten verringern. "Wer sich dehnen will, der sollte dies nach dem Sport tun, oder vom Sport unabhängig und regelmäßig", ergänzt Shiers."
Quelle: wissenschaft.de