Merkst Du jetzt im beginnenden Frühjahr langsam, wie Deine Form steigt und hast Du schon ein wenig Lust bekommen auf die ersten Rennen im Frühjahr? In der Tendenz können wir jede Woche häufiger auf die warme und dicke Laufbekleidung verzichten und auch mal in leichte "schnelle" Bekleidung schlüpfen.
Hast Du schon mal über den Einsatz von Wettkampfschuhen nachgedacht?
Ein Teil der Leser mag jetzt vielleicht abwinken: "Ich bin doch kein Profi, ich brauche doch keine Wettkampfschuhe". Mag sein... Zunächst zur ganz groben Klassifizierung: Übliche Trainingsschuhe sind bestens gedämpft und haben in Herren US-Größe 9 (Eur etwa 42,5) ein Gewicht zwischen 340 g und 400 g, je nach Modell. Einige Modelle bieten Dir eine Form der orthopädischen Korrektur, falls dies erforderlich ist. Echte Rennschuhe hingegen haben den Sinn leicht zu sein und sollen daneben ein minimales Maß an Dämpfung bieten. Mehr nicht. Bei US 9 wiegen sie etwa 230 g, Topmodelle etwa 190 g. Rennschuhe sind keine "Gesundheitslatschen". Bei weniger Dämpfung und weniger Fußführung stellt sich sicherlich die Frage, "wozu das Ganze?"
Man kann sich den Sinn der Modelle gut beim extremen Vergleich mit Autos vorstellen: Der Formel-1 Wagen ist notwendig, um ein entsprechendes Rennen erfolgreich fahren zu können. Beim Sonntagsausflug damit über eine bundesdeutsche Autobahn hast Du als vielleicht Ungeübter im Ziel jedoch wahrscheinlich einen Bandscheibenvorfall... :-) Umgekehrt bietet Dir die Familienkutsche zwar ein erhebliches Maß an Komfort. Die Fahrt ist ein Genuß. Aber in Monaco beim Rennen fallen die Zuschauer in Scharen von den Yachten vor Lachen, würde jemand mit Familienkutsche am Rennen teilnehmen!
Einen leichten Schuh zu laufen, bedeutet immer einen geringeren Kraft- und Energieaufwand betreiben zu müssen. Praktisch heißt das, Du wirst im Rennschuh eher Deinen Hausrekord zum Teufel jagen können als im schweren Schuh. Oft gehörte "Argumente" hinsichtlich des Gewichtsvorteils sind unüberlegt. "Ich pinkle nochmal kräftig vor dem Start. Da habe ich 300 g weniger. Pinkeln ist billiger als wenn ich mir einen superleichten Rennschuh kaufe!" Auf der Waage und mathematisch wohl richtig.
Bloß sitzt der Laufschuh an einer äußeren Extremität und hier wirken erhebliche Hebelkräfte. Hebe mal am ausgestreckten Arm eine volle Getränkeflasche hoch und anschließend lediglich ein gefülltes Glas. Der Unterschied des Krafteinsatzes ist immens. Dieser wird am Fuß umso deutlicher, wenn man den Vergleich auf die Spitze treibt. Laufe auf dem Sportplatz einige Steigerungen barfuß und anschließend mit dem schwersten Trainingsschuh Deines Sortiments. Der Rennschuh soll diese gefühlte Leichtigkeit des Barfußlaufens so weit wie möglich erhalten und dem Fuß nur die allernötigste Dämpfung bieten.
Deine läuferische Leistungsfähigkeit ist zunächst weitgehend unerheblich! Je länger die Distanz ist, die Du mit Rennschuhen läufst, umso wichtiger ist Deine körperliche Konstitution und Gesundheit. Du solltest durch einen gut trainierten Bewegungsapparat und möglichst keinerlei orthopädischer Probleme die bewußt eingegangenen Dämpfungs- und Stütznachteile des Rennschuhs ausgleichen können.
Wenigertrainierende oder Läufer mit erheblichen Fußfehlstellungen könnten z. B. im Marathon folgendes erleben:
Du trägst den leichtesten Latschen, den es auf dem Markt gibt. 180 g des Rennpuschens gegen 360 g Deines normalen Trainingsschuhs. Der Trainingsausfall der letzten Wochen kann nur mit Material-Tuning ausgeglichen werden. Holger Meier tritt in seinem Gesundheitsschuh an. Er kennt eben die Tricks noch nicht. Holger hat schon verloren denkst Du. Im Ziel willst Du ihm gern die Reste Deiner Bratwurst anbieten, die Du bei seiner Ankunft bereits in Teilen vertilgt hast.
- km 20: "Alles super! Von Holger nichts zu sehen. Von den Schuhen nichts zu spüren. Herrlich leicht."
- km 30: "Uups! Warum brennen meine Fußsohlen so? Und warum tun die Oberschenkel so weh? Egal. Es handelt sich hier ja um einen Marathon. Ist schließlich kein Spaziergang."
- km 38: "Auwei! Ich bin fix und fertig. Jeder Schritt schmerzt höllisch. Aber viel schlimmer: Von hinten kommt Holger herangerauscht. Der hat einen Blick drauf wie Lance Armstrong, als er am Berg Jan Ullrich tötend tief in die Augen schaute und ihn gnadenlos versägte."
