Im Greif-Club sind wir mit unseren Trainingsplänen seit genau 10 Wochen im Training. Im Grundlagentraining! Damit bauen wir uns eine ganz stabile Form auf. Viele sind immer wieder überrascht, wie gut dies ohne kurze und ganz schnelle Intervalle funktioniert. Nur mit extensiven Intervallen, Tempowechselläufen und intensiven Dauerläufen. Natürlich ist auch dieses Training sehr anstrengend. Es schafft aber eine stabile Grundlage. Wer das Training bisher durchziehen konnte, ist zum jetzigen Zeitpunkt bereits auf dem Leistungsstand des Vorjahres oder sogar schon eine Bestzeit über 10 km gelaufen. Auf dieser Grundlage werden wir im Frühjahr die kurzen und schnellen Intervalle zum Feinschliff absolvieren.
Da es langsam Richtung Frühjahr geht und viele schon mit den Hufen scharren, heute schon mal ein Ausblick auf dieses hochintensive Intervalltraining (HIIT). Dazu gibt es nämlich neue interessante Forschungsergebnisse. Es geht dabei um die Frage, wie hochintensive Intervalle effektiver gestaltet werden können, ohne die Trainingsbelastung zu erhöhen.
Intervalltraining eine wichtige Komponente jedes Trainingsprogramms und bringt die Leistungsfähigkeit entscheidend voran. Das Intervalltraining wurde vor Jahrzehnten „erfunden“ und es gibt inzwischen unzählige Variationen. Der traditionelle Ansatz ist, eine bestimmte Anzahl von Wiederholungen mit festgelegter Streckenlänge (z.B. 10x200m, 20x400m oder 10x1000m) und konstanter und vorgegebener Geschwindigkeit zu laufen. Auch die Erholung zwischen den Wiederholungen wird vorgegeben (Pause, Trabpause). Diese Strategie hat sich im Laufe der Jahre als effektiv erwiesen. Kennen wir alle, sind wir vermutlich alle schon mit Erfolg gelaufen.
Ich persönlich fand es vor allem psychisch sehr herausfordernd. Ich kann mich noch gut an Einheiten wie 10x 1000 m in 3:00 min erinnern. Es war gut laufbar, aber wenn du nach 4 WHL "feststellst", dass du noch 6 laufen musst, dann braucht es schon einiges an mentaler Stärke das durchzuziehen. Obwohl es am Ende nur 10 km im Tempo sind.
Eines der Hauptziele des Intervalltrainings ist die Verbesserung der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max). Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass die Anhäufung von mehr Zeit bei Intensitäten über 90% VO2max ein Schlüsselaspekt effektiver Intervall-Einheiten ist. Nun könnte man schlussfolgern, wenn die im Training bei über 90% VO2max verbrachte Zeit ein so wichtiger Faktor ist, dann wäre es doch ein Weg diese Zeit zu verlängern und noch härter und länger zu trainieren. Funktioniert manchmal sogar kurzfristig oder natürlich bei denjenigen die bisher kein oder sehr wenig Intervall-Training absolviert haben. Aber wie wir alle wissen, führt die kontinuierliche Erhöhung von immer mehr Umfang und mehr Intensität irgendwann zu Verletzungen oder Stagnation. Die Steigerung ist begrenzt.
Bevor wir uns eine neue Studie zum Intervalltraining anschauen, hier noch einmal einige Begriffe kurz erklärt:
Der VO2max-Wert
VO2max setzt sich zusammen aus V (=Volumen), O2 (=Sauerstoff) und max (=Maximum). Der Wert gilt als das Maß zur Bestimmung der maximalen Sauerstoffaufnahme. Der VO2max Wert bestimmt also, wie viel Sauerstoff ein Mensch während der Belastung aufnehmen und verwerten kann und wird in ml/min/kg angegeben. Ist dieser Wert bekannt, weiß man, wie viel Milliliter Sauerstoff der Körper pro Minute pro kg Körpergewicht bei maximaler Belastung aufnehmen und verwerten kann. Anders gesagt, bestimmt der Wert die maximal mögliche aerobe Kapazität. Je höher der Wert, desto höher die mögliche Ausdauerleistungsfähigkeit bzw. Leistungspotential.
Unter Belastung steigt die Sauerstoffaufnahme des Körpers durchgehend an und erreicht im Rahmen der größten Ausbelastung ihr Maximum. Wenn ein Abflachen der Sauerstoffaufnahme erkennbar ist, heißt der höchste gemessene Wert VO2max. Wird jedoch kein Plateau erreicht, sondern ist die Sauerstoffaufnahme im Bereich des Abbruchs noch ansteigend gewesen, wird nicht von einer VO2max sondern von einer VO2peak gesprochen.
Es ist also Ziel jeden Trainings, möglichst seine VO2max zu verbessern. Anhand des VO2max-Wertes lässt sich die Leistungsfähigkeit von Athleten vergleichen. Im Internet findest du Tabellen um deinen VO2max bzgl. Alter und Geschlecht einordnen zu können.
