Eigentlich war es gar nicht so schlimm, du fühltest dich zwar nicht besonders und hattest auch keine große Lust zu einem schnellen Lauf, aber du zogst deine Schuhe an und gingst raus. Draußen empfing dich bestes Wetter und du nahmst dein gewohntes Tempo auf. Aber schon bei den ersten Schritten durchwallte dich die Kraftlosigkeit, die Schwäche kürzte deinen Schritt und deine Geschwindigkeit unterschied sich kaum von dem der Hausfrauen-Walker-Gruppe, die dir nun entgegenkam.
Nein, nur das nicht, in diesem Zustand dürfen die dich nicht sehen, nicht die! Unmittelbar nahmst du deine Knie hoch und tänzeltest ganz locker den Damen entgegen. Nach dem du sie in deinem Rücken hattest und eine kurze Schamfrist verstrichen war, schaltest du sofort wieder auf deinen vorherigen Schleiffussschritt herunter. Langsam ging deine Atemfrequenz wieder auf einen normalen Rhythmus zurück. Was ist nur mit mir los? Bin ich krank? Habe ich nicht richtig gegegessen? Bin ich übertrainiert. Dein Kopf arbeitete auf Hochtouren, um diese Fragen zu beantworten.
Sicher hast du das alles schon einmal erlebt, wenn du ein ehrgeiziger Läufer(in) bist. Aber konntest du die Fragen nach dem Grund der Schwäche auch beantworten? Wenn du nun ausschließen konntest, dass du nicht krank warst, richtig gegessen hattest, nicht übertrainiert sein dürftest und die letzte harte Einheit auch fast eine ganze Woche her war, woher kamen dann diese elenden Schlaff-Tage, wo im wahrsten Sinne nichts lief? Diese Fragen stellst du dir nicht allein, den Satz, "ist nicht mein Tag heute", hast du sicher schon oft auch von anderen gehört.
Ein sehr häufiger Grund eines körperlichen Schwächegefühls liegt im Grad der Motivation und in dem daraus resultierenden Hormonstatus. Wieviel Leistung ein Körper bereitstellt, liegt nur an der Menge der ausgeschütteten Stresshormone, der zur Verfügung stehenden Energie und Sauerstoff. Je mehr dieser Stresshormone dir zur Verfügung stehen, desto leistungsfähiger fühlst du und bist es auch. Eine nur geringe Ausschüttung dieser Hormone auch Glukortikoide oder Katecholamine genannt zieht ein Schwächegefühl nach sich.
Ich möchte hier nicht über die Gründe diskutieren, warum denn nun manchmal zuwenig von den Stresshormonen wie Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin zur Verfügung stehen, sondern ich möchte dir nur praktische Hilfen anbieten, mit der du dich etwas in Schwung bringst, wenn du mal wieder vor Kraftlosigkeit 5 cm kleiner bist als gewohnt.
Wenn man im Internet die Suchworte "Stresshormone, Sport, Leistung" eingibt, dann findet man 100-te von Informationen, fast alle beschreiben im Gleichklang: "Sport baut Stress ab!" Und nun kommt ein einsamer alter Schreiber aus den dunklen Harzbergen herunter und sagt: "Mache dir Stress, dann kann'ste besser laufen!" Da kann doch was nicht stimmen oder?
Das Problem beim Stress ist der Umgang mit diesem Wort. Jeder hört täglich mindestens einmal das 4 h hintereinander arbeiten "der totale Stress" ist. Jeder kennt eine "stressige Beziehung" und der "Stress mit dem Chef" ist nicht ganz unbekannt. Und das sehr viel Leute laufen, um dem Stress zu entgehen, wissen wir alle.
Bei der Sache mit dem Chef kann ich gleich beschreiben, was so die Hormone so mit dir anstellen (stelle dir vor, du bist im folgenden Dialog Sachbearbeiter Müller!): "Herr Müller, ich hatte sie doch ausdrücklich gebeten mir das Angebot für die Meier KG bis heute um 10 Uhr auf den Tisch zu legen!" "Aber Chef, ich hatte doch den Termin in Hamburg, da war keine Minute Zeit für das Angebot" "Das interessiert mich nicht, in 30 min habe ich die Unterlagen hier, sonst passiert was." "Chef, ich schaffe das nicht, unten sitzen die Herren von Wichtigfirma und warten auf mich!" "Es ist immer das gleiche mit ihnen, niemals bekomme ich pünktlich die Unterlagen, wenn das so weiter geht, dann können sie sich einen neuen Job suchen!"
Wenn dir so etwas schon einmal passiert ist, dann weißt du was Stresshormone sind, die rauschen jetzt nur so in dein Blut. In deiner Phantasie willst du diesem Blödmann von Chef an den Kragen, ihn schütteln, würgen und verprügeln. Und damit du diese phantastischen Gewaltakte auch erfüllen kannst, stellt dir dein Organismus die benötigten Hormone zur Verfügung, die wiederum die Freisetzung der benötigten körperlichen Leistung initiieren. Du könntest jetzt dieses Cheflein locker in der Luft in seine Einzelteile zerlegen. Aber was passiert: "Ja Chef, ich versuche es!" Und sieh'ste, dass ist ungesund!
Und damit du nun nicht an Arterioklerose vorzeitig ablebst, gehst du nach Feierabend eine Runde laufen, um die hormonell angeregten körperlichen Untaten nun in eine sinnvolle körperliche Leistung zu wandeln. Und sieh'ste, das ist gesund!
Aber du wirst bemerken, dass mit der schwindenden Wut auf den Chef auch deine Lauflust nachlässt. Dir fehlen jetzt wieder die Hormone und mit welchen Tricks und Maßnahmen du dir in deinem läuferischen Alltag die entsprechende Hormonausschüttung für eine hohe Leistungsbereitschaft verschaffst, darüber werde ich in der nächsten Woche berichten.