Kennst du das Gefühl beim Marathon jenseits der 32 km, wenn die Energie schwindet und du das Gefühl hast, nichts geht mehr? Der Mann mit dem Hammer steht vor dir und will dich nicht weiterlaufen lassen. Mit viel Willensstärke schleppst du dich noch ins Ziel. Deine Traumzeit aber ist wie eine Seifenblase zerplatzt.
Keine Energie mehr? Falsch. Dein Körper hat ausreichend Energie. In Form von Fett. Die Fettreserven bei einem durchtrainierten Sportler reichen für etwa 4000 min Marathonlaufen, das sind über 20 Marathons in 3 h! Das Problem ist, dass du deinen Körper nicht beigebracht hast, auf diese Fettreserven zuzugreifen. Dein Fettstoffwechsel ist nicht trainiert. Warum nicht? Weil du deinem Körper ständig Kohlenhydrate anbietest. Viele machen dies auch noch beim langen Lauf in Form von Riegeln oder Gels. Der Körper bedankt sich, weigert sich dann aber standhaft, wenn sich die im Körper gespeicherten 600 g Kohlenhydrate mal dem Ende zuneigen, auf die prall gefüllten Fettreserven zurückzugreifen.
Die Besten der Welt machen da etwas anders. Sie erreichen ein anderes Energielevel und einen anderen inneren Antrieb. Patrick Lange, Sieger des Ironman Hawaii 2017 und 2018 (in 7:52 h!) erwähnte einmal in einem Interview, dass er:
- morgens frühstücke: einen Espresso
- dann vier Stunden aufs Rad
- anschließend genieße er einen Eiweißshake
- dann Schwimmtraining...
und so geht es weiter. Der isst also genauso wie Christiano Ronaldo, dem neben Lionel Messi bestem Fußballspieler der Welt. Oder Chris Froome, dem 4fachen Tour de France Sieger, 2fachen Sieger der Vuelta a España und Gewinner des Giro d’Italia. Auch Arne Gabius beschreibt seine entsprechende Ernährung in einem Youtube-Video.
NO CARB!
Allerdings ist dies nur die halbe Wahrheit. Die Ernährung ohne Kohlenhydrate hatte ich hier ja schon einmal beschrieben. Da gab es einen Kommentar: "Wie viel Salat soll ich denn da essen?", der das Unverständnis dafür zum Ausdruck brachte. Die notwendige Energie kommt selbstverständlich aus dem
FETT!
Damit sind wir beim Titel dieses Newsletters angekommen, der ketogenen Ernährung. Das ist die Ernährung, die ich seit dem Sommer konsequent anwende und die ich für meine derzeitige Leistungsfähigkeit und Verletzungsfreiheit verantwortlich mache. Sie hat mich auf ein völlig neues Energielevel gehoben. So konnte z.B. in unserem letzten Oktober-Urlaub ohne Probleme Tempotraining nüchtern um 5 Uhr in der Frühe absolvieren. Früher ein Ding der Unmöglichkeit. Wir waren in Ägypten und hatten einen Ausflug per Flugzeug nach Kairo gebucht. Abholung am Hotel 4:25 Uhr, Rückkehr 23:30 Uhr. Training? 3 Uhr morgens auf der 800 m langen beleuchteten Hotelpromenade. Hättest du es gemacht? Alles dokumentiert in meinem Garmin-Account. Müdigkeit? Keine. Ich war der Einzige aus der Familie der weder auf der Hin- noch Rückreise in Bus oder Flieger eingeschlafen ist.
Was ist die ketogene Ernährung?
Die ketogene Ernährung ist eine Low Carb - Hight Fat - Ernährung, die sich dadurch auszeichnet, dass der Körper eine neue Art der Energiegewinnung durch Nahrung lernt. Durch den Verzehr von vielen gesunden Fetten und sehr wenig Kohlenhydraten gelangt der Körper in den Zustand der sogenannten "Ketose".
