Wie du vielleicht weißt, weile ich zurzeit, jetzt am 29.03.12, in der Türkei zusammen mit 76 fleißigen Läufern(innen). Im Rahmen dieses Laufseminars hielt ich einen Vortrag mit dem Titel "Gibt es noch Geheimnisse im Lauftraining". Dazu war natürlich eine umfangreiche Recherche nötig.
Du wirst mich natürlich fragen: "Ha´ste was gefunden?" Nicht so richtig, im Großen und Ganzen ist alles schon bekannt. Aber es ist auffällig, dass alle großen Marathonnationen auf lange intensive Dauerläufe setzen. Diese werden am letzten Ende des aeroben Spektrums gelaufen oder wissenschaftlich ausgedrückt etwa bei einem Laktatgehalt von 2 mmol/l.
Das ist genau der Bereich, den wir im Training je nach Fähigkeit ein bis zwei h durchhalten können. Vielfach läuft die Weltklasse 25 km fast im Marathonwettkampftempo und erzielt außergewöhnliche Erfolge. 25 km im höchstmöglichen Dauerlauftempo, bei diesem Gedanken verbiegen sich bei uns die Fingernägel. Wir als ambitionierte Läufer können das kaum leisten. Selbst in den Greif Club Trainingsplänen ist der längste intensive Dauerlauf 18 km.
Ein durchschnittlicher 45 min/10 km Läufer benötigt dann für diese Distanz etwa 1,5 h. Dieser Zeitraum liegt in dem Rahmen, der uns gewöhnlich nach der Arbeit zur Verfügung steht. Selbstverständlich kann nicht jeder diese 18 km leisten, dazu gehört ein langjähriges Training. Unerfüllbar ist diese Einheit keineswegs.
Die 25 km aber auch nicht. Jemand, der im Marathon einen Schnitt von 3:30 min/km läuft, kann so ein Training auch mit einer Zeit um die 3:40 min/km durchlaufen. Damit ist er auch in etwa bei 1,5 h im Ziel. Aber leider gibt es bei uns im Gegensatz zu früher nur noch wenige Läufer dieser Leistungsklasse. Aber auch dir wird der intensive Dauerlauf helfen, dich zu entwickeln, von welchem Niveau du auch kommst.
Es ist schwer zwischen intensiven und Tempodauerlauf eine Grenze zu ziehen. In unseren Plänen ist ein intensiver Dauerlauf mit etwas langsameren Zeiten angesetzt, als die oben beschriebenen. Darum nenne ich die Einheit nachfolgend auch Tempodauerlauf.
Aber außer Marathon laufen wir auch noch andere Strecken wie Halbmarathon, 10 und 5 km, sowie alles Krumme was dazwischen liegt. Und auch auf diesen Strecken ist der Tempodauerlauf die Trainingseinheit mit der höchsten allgemeinen Wirksamkeit. Tempodauerläufe entwickeln unsere Leistung sicher und schnell. Wer sie nicht zu oft einsetzt, kann sich mit einer solchen Einheit auch kaum überfordern. Darum ist diese Übung auch die wichtigste Trainingseinheit eines leistungsorientierten Langstreckenläufer(in)s.
Wenn du auch die Idee hast, dich mit Tempodauerläufen zu entwickeln, kannst du den Start dazu mittels Stundenläufen vornehmen. Diese fordern jeden von uns, egal welcher Leistungsklasse relativ gleichmäßig. Man kann seinen Fortschritt in dem Stundenrahmen gut beobachten, in dem man diese 60 min oft wiederholt. Auch Leute mit sehr knapper Zeit können vom Stundenlauf profitieren, denn er erlaubt eine exakte Kalkulation der Trainingszeit.
Zudem ist er die beste Reiseeinheit. Oft hängt man an einem fremden Ort im Hotel herum, möchte gerne trainieren, aber weiß nicht so recht wo lang. Einfach zu lösen mit dem Stundenlauf. Man geht raus aus dem Hotel und läuft 30 min in die Richtung, in der man den geringsten Verkehr vermutet. Sind die um, wenden und zurück laufen. Dann ist man nach einer Stunde wieder am Hotel.
Dazu kann man jedes Tempo wählen, welches angebracht erscheint. Auch einen Tempolauf, den man auf Reisen sonst meist nicht über die Bühne bekommt.
Wie wird nun diese 60 min Trainingseinheit abgewickelt? Du brauchst dazu keine besondere Runde, sondern nur einen einigermaßen flachen Streckenabschnitt von ca. 10 km Länge. Stelle deine Stoppuhr auf 30 min Runden. Du startest unter Tempodauerlauf-Bedingungen wie oben beschrieben und läufst exakt 30 min in eine Richtung, wenn deine Uhr piept, wendest du und läufst dann in der folgenden halben Stunde wieder zurück zum Start. Dabei solltest du aber auch ziemlich genau in diesen 30 min wieder dort sein.
Erreichst du deinen Ausgangspunkt früher (sollte nicht passieren!), musst du über den Startpunkt hinauslaufen, so lange bis die 60 min beendet sind, denn du willst ja wissen, wie viel Meter du in der einen Stunde geschafft hast.
Du solltest einen Stundenlauf nur einmal in der Woche einsetzen und ihn später abwechseln oder austauschen mit den oben beschriebenen Tempodauerläufen über eine bestimmte Distanz.
Interessant ist es auch, Stundenläufer bei diesem Training zu beobachten. Da gibt es einmal den Feigling. Dieser Typ läuft den 30 min Hinweg langsamer als möglich, um dann beim Rückweg richtig aufzudrehen, mit der Idee schon im Ziel zu warten, wenn die anderen Mitläufer kommen. Die ja eigentlich, wenn es richtig gemacht wird, alle innerhalb von wenigen Sekunden gleichzeitig im Ziel sein sollten. Es tauchen auch Schwindler auf! Diese wenden einfach ein paar Sekunden oder auch Minuten früher und überraschen alle mit ihrer tollen Leistung.
Im Gruppentraining ist auch der Lauftreffbeste oft auffällig, dessen Ehrgeiz ist es in der Regel auch im Stundenlauf den Sieger zu stellen. Da in Zielnähe innerhalb einer Gruppe alle Beteiligten immer näher zusammenrücken, drehen die Cracks dann auf wie wild, um nur ja als Erster im Ziel zu sein. Es gibt aber auch den "faulen Sack", der den Hinweg extra langsam läuft, um insgesamt nicht so weit laufen zu müssen.
Aber zu diesen Typen gehörst du nicht. Du gibst deine Bestes, betrügst dich nicht selbst und andere, sondern hast nur im Sinn die gelaufenen Meter im Stundenlauf zu erweitern. Wenn nicht, dann lerne es. Tut dir wirklich gut.