Wir alle sind mit Laufuhren unterwegs, die inzwischen auch einen VO2max-Wert anzeigen. Selbstverständlich steigert nicht nur Intervall-Training diesen Wert. Garmin-Connect zeigt bei mir durch das bisher absolvierte Grundlagentraining einen Anstieg von 56 auf 63 ml/min/kg seit dem 29.11.2021.
Maximale aerobe Geschwindigkeit (MAS)
Deine maximale aerobe Geschwindigkeit (MAS) ist die niedrigste Trainingsintensität, bei der dein Körper seine maximale Fähigkeit zur Sauerstoffaufnahme erreicht (VO2max). Die maximale aerobe Geschwindigkeit kann in der Regel nur wenige Minuten aufrechterhalten werden (4 bis 8 Minuten, je nach Leistungsniveau).
Die aerobe Schwelle (AS)
Die aerobe Schwelle (AS) wird auch als minimales Laktatäquivalent, Basislaktat oder international "lactate threshold" (LT) bezeichnet. Es handelt sich dabei um die niedrigste Belastungsintensität, bei der die Muskulatur über einen längeren Zeitraum nicht mehr rein aerob arbeitet und so ein Anstieg des Laktat-Wertes im Blut gegenüber dem Ruhewert gemessen werden kann. Es ist also der Punkt, ab dem sich Laktat ansammelt und die Müdigkeit schnell zuzunehmen beginnt. Eine sportliche Belastung an der aeroben Schwelle kann wegen der vollständig aeroben Energiebereitstellung über einen langen Zeitraum aufrechterhalten werden. Ein Ausdauertraining in diesem Bereich wird als extensives Dauerlauftraining oder Fettstoffwechseltraining bezeichnet, da die nötige Energie fast vollständig über die Verstoffwechselung von Fettsäuren abgedeckt werden kann.
Die anaerobe Schwelle (ANS)
Die anaerobe Schwelle (ANS), auch als aerob-anaerobe Schwelle oder Laktatschwelle bezeichnet, ist ein Begriff aus der Sportphysiologie und bezeichnet die höchstmögliche Belastungsintensität, welche von einem Sportler gerade noch unter Aufrechterhaltung eines Gleichgewichtszustandes zwischen der Bildung und dem Abbau (der weiteren oxidativen Verstoffwechselung) von Laktat erbracht werden kann, wenn also der maximale Laktat-Steady-State (MLSS) erreicht wird.
Wenn wir also Umfang und Intensität nicht endlos steigern können, dann braucht es neue Ideen. Es gibt immer mehr Hinweise dafür, dass das traditionelle Intervalltraining durch strategische Änderung der Intensität innerhalb jedes Intervalls verbessert werden kann. Frühere Studien haben untersucht, ob sich Intervall-Einheiten mit Intensitätsänderungen innerhalb der Wiederholungen positiv auf die VO2-Antwort auf eine bestimmte Sitzung auswirken können. Es hat sich gezeigt, dass sich sowohl die Strategie „Schneller Start und abnehmende Intensität" als auch "unterschiedlicher Intensität" innerhalb der Wiederholungen positiv auf die VO2-Antwort auswirkt.
Diese früheren Studien haben haben allerdings diese Methoden jedoch nicht direkt verglichen. Darüber hinaus wurde die Intensität dieser Intervall-Einheiten entsprechend der maximalen aeroben Geschwindigkeit (MAS) standardisiert. Dies ist wichtig, weil Athleten mit der gleichen maximalen aeroben Geschwindigkeit (MAS) sehr unterschiedliche aerobe Schwelle (AS) haben können, welche oft ein besseres Kriterium für die physiologische Reaktion auf das Training ist.
Um die Auswirkungen unterschiedlicher Intensität während der Einheiten besser zu verstehen, suchten die Forscher nach klareren Antworten. In einer im November 2021 veröffentlichten Studie führten zehn gut ausgebildete Langläufer drei verschiedene Intervall-Einheiten an verschiedenen Tagen durch. Jede Trainingseinheit bestand aus fünf Wiederholungen von 5-Minuten-Intervallen. Die Trainingseinheiten variierten jedoch auf folgende Weise:
- Intervalle mit wechselnder Intensität
Innerhalb der 5-Minuten-Intervalle wurden jeweils drei Zyklen mit wechselnder Intensität gelaufen. Dabei wurde 3 mal gewechselt gewechselt zwischen:
- 40 sec bei 100% MAS (maximale aerobe Geschwindigkeit) und
- 60 sec bei einer Belastung, die 20% der Differenz zwischen aerober Schwelle (AS) und maximaler aerober Geschwindigkeit (MAS) oderhalb der aeroben Schwelle (AS) lag. Auf gut deutsch gesagt, etwas schneller als das extensive DL-Tempo. Siehe Abbildung 1 bei ca. 85% MAS.