In diesem Zustand verbrennt der Körper Fett, statt Zucker als Kraftstoff für die Zellenergie (ATP). Aufgrund des Fehlens von Zucker, wandelt die Leber Fettsäuren in sogenannte "Ketonkörper" um. Diese Ketonkörper nutzt der Körper als alternativen Treibstoff, sie wirken entzündungshemmend und helfen beim Abnehmen. Ketonkörper durchdringen die Hirn-Blut-Schranke und versorgen so auch das Gehirn mit Energie!
Und das Beste daran: Ketone setzen Gramm für Gramm mehr Energie frei als Glukose, daher auch die vielen leistungsfördernden Effekte der ketogenen Ernährung.
Um es vorwegzunehmen: die Ketose ist ein natürlicher Stoffwechselzustand! Nichts künstlich Erzwungenes. Alle die wir als Baby gestillt wurden, haben in dieser Zeit diesen phantastischen Zustand erlebt. Wie es aussieht war es perfekt für unsere Entwicklung, in einer Zeit, in der unser Körper massiv Energie brauchte. Erst als unsere stolzen Eltern uns völlig ahnungslos das erste Stück aufgeweichtes Brötchen zwischen die Lippen geschoben haben, war dieser traumhafte Zustand jäh zu Ende.
Was bringt eine ketogene Ernährung?
Die ketogene Ernährung verfolgt immer das Ziel, den Körper in die sogenannte “Ketose” zu bringen. In dieser Ketose gibt es etliche Vorteile gegenüber dem Zustand der "Zuckerverbrennung".
Vorteile der ketogenen Ernährung und Ketose
- Wirkt entzündungshemmend: Die ketogene Ernährung und die daraus resultierende Ketose, weist eine stark entzündungshemmende Wirkung auf. Traumhaft für den Läufer, der sich ab sofort nicht ständig entzündeten Muskel, Sehnen und Gelenken ausgesetzt sieht. Außerdem wird das Risiko von degenerative Erkrankungen wie Alzheimer, Demenz und Krebs gesenkt.
- Wirkt energiesteigernd: Der Zustand der Ketose unterstützt die Zellen, insbesondere das Gehirn, mehr Mitochondrien herzustellen. Diese Mitochondrien sind die Energiekraftwerke deines Körpers und sorgen dafür, dass du von morgens bis abends wach und fokussiert bist. Mehr Mitochondrien in den Muskelzellen führen zu deutlich höherer sportlichen Leistungsfähigkeit!
- Fördert die Fettverbrennung (Fettstoffwechsel!): Die ketogene Ernährung hilft, schnell und gesund Gewicht zu verlieren. Die Ketonkörper sorgen für eine langfristigere Sättigung und Senkung der Hungerhormone (wie beispielsweise Ghrelin). Das bedeutet, Heißhungerattacken gehören der Vergangenheit an. Der Fettstoffwechsel wird perfekt angepasst, da dein Körper lernt in jeder Situation Ketonkörper (und damit Energie) aus Fett zu erzeugen.
- Steigert die Konzentration: Ketonkörper sind eine ideale Energiequelle für das Gehirn. Sobald der Körper sich an die Ketose angepasst hat, kann das Gehirn bis zu 75% der Energie aus Ketonkörpern ziehen. Durch den hohen Konsum an gesunden Fetten profitiert das Gehirn zusätzlich, da es zu einem Großteil aus Fett besteht und Omega 3 Fettsäuren die Gesundheit des Gehirns unterstützen.
- Senkt und stabilisiert den Blutzuckerspiegel: Wenn die ketogene Ernährung richtig durchgeführt wird, stabilisieren sich Insulin- und Blutzuckerwerte. Viele Menschen mit Diabetes von berichten von erheblichen Verbesserungen ihrer Symptome. Es gibt keine Schwankungen des Blutzuckerspiegels, wie er bei Mahlzeiten mit Kohlenhydraten permanent auftritt. Dementsprechend geringer sind Stimmungs-, Energie- und Konzentrationsschwankungen im Tagesverlauf.
