Vielfach haben wir uns an dieser Stelle mit der Ernährung mit wenig Kohlenhydraten auseinandergesetzt. Sei es "Low-Carb", "Ketogene Ernährung" oder die inzwischen erfolgreich in unsere Trainingspläne integrierte "Mitochondrien-Strategie" von Dr. Feil. Viele haben es inzwischen ausprobiert und haben gute Erfahrungen damit gemacht. Doch auch immer wieder erreichen mich Mails mit Aussagen wie "ich fühle mich leer", "die Leistung geht runter", "die Beine sind nur noch schwer", ... Was läuft da falsch?
Zuerst möchte dazu die News von Dr. Strunz vom 14.08.2020 zitieren. Vielleicht hast du selbst eine Idee:
Glauben Sie nur einem Praktiker
Theorie ist ja ganz gut und schön. Wir alle sind Theoretiker: Wir denken, wir träumen uns irgendetwas zusammen. Prüfstein kann aber immer nur die Realität, die Tat sein. Der Prüfstein der Wahrheit. Auf Ihre tägliche Frage: „Was soll ich essen? Was wäre für mich optimal?“ finden Sie heute in Büchern, im Internet unendlich viele Antworten. Gutgemeinte Ratschläge. Es gibt ja so unendlich viele Ernährungswissenschaftler. Die haben das studiert.
Aber selten ausprobiert. Selten "GETAN".
Ich glaube Praktikern. Menschen, die das, was sie predigen, auch selbst tun. Also glaube ich, wenn es ums Essen geht in erster Linie Sportlern. Wissen Sie weshalb? Weil die beweisen können, was sie behaupten. Die sagen nicht einfach: „Mir geht’s seither viel besser“, sondern die haben eine Stopp-Uhr. Die stemmen auch mal Gewichte.
Und wenn sie laut Stopp-Uhr schneller werden, wenn sie beim Gewichtheben stärker werden, haben sie ihren Punkt bewiesen. Haben die recht.
Selbst wenn die DGE immer und immer wieder widerspricht. Praxis schlägt Theorie.
Also lassen Sie mich richtige Kost an Hand eines Vorbildes erklären.
Eines Helden. Der schnellste Amerikaner auf dem Rennrad war – nein, nicht Lance, sondern – David Zabriskie. Amerikanischer Zeitfahrmeister 2000. Und 2004, 2006, 2007, 2008, 2009, 2011, 2012.
Wenn man das Siegen gewohnt ist, bekommt man ein Problem. Im Alter. Heißt, wenn man das 30. Lebensjahr überschritten hat. Jeder erwartet den nächsten Sieg… Und was tut man? Wenn Sie jetzt glauben, die Antwort heißt Doping, muss ich Sie enttäuschen. Diese Möglichkeit steht solchen Cracks nicht mehr offen. Die haben sie nämlich schon lange hinter sich.
David braucht also eine neue Idee. Eine frische Idee. Ernährung für den schnellsten Amerikaner war, ganz neu für ihn:
- 32% Eiweiß
- 54% Fett
- 15% Kohlenhydrate
Was passierte? Innerhalb weniger Monate verringerte er sein Gewicht um 6 kg. Man bedenke: ein Hochleistungsprofi!
- Sein BMI glich sich damit dem vom spanischen Radprofi Alberto Contador an: präzise 20,0 (wie hoch ist Ihr BMI?).
- Beim Gewichtheben schaffte er statt 70 kg sage und schreibe 110 kg (wie viel schaffen Sie?).
- Und auf dem Rade, da wo es bei ihm darauf ankam, wurde er 15 Prozent stärker. 15 Prozent! Unschlagbar.
Und wie? Indem er Kohlenhydrate drastisch reduziert hatte. Auf ein Viertel dessen, zu dem die DGE noch heute rät. Auf 15 Prozent. Die Natur lässt sich nicht betrügen: Wer da oben mitspielen möchte, körperlich oder geistig, muss schon für den richtigen Betriebsstoff sorgen.
