Kennst du vielleicht das Phänomen, dass du deine Trainingsergebnisse im Wettkampf nicht oder nur schwer auf die Straße oder die Bahn bekommst? Oder umgekehrt, dass du beim Training regelmäßig durchhängst. Dann liegt es vielleicht an deinem Biorhythmus, den du nicht mit deinem Training und deinen Wettkämpfen in Einklang bekommst. Unser Greif-Strava-Club ist auch dahin gehend sehr interessant, da man dort die unterschiedlichsten Typen beobachten kann. Die einen starten vor 5 Uhr früh (auch am Wochenende!) zu ihrem langen Lauf von 35 oder 40 km. Die anderen laufen niemals vor dem späten Nachmittag. Einige konsequent (täglich, auch am Wochenende) erst im Dunkeln nach 19 Uhr. Manche absolvieren ihren 10 km Testlauf am Montagmorgen um 6 Uhr, ein anderer begibt sich regelmäßig erst nachts um 1 im Fitness-Studio auf das Laufband um seine Tempoeinheiten zu absolvieren.
Tag und Nacht, Neumond und Vollmond, die vier Jahreszeiten - unser komplettes Leben verläuft in Zyklen. Unser körperlicher Zustand wechselt zwischen energiegeladen und müde, wir sind abends aktiv und suchen morgens vergeblich Energie und Motivation oder umgekehrt. Früher wachten die Menschen mit der Sonne auf und legten sich schlafen, wenn sie unterging. Der Einfluss des Tageslichts ist seit Jahrtausenden in uns verankert. In der heutigen Zeit reißt uns der Wecker, vor allem im Winter, vor dem Sonnenaufgang aus dem Schlaf. Abends gehen wir nicht schlafen wenn es dunkel wird. Künstliche Beleuchtung, Computer, Handy & Co halten uns zu lange wach. Natürlich auch lange Arbeitszeiten und Schichtarbeit. Viele von uns schlafen zu wenig oder zu unruhig, sind dauermüde. Wer nicht ausreichend schläft, regeneriert schlechter und ist weniger leistungsfähig.
Der Biorhythmus beeinflusst dabei massiv unseren Organismus. Daran beteiligt sind vor allem Hormone. Sie spielen die entscheidende Rolle. Melatonin (Schlafhormon), Serotonin (Wachhormon) und Cortisol (Stresshormon) steuern, wann wir leistungsfähig sind und wann nicht. Unsere innere Uhr ist unser Taktgeber und damit der entscheidende Bestandteil des Biorhythmus. Bei jedem Menschen tickt diese Uhr etwas anders.
Wie äußert sich dies? Wie oben beschrieben gibt die Frühaufsteher („Lerchen“), die zu völlig anderen Tageszeiten höchste körperliche Leistungen erbringen können als die Morgenmuffel oder Nachtschwärmer („Eulen“). Der Typ sagt dabei gar nichts über den allgemeinen Fitness-Zustand oder die absolute Leistungsfähigkeit aus. Beide Typen rufen ihre Höchst-Leistungen nur zu völlig anderen Tageszeiten ab.
Der Grund ist recht einfach. Der Biorhythmus ist genetisch für jeden von uns vorgegeben. Das bedeutet, er kann nur in ganz geringem Maße durch Disziplin und Gewöhnung von außen verändert werden. Früher ist man davon ausgegangen, dass Sportler ganz allgemein in den späten Nachmittags- und frühen Abendstunden zu Höchstleistungen fähig sind. Dies stimmt allerdings nur für den Eulen-Typ. Für alle Lerchen verläuft um diese Uhrzeit die Leistungskurve längst steil bergab.
Natürlich kann man versuchen, seinen eigenen Biorhythmus neu zu formatieren. Das heißt, kommst du morgens nur schwer aus dem Bett, dann kannst du dich eine Weile mit viel Willen und Selbstbeherrschung so konditionieren, dass du anschließend auch in der Lage bist, um 6:00 Uhr zu einem morgendlichen Training zu starten.
Inzwischen ist aber bekannt, dass man seinen Körper zwar in einen ungeliebten zeitlichen Rhythmus zwingen kann, sich die Leistungsfähigkeit aber keineswegs dem neuen Rhythmus anpasst. Um es konkret auszudrücken: Lerche bleibt Lerche, Eule bleibt Eule! Disziplin, Wille, Selbstbeherrschung oder Training hin oder her.
Interessant sind die Ergebnisse zu Studien der beiden Biorhythmus-Typen (Facer-Child/Brandstaetter-Studie) sowohl bezüglich des zeitlichen Leistungsverlauf als auch der absoluten Leistungsschwankungen innerhalb eines Tages.
Frühtypen (Lerchen) und Mitteltypen (mit Abstand den grössten Anteil der Probanden) erreichten in diesen Studien rund sechs Stunden nach dem Wecken bzw. Aufstehen ihr physisches Leistungshoch, also zwischen Mittag und frühem Nachmittag. Dabei traten Leistungsschwankungen zwischen acht und zehn Prozent im Laufe eines Tages auf.
Die Spättypen (Eulen) hingegen waren deutlich später auf dem Höhepunkt ihrer physischen Leistungsfähigkeit: erst elf Stunden nachdem der Wecker geklingelt hatte. Dabei schwankte die Form zwischen Tief (am Morgen) und Hoch (am Abend) um bis zu 26 Prozent!
Frühaufsteher und Mitteltypen sind in ihrer Leistungsfähigkeit über den Tag verteilt somit ausgewogener leistungsfähig.
Viele von uns leben allerdings gegen ihre innere Uhr. Sie zwingen sich, morgens wach zu werden oder es abends zu bleiben, überwinden sich zum Sport, obwohl der Biorhythmus dagegen spricht. Leider ist es aufgrund der Vielzahl von Verpflichtungen (z.B. Arbeitsbeginn, schulpflichtige Kinder in der Familie, …) im Alltag nicht leicht, verstärkt auf unsere innere Uhr zu hören.
Hilfreich kann es jedoch sein, sein eigenes Training entsprechend seinem Biorhythmus am Tag zu planen und zu absolvieren. Noch interessanter, sich entsprechende Wettkämpfe herauszusuchen. Es ist kaum davon auszugehen, dass der Eulen-Typ seine beste Performance bei einem Start um 9 oder 10 Uhr am Morgen abliefern wird. Auch nicht, wenn er dafür um 4 Uhr aufsteht. Wenn die siegeswillige „Eule“ um vier oder fünf Uhr aufsteht, kommt sie zu ihrem biorhythmischen Leistungshöhepunkt zwischen 14 und 16 Uhr gerade noch richtig für den Endspurt oder die Siegerehrung.
In diesem Falle sucht man sich besser Wettkämpfe, bei denen der Startschuss am späten Nachmittag oder Abend fällt. Auch da gibt es hochkarätige Cityläufe, Nachtläufe, Abendsportfeste bis hin zu Marathon-Veranstaltungen.
Die an der o.g. Studie beteiligten Forscher betonen ausdrücklich, dass Training die eine Sache ist, man aber auch wissen müsse, wann man die beste Leistung abrufen kann! Dies spielt für die Trainingsqualität eine große Rolle. So empfehlen sie selbst für Frühaufsteher die morgendliche Einheit höchstens als „Wachmacher“ und für das Grundlagentraining, jedoch nicht als effiziente Schlüsseleinheit im Trainingsprozess.
Quellen: datasport.com, beatyesterday.org