Medizinisch wird die ketogene Ernährung zur Behandlung von Epilepsie sowie bei vielen chronischen Leiden und Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, Fettleibigkeit, neurodegenerativen Erkrankungen, Bluthochdruck, Akne, Krebs oder Hirntrauma eingesetzt. So rückte sie auch immer mehr in den Fokus des Profisports und der Ernährungswissenschaftler.
"Klassische" Sportlerernährung
Die alt hergebrachte Sporternährung, so wie du sie seit 40 Jahren kennst, zielt darauf ab, möglichst viele Kohlenhydrate und Proteine in den Körper hinein zu schaufeln. Du kennst die üblichen Pasta-Partys. Müsli und Brötchen vor dem Training, während dessen oder im Rennen Banane, Cola, Energie-Gel oder -Riegel. Was wird da nicht alles reingestopft. Ziel: die Kohlenhydrat-Speicher in Leber und Muskeln maximal zu füllen. Problem: Die Kohlenhydrat-Speicher im Körper sind begrenzt. Bei ca. 600 g ist Schicht im Schacht. Diese 600 g Kohlenhydrate entsprechen 2400 kcal. Nach 2 bis 2,5 Stunden Wettkampf ist dieser Speicher komplett leer. Es muss nachgetankt werden. Wohl dem, der seinen Fettstoffwechsel besser trainiert hat. Seine langen Läufe nüchtern gestartet ist und ohne Nachschub durchgelaufen ist.
Nachteile der "klassischen" Sportlerernährung:
- starke Schwankungen (auf und ab) des Blutzuckerspiegels bei diesen Sportlern
- klassischee Energiecrash, wenn die Kohlenhydratspeicher im Körper leer sind (Mann mit dem Hammer)
- häufig stark ramponierter Darm (geschwächtes Immunsystem!) und Entzündungsherde im Körper
- extreme Abhängigkeit von äußeren Kohlenhydraten.
Dein Körper ist bequem. Er nimmt dass was er scheinbar leichter verarbeiten kann. Gibst du ihm immer und immer wieder die Kohlenhydrate nach denen er schreit, dann lacht er sich in Fäustchen. Er weiß ja dass er sie bekommt. Er hat es gar nicht nötig, sich die Mühe zu machen den Fettstoffwechsel in Gang zu setzen.
Vergleich mit ketogenen Sportlern
- Natürlich gibt es auch bei uns ketogenen Sportlern viel zu Essen. Wir sind aber nicht zwangsläufig immer auf äußere Nahrung angewiesen. Wenn einmal die Ketose so richtig rund läuft (nach 7-10 Tage der Umstellung), wird das körpereigene Fett angezapft. Das reicht wie oben beschrieben für über 20 Marathons.
- Ketogene Sportler trinken vor dem Wettkampf z.B. einen Shake aus Kokosmilch und MCT-Öl und ab geht die Post! Ein Jan Frodeno trinkt vor dem Training 100 ml Olivenöl! Warum wohl? Er ist nicht alle 2 Stunden auf Riegel, Gel, Bananen, Cola & Co angewiesen. Dementsprechend konstanter wird die Leistung. Ganz nebenbei steht es auch deutlich besser um die Darmgesundheit und das Immunsystem.
- Die "klassische Sportlerernährung, so wie sie ist, gelangt irgendwann an ihre Grenzen. Im direkten Vergleich zwischen klassischer und ketogener Ernährung speziell für Sportler fallen einige beträchtliche Unterschiede auf. Es gibt vier zentrale Gründe, warum diese kohlenhydratlastige Ernährung bei Sportlern so verbreitet ist:
- Einfach durchzuführen: Iss so viele Kohlenhydrate, wie Du schaffst. Bei dieser Ernährung gibt es nicht so viel zu beachten, sie ist einfach durchzuführen und leicht zu merken. Leider führst du dir dabei oft nur einen Makronährstoff (Kohlenhydrate) zu und bekommst die Mikronährstoffe (Vitamine & Co) nicht in ausreichendem Maße.