Aufgefallen? Hier steht nicht 5 Prozent Kohlenhydrate. Oder 3 Prozent. Tatsächlich hätte der auch 25 Prozent Kohlenhydrate vertragen. Sie durchschauen das?
Wir sprechen hier von einem Hochleistungssportler. Dem schnellsten Amerikaner auf dem Rade. Der besteht praktisch nur aus Muskeln. Und verbrennt tagtäglich beim Training alle, aber wirklich alle Kohlenhydrate bis auf das letzte Fitzelchen. Ziemlich unabhängig von der Menge, die er sich zuführt.
Nur: Die zwei anderen Komponenten sind entscheidend: Der braucht sehr viel mehr Eiweiß als Sie, der braucht sehr viel mehr Fett als Sie. Als Energielieferant. Kohlenhydrate sind bei dem nur… Zutat. Anhängsel. Unwichtig geworden.
Zabriskie, der schnellste Amerikaner also lebt in und bestätigt die Welt der Physiologie. In jedem Physiologie-Buch finden Sie die banale Tatsache: Der Mensch braucht keine Kohlenhydrate zu essen. Was der Körper nötig hat, stellt er sich selbst her. Verstehen Sie das doch bitte als Einladung, als Erleichterung Ihrer Essensplanung, als "simplify your life". Vergessen Sie einfach die Unheiligen Vier:
- Brot
- Nudeln
- Reis
- Kartoffeln
Quelle: https://www.strunz.com/de/news/glauben-sie-nur-einem-praktiker.html
Nun gut, zuerst (bevor mich viele Emails erreichen) muss ich Dr. Strunz in einem Punkt widersprechen. David Zabriskie hat eine entsprechende Doping Vergangenheit. Er fuhr mehrere Jahre in den Teams von Lance Armstrong (US Postal Service) und des Managers Bjarne Riis (Team CSC) und legte 2012 ein entsprechendes Doping-Geständnis aus seiner Zeit im Team von Lance Armstrong ab. Allerdings wurde die Doperei ab 2006 deutlich schwieriger, da musste man sich etwas einfallen lassen.
Aber darum geht es nicht. Es geht nicht um Namen. Dort oben könnten nämlich auch z.B. auch Jan van Berkel (Ironman Gewinner Zürich 2018 und 2019), Arne Gabius (deutscher Marathon-Rekordhalter), Jan Frodeno (Triathlon Hawaii-Sieger), Chris Froome (Tour de France Sieger), Christiano Ronaldo (Weltfußballer) o.a. stehen, die sich inzwischen auf die gleiche Weise ernähren!
Es geht um die eine Zahl:
54%
Die beschriebene Ernährung enthält 54% Fett (natürlich als kalorische %, nicht als Masse %). Genau hier liegt der eingangs beschriebene Knackpunkt. Fett ist der entscheidende Energieträger. Verstanden die Email-Schreiber unter „Low Carb“ oder „ketogen“ lediglich eine Ernährung aus Gemüse und Eiweiß, so fehlte ihnen schlicht und ergreifend die Energie. Diese Energie kommt dabei nur aus dem Fett. Natürlich ist es schwer zu greifen, dass viel Fett in der Ernährung (bei gleichzeitigem Verzicht auf KH) zu einem erhöhten Fettstoffwechsel und sogar Gewichtsabnahme führt, wenn Jahrzehnte lang zu viel Fett für Übergewicht verantwortlich gemacht wurde.
Zum anderen haben sich einige auch zu wenig Zeit gelassen. Nochmal, worum geht es? Es geht darum den Fettstoffwechsel zu trainieren und zu optimieren. Das führt zu verstärkter Mitochondrienbildung, höheren Laufgeschwindigkeiten im Fettstoffwechselbereich und damit zur Einsparung der KH-Vorräte in Muskeln und Leber, Verschiebung der Laktatgrenzen (höhere mögliche Laufgeschwindigkeiten), usw. Auch dies ist wieder eine Anpassung und dauert längere Zeit, die individuell unterschiedlich ist. Wie du dich nicht in 3 Monaten vom 3:30 h Marathon-Läufer zu einem 2:45 h Läufer entwickelst, perfektionierst du auch nicht in 3 Monaten deinen Fettstoffwechsel.
