Diese Tage erreichte mich eine Mail eines Clubmitglieds mit folgendem Wortlaut:
"Hallo Peter,
Du sprichst in deinem Newsletter von 15 - 20 Wettkämpfen pro Saison. Mir stellen sich da aber einige Fragen: Wie trainiere ich in dieser Wettkampfwoche, wenn mein Hauptwettkampf z.B. der Rennsteigmarathon im Mai ist, ziehe ich das Training durch, allerdings sicherlich keine 35 km oder mache ich ein eingeschränktes Training, das hieße aber 20 Wochen eingeschränktes Training oder aber volles Training, dann aber eingeschränkte Wettkampfleistung?
Gruß, A. S."
Solche Sorgen findet man häufig, weil oft für das Training trainiert wird und nicht für die Wettkämpfe. Aber dennoch hat der Schreiber recht, in dem er erkennt, dass zu viele Wettkämpfe ein regelmäßiges Training stören.
Aber er macht dabei einen entscheidenden Gedankenfehler. Kannst du dir vorstellen, welchen? Wahrscheinlich ja. Dieser Läufer fragt nicht nach der Trainingswirkung der Wettkämpfe und ihm und vielen anderen ist nicht klar, dass das beste und effektivste Training ein Wettkampf ist
Im Rennen lernen wir nicht nur möglichst schnell zu laufen. Wir lernen auch unsere Kräfte genau einzuteilen, sich mit der Konkurrenz auseinanderzusetzen, taktisch zu laufen, uns vorher und nachher richtig zu ernähren und uns auch geistig mit dem Rennen auseinanderzusetzen. Alles in allem ist Training Spiel und der Wettkampf das wahre Leben.
Erinnerst du dich, dass wir Ende Februar an dieser Stelle über den Einfluss des Geistes auf die Leistung geschrieben haben. "Es ist immer der Geist der aufgibt!" Es ist der so genannte "Central-Gorvernor", der dich lenkt. Wie du mit dieser geistigen Steuerung umzugehen hast, lernst du nur im Rennen. Es gibt zwar einige "Trainings-Weltmeister", die können schön im Vorfeld eines Rennens alles aus sich raus holen. Diese scheitern aber im Ernstfall auch wieder an ihren geistigen, nicht den körperlichen Schwächen im Wettkampf.
Ich halte diesen Trainingseffekt im Rennen für den wichtigsten. Man lernt, alles aus sich heraus zu holen, wenn es wirklich zählt. Gute Trainingsresultate sind zwar schön, nötig und erfreuen den Läufer oder die Läuferin, sie laufen aber insgesamt unter der Kategorie "Selbstfrohmacher". Und es gibt eine schier unübersehbare Menge von kleinen Tricks, mit denen man sein Trainingsresultat etwas schönen kann. Und sei es nur die eine sec später gedrückte Stoppuhr beim Start.
Im Rennen sind die kleinen Tricks nicht möglich, da passt die Konkurrenz und das Kampfgericht auf. Man steht wieder mitten im wahren Leben und muss sich nun nach Ende des Rennens, wenn Trainings- und Wettkampfergebnisse wieder einmal nicht zusammen passen, Ausreden einfallen lassen, warum es denn nun abermals nicht geklappt hat. "Im Training knüppelst du alles nieder und hier läufst du hinterher!"
Wenn nun die Wettkämpfe so viele positive Auswirkungen haben, stellt sich doch die Frage, wie komme ich zu einem geregelten Training bei häufigen Wettkämpfen.
Wir müssen erst einmal festlegen, welche Arten von Rennen wir überhaupt haben. Es gibt einmal alltägliche Wettkämpfe, wie Winterserien und Volksläufe, zum zweiten sind da noch die Rennen die mehr Einsatz verlangen, wie Großereignisse, der lokale Volkslauf, bei dem man "gut aussehen" muss und kleinere Meisterschaften.
Dann haben wir noch unsere Hauptziele, oft ein Halb- oder Marathon, große Meisterschaften und einfach Rennen die aus ganz persönlichen Gründen wichtig sind.
