Obwohl es noch furchtbar warm ist, sind wir den Herbst-Marathons schon nahe. Das Training wird schneller und härter, das 42,2 km-Fieber steigt und damit steigt auch die Möglichkeit Trainingsfehler zu begehen.
Marathon-Training ist immer ein "Eiertanz". Um einen überdurchschnittlichen Erfolg zu erzielen, ist man einerseits gezwungen schnell und umfangreich zu trainieren und andererseits aber auch manchmal sehr langsam zu laufen, um seine Kräfte zu schonen. Ich selbst habe schon eine Vielzahl von Läufer(innen) erlebt, die sich im Marathontraining, so wie ich es nenne, "verbrannt" haben. Damit meine ich nicht eine Verbrennung der Haut, sondern das Ausgebranntsein nach falschem Training.
Dieser Fehler tritt insbesondere nach zu langer