Auch unsere Mitochondrien-Strategie baut sich erst über 9 Wochen auf, um dann auf vollem Level langfristig die Anzahl deiner Mitochondrien zu steigern und über Nüchternläufe (ja auch den langen Lauf) dein Fettstoffwechsel in Schwung zu bringen.
Das Problem kennt jeder Marathon-Läufer. Vor dem Rennen werden ordentlich Kohlenhydrate getankt. Die Speicher (ca. 600 g) sind, wenn der Körper es nicht gewohnt ist im Fettstoffwechselbereich zu laufen, bei km 32-35 aufgebraucht. Der Mann mit dem Hammer wartet schon. Unterwegs aufgenommene Gels & Co machen es nicht besser. Die lassen eher deinen Blutzuckerspiegel mit einem ständigen auf und ab verrückt spielen.
Mit einem perfekt adaptierten Fettstoffwechsel schonst du deine KH-Reserven im Rennen und läufst länger bei höheren Geschwindigkeiten mit dem im Körper nahezu unerschöpflichen Energieträger Fett. Profis und langjährig trainierten Hobbyläufern gelingt es so, auch im Bereich von 80-90% der max. HF im Fettstoffwechsel zu laufen. Dazu muss dieser natürlich perfekt trainiert sein. Schau dir dazu mal die folgende Tabelle an. Sie zeigt die Durchschnittspulsbereiche auf den einzelnen Wettkampfstrecken:
10 km |
92% des Maximalpulses (Bereich: 90 bis 95%) |
Halbmarathon |
90% des Maximalpulses (Bereich: 88 bis 91%) |
Marathon |
84% bis 87% des Maximalpulses (höchstens 88-90% des Maximalpulses) |
Da erkennst du, dass es durchaus möglich ist, den Marathon (z.T. auch den HM) überwiegend im Fettstoffwechsel zu laufen. Natürlich werden auch immer Kohlenhydrate verbraucht. Wenn du aber im Marathon dann nur 400 g KH verbrauchen würdest, dann wären a) deine Speicher im Ziel nicht mal leer und du müsstest b) unterwegs nichts zuführen.
Natürlich ist es sinnvoll, vor Wettkämpfen und Tempoeinheiten Kohlenhydrate zuzuführen. Das Prinzip dahinter nennt sich „Train Low - Compete High“. Ist dein Fettstoffwechsel gut trainiert, wird dein Körper auch bei gefüllten KH-Speichern auf das Fett als Hauptenergieträger zurückgreifen.
Schau dir gern mal die folgenden Videos dazu an. Dort werden die Vorteile anschaulich von einem Läufer erklärt:
Nun muss es nicht gleich die ketogene Ernährung sein. Wie wäre es zum Anfang mit der unserer Mitochondrien-Strategie? Diese ist, bezogen auf deine Trainingsinhalte, zu den richtigen Zeitpunkten deutlich kohlenhydratreduziert und fettreicher. „Fettschlau“, wie es Dr. Feil ausdrückt, da es vor allem um die gesunden Omega-3-Fettsäuren geht. Diese sind z.B. enthalten in Leinöl, Olivenöl, Kokosöl, Fisch, Nüssen, ...
Irgendwann, vor allem in höherem Alter, sind Trainingsumfang und -intensität begrenzt. Mehr geht dann nicht. An diesem Punkt liegen für mich die größten Potentiale in der Ernährung und der Regeneration (z.B. Schlaf).
Fazit: Bist du bereits "Low Carb" oder "ketogen" unterwegs, dann vergiss nicht, die Energie zum großen Teil über Fett zuzuführen. Gibt dir außerdem ausreichend Zeit zur Anpassung deines Fettstoffwechsels. Wenn du noch nicht die Ernährung für deine Leistungssteigerung entdeckt hast, dann teste doch unverbindlich unsere Mitochondrien-Strategie (incl. Trainingsplan).