- Intervalle mit abnehmender Intensität
Die 5-Minuten-Intervalle wurden mit abnehmender Intensität gelaufen. Die Intervalle wurden dabei wie folgt aufgeteilt:
- 2 min bei 100% MAS (maximale aerobe Geschwindigkeit)
- 3 min bei einer Belastung, die 20% der Differenz zwischen aerober Schwelle (AS) und maximaler aerober Geschwindigkeit (MAS) oberhalb der aeroben Schwelle (AS) lag. Auf gut deutsch gesagt, etwas schneller als das extensive DL-Tempo. Siehe Abbildung 1 bei ca. 85% MAS.
- Intervalle mit konstanter Intensität
Bei dieser Einheit wurde die Intensität der Intervalle jeweils über die gesamte Intervall-Dauer von 5 min konstant gehalten. Dabei wurde die durchschnittlichen Intensität der beiden anderen Verfahren gewählt.
Die Läufer liefen bei den Intervallen mit wechselnder und mit abnehmender Intensität die gleiche Gesamtzeit in beiden Intensitäts-Stufen. Bei jeder Einheit wurde die gleiche Gesamtarbeit geleistet. Das bedeutet, jeder Unterschied in der Trainingsantwort wäre das Ergebnis der Struktur der Einheit, also WIE die Intervalle gelaufen wurden und nicht das Ergebnis unterschiedlicher Trainingsbelastung und Dauer. Die Gesamtstruktur der Einheiten ist in Abbildung 1 dargestellt.
Abbildung 1: Struktur der Intervall-Einheiten (Quelle: Sports Performance Bulletin)
A = erste Einheit, um die MAS bei den Läufern zu bestimmen. B = die Struktur der Einheit mit wechselnder Intensität der Intervalle. C = Struktur der Einheit mit konstanter Intensität der Intervalle (d.h. „normale Intervalle“). D = Struktur der Einheit mit abnehmender Intensität der Intervalle.
Die Ergebnisse waren recht beeindruckend. Die durchschnittliche Sauerstoffaufnahme der Probanden war signifikant höher, wenn Intervalle mit abnehmender Intensität und variierender Intensität durchgeführt wurden. Ebenso wichtig ist, dass sie mehr Zeit mit einem VO2 verbrachten, das mehr als 90% ihres VO2peaks betrug. Wie bereits erwähnt, sind das Erreichen höherer Sauerstoffaufnahmen und mehr Zeit mit mehr als 90% des VO2peaks wichtige Faktoren der Trainingsreaktion.
Während die Einheiten mit Intervallen mit abnehmender und variierender Intensität eindeutig eine überlegene Reaktion auf die Sauerstoffaufnahme zeigten, hielten die Athleten die Einheiten nicht für schwieriger als die Einheit mit konstanten Intervallen. Dies galt unabhängig davon, ob die Einheit als Ganzes bewertet wurde oder Bewertung zu verschiedenen Zeitpunkten innerhalb der Einheit erfolgte. Obwohl die Athleten eine größere körperliche Reaktion auf das Training zeigten (Sauerstoffaufnahme), fühlte sich die Einheit nicht schwieriger an!
Bei der praktischen Anwendung dieser Ergebnisse können wir diese oben beschriebenen Intervalle auf zwei verschiedene Arten nutzen. Wenn Intervalltraining schon ein ein großer Teil deines Trainings ist, dann kann es sinnvoll sein, die etwas weniger effektiven Intervalle mit konstanter Intensität früher im Trainingszyklus zu verwenden. Also dann wenn du weniger fit bist und daher wenn ein entsprechender Trainingsimpuls wahrscheinlich von Vorteil ist. Wenn du dann im Laufe des Saisonverlaufes fitter wirst und einen noch stärkeren Impuls benötigst, kannst du diese alternativen Intervalleinheiten für einen zusätzlichen Schub nutzen, ohne das Training noch schwieriger zu machen.
Wenn das Intervalltraining einen relativ kleinen Teil deines gesamten Trainings ausmacht, ist es sinnvoll, sofort die effektiveren Methoden zu verwenden, insbesondere wenn sie keine zusätzliche Erholung erforderlich machen. Es ist eine gute, deine Ergebnisse zu verbessern, ohne andere Trainingsprioritäten zu beeinträchtigen.
Welche Methode soll man nun wählen: Intervalle mit abnehmender oder variierender Intensität? Da sollte man die Einheit wählen die einem am meisten Spaß macht. Diese wird am Ende zur besseren Einhaltung der Geschwindigkeiten im Training und damit zu den besseren Ergebnissen führen.
Auch wenn das Konzept der VO2max nicht frei von kritischer Betrachtung als Kriterium der Ausdauerleistungsfähigkeit ist, kann es doch hilfreich sein, diese Art von Intervallen auszuprobieren. Es bringt in jedem Fall Abwechslung in den Trainingsalltag.
Quelle: Sports Performance Bulletin, Januar 2022
Referenzen:
- Sports Med Phys Fitness. 2006 Mar;46(1):1-14
- Sports Med. Sep-Oct 1986;3(5):346-56
- Strength Cond Res. 2015 Sep;29(9):2434-40
- Int J Sports Physiol Perform. 2020 Apr 3;1-8
- Int J Sports Physiol Perform. 2021 Nov 22;1-7