- Altes Denken: Das Denken, dass Leistungsfähigkeit nur mit Kohlenhydraten funktioniert, entstand in den 60er und 70er Jahren mit der zeitgleichen Verteufelung von Fett. Ab da galten Kohlenhydrate als DER zentrale Makronährstoff und als direkt für Leistung verantwortlich. Dass es auch anders geht, zeigt die ketogene Ernährung heute. Aber dieses alte Denken bleibt erhalten, solange dieselben Leute wie in den 70er Jahren in der Sportindustrie das Sagen haben. Sportler die in dieser Zeit erfolgreich waren und heute Bücher schreiben, verbreiten dieses Denken ebenfalls weiter.
- Keine Umstellungsphase: Um den Zustand der Ketose zu erreichen, benötigt es ein paar Tage bis hin zu einer Woche disziplinierter Umstellung. Der Fettstoffwechsel ist meist nicht so trainiert wie der Kohlenhydrat-Stoffwechsel und so ist es auch für Anfänger leichter, auf Kohlenhydrate zu setzen.
- Etabliert: Die High-Carb Ernährung für Sportler ist etabliert und wird nur von den allerwenigsten hinterfragt. Um hier einen Paradigmen-Wandel zu schaffen, benötigt es einige Pioniere, die zeigen, dass auch mit einer fettreichen Ernährung wie der ketogenen Ernährung Leistung auf höchstem Niveau vollbracht werden kann. Dies mit allen energetischen und gesundheitlichen Vorteilen.
Ich nähere mich gerade den 150 Tagen ununterbrochenem täglichen Lauftrainings. Also fast 5 Monate täglich. Dabei absolvierte ich zuerst unseren sehr intensiven 6 wöchigen 10 km Jokerplan, dann das Schnelligkeit-Experiment und jetzt befinde ich mich mit unserem Marathon-Trainingsplan im Aufbau-Training mit ca. 120 km/Woche. Die langen Läufe, letzten Samstag 32 km, laufe ich komplett nüchtern (bis auf einen Kaffee) und ohne jegliches Energieproblem im bestens angepassten Fettstoffwechsel. Gerade eben bin ich von einem intensiven DL über 17 km in 4:05 min/km (konstant vom ersten bis zum letzten km) zurückgekehrt. Dass ich dies alles ohne den kleinsten Schmerz, Verletzung oder Entzündung mit dem beschriebenen Ergebnis im Alter von 55 Jahren absolvieren konnte, schreibe ich ausschließlich der oben beschriebenen Ernährung sowie der Nährstoff-Versorgung zu. Ehrlich, wenn mich jetzt wieder ein zweifelnder 35jähriger 45 Minuten Läufer fragt, ob ausgerechnet dies jetzt der richtige Weg ist, dann schaue ich mir Froome, Lange, Ronaldo & Co an und weiß Bescheid. Außerdem probiere ich die Dinge selbst aus, bevor ich mir ein Urteil darüber erlaube.
Als ich letztens Dr. Feil davon berichtete nickte er lächelnd und wissend. Auch wenn diese Ernährung noch einen kleinen Schritt weiter geht als seine Strategie, riet er mir in keiner Weise ab sondern meinte er nur: "du bist perfekt angepasst und dein Körper bildet optimal Mitochondrien für die Leistungssteigerung".
Im nächsten Teil erfährst du, wie genau du in die Ketose kommst, was erlaubt ist und was nicht und was bei mir so auf dem Speiseplan steht. Das können sich die Kohlenhydratvertilger nämlich nicht wirklich vorstellen.
Quellen: primal-state.de, strunz.com