- km 40: "Nix geht mehr, Holger rennt vorbei. Gegenhalten geht nicht."
- Ziel: "Holger ist ein echter Kumpel. Er fragt mich, ob ich Hunger habe und bietet mir ein Stück seiner Bratwurst an. Im Gegenzug schenke ich ihm meine Schuhe..."
Klare Sache: Holger war noch viel trainingsfauler als Du. :-) Weil er sich das jedoch eingestanden hat, verwendete er den gut gedämpften und orthopädisch wertvollen Trainingsschuh. Damit kam er zwar im Vergleich zu Dir zunächst kaum vom Fleck und hat sich fast einen Bruch gehoben, seine Muskulatur hat er aber geschont. Du hingegen mußtest mit jedem Schritt ausgleichen und warst mangels erforderlichem Training am Ende platt wie ein Igel.
Nach wie vor ist Deine Schnelligkeit weitgehend unerheblich. Eine gute Konstitution und orthopädische Gesundheit sollte hingegen vorausgesetzt sein. Wenn Du, vielleicht altersbedingt, im Marathon nicht mehr unter 4 Stunden kommst, aber ansonsten gesund bist und viele regelmäßige Kilometer im Training abspulst, kann der Rennschuh erhebliche Zeitvorteile für Dich bringen und vielleicht die Sekunden für eine Altersklassenbestzeit oder eine entsprechende Platzierung. Auf sehr kurzen Wettkampfstrecken, vielleicht bis 10.000m, dürfte wohl jeder fortgeschrittene Läufer einen Rennschuh vertragen und somit die nicht wegzudiskutierenden Zeitvorteile nutzen können. Taste Dich im Training an immer längere Distanzen in Deinem Rennschuh heran. Wer plant, damit einen Marathon zu laufen, sollte vorher im Training unbedingt auf vergleichbarem Untergrund seinen Wettkampfschuh auf der 35km-Runde erfolgreich getestet haben!
Hier ein Auzug zum Thema aus Peter Greifs Marathon-Trainingsplan "Heißes Feuer im alten Ofen":
"Laufen auf hartem Untergrund, am besten Asphalt, fördert die Ausbildung kontraktiler Elemente in der Muskulatur. Diese Elemente können Kraft beim Auftritt aufnehmen (dämpfen) und sie im Augenblick des Absprungs wieder abgeben. Das was sich viele von einem Schuh wünschen und dieser aber nicht leisten kann, kann die Muskulatur. Dazu benötigt sie aber den sogenannten Impact (Aufprall), einen Aufprall kann es aber nur geben, wenn der Untergrund hart genug ist. Auf weichen Waldböden kommt es durch das leichte Einsinken zu einem schwammigen Impact, die Muskulatur braucht nicht in entsprechender Weise zu dämpfen. Die Bildung kontraktiler Elemente wird nicht angeregt. Wer immer auf weichen Waldböden trainiert, wird auf Asphalt sein blaues Wunder erleben. Die Muskulatur schmerzt nach kurzer Zeit tierisch und die Laufgeschwindigkeit ist bei vergleichsweise gleichem Kraftaufwand niedriger, als bei Asphalt Gewohnten. Waldschotter-Straßen oder -Wege sind annähernd der Wirkung von Asphalt gleichzusetzen.
Nun darf man aber auch nicht das Kind mit dem Bade ausschütten und ganz auf die Waldböden verzichten, das wäre völliger Unsinn. Außerdem ist das Laufen im Wald eines unserer größten Genüsse. Auf diesen Untergründen sollte man die extensiven und regenerativen Läufe ableisten. Mit gut gedämpften Schuhen erholt sich dort die Muskulatur.
Tempoläufe hingegen immer auf Asphalt, harten Waldböden (Schotter) oder auf der Bahn rennen. Auf dieser immer möglichst harte Schuhe mit wenig Dämpfung (Wettkampfschuhe oder Leichtgewichtsschuhe) laufen, denn die Bahn dämpft schon in sich. Auch bei den Tempoläufen unbedingt härtere Schuhe (Leichtgewichtsschuhe) bevorzugen. Weiche Schuhe vernichten Energie, in dem sie sie in Wärme umwandeln."
Sofern Du sowieso mehrere Paar Laufschuhe nutzt, solltest Du über ein paar leichte renntaugliche Schuhe nachdenken. Wettkampfschuhe für leichte und dynamische Läufer, die nach ihrem Gefühl sich in gutem Trainingszustand befinden, unabhängig von ihrer tatsächlichen Schnelligkeit. Du findest diese Schuhe in unserem Online-Shop in der Kategorie Wettkampfschuhe. Wenn Du Dich nicht so ganz an die extrem leichten Schuhe herantraust, decken so genannte Leichtgewichtschuhe mit etwa 290 g (US 9) die Lücke zwischen normalgewichtigen Trainingsschuhen und superleichten Rennschuhen. Du findest Sie in unserem Online-Shop in der gleichnamigen Kategorie Leichtgewichtschuhe.