Nun werden wir ja nicht den Fehler machen, uns auf alle diese Ereignisse unmittelbar - das heißt, die Woche vor dem Wettkampf - gleich vorzubereiten. Man kann einmal eine sorgfältige unmittelbare Vorbereitung wählen oder, wie es so schön heißt, das Rennen aus dem Training heraus bestreiten.
Ich möchte hier einmal an einem Beispiel einer Woche vor einem 10 km Wettkampf zeigen, wie man ein wichtiges Rennen vorbereitet. In dem Beispiel wird ein Läufer aufgezeigt, der 5-mal wöchentlich trainiert und ein sehr wichtiges 10 km-Rennen bestreiten möchte. Sein Ziel ist es dieses mit einer Zeit um die 39 min zu beenden.
Montag
5 x 1500 m im geplanten Renntempo mit 1500 m Trabpause. Tempo unbedingt einhalten!!
Dienstag
Pause.
Mittwoch 4 x 1000 m im geplanten Renntempo mit 1000 m Trabpause. Puffertraining (Aufbau von alkalischen Substanzen im Körper): Bitte nicht schneller!
Donnerstag
Pause.
Freitag
1 - 2 km extensiver Dauerlauf in 5:12 - 4:54 min/km. Lasse diese winzig kleine Einheit nicht weg, sie ist wichtig.
Samstag
10 km Wettkampf. Ist dein Start nach 14 Uhr, laufe morgens vor dem Frühstück noch einmal 1 - 2 km extensiver Dauerlauf in 5:12 - 4:54 min/km. Viel Erfolg!
Sonntag
30 - 60 min regenerativer Dauerlauf nach Gefühl. Nur zum Locker machen.
Das ist ein ganz leichtes Programm, welches auf Erholung ausgerichtet ist und hauptsächlich noch die Wettkampftempo-Koordination trainiert.
Montag
18 km intensiver Dauerlauf in 4:33 min/km mit 8 km Endbeschleunigung mindestens in 4:20 min/km. Das ist mein Ernst, jetzt musst du zeigen, was du drauf hast.
Dienstag
Pause.
Mittwoch
3 x 4000 m mit 2000 m Trabpause in 16:15 min = 4:03 min/km. Hört sich schwer an, ist aber relativ leicht zu laufen. + 10 sec/km Schonzuschlag wegen Wettkampf am Wochenende
Donnerstag
Pause.
Freitag
1 - 2 km extensiver Dauerlauf in 5:12 - 4:54 min/km und 3 lockere Steigerungen a 50 m.
Samstag
10 km Wettkampf. Ist dein Start nach 14 Uhr, laufe morgens vor dem Frühstück noch einmal 1 - 2 km extensiver Dauerlauf in 5:12 - 4:54 min/km. Viel Erfolg!
Sonntag
60 min regenerativer Dauerlauf in 5:42 - 5:12 min/km. Ausdauernd ausruhen!
Wenn nun der Wettkampf nicht gar so wichtig ist und aus dem Training heraus gelaufen werden soll, dann kann man wie nachfolgend zu sehen ist agieren. Dies ist keine exemplarische Woche, sondern eine willkürlich heraus gegriffene Trainingswoche aus diesem Monat, die auf Wettkampfwoche "umgestrickt" ist. Das kann man so mit jedem anderen 7-Tage Zeitraum machen:
Leider kann ich aus Platzgründen nicht jede Möglichkeit aufführen, wie du dich auf mehr oder minder wichtige Rennen vorbereitest. Aber das siehst du auch selbst: Der Mittwoch ist dein Manipulationsbereich. Wenn du ein vorsichtiger Mensch bist, dann machst du eben nur 2 x 4000 m oder auch 2 x 3000 m. Und wenn du willst, kannst du auch noch etwas langsamer laufen an diesem Tag.
Nur im Rennen, da lasse die Pferde los. Nur nicht sinnlos, sondern mit Verstand. Denn du weißt ja: Wettkämpfe gewinnt man nicht allein mit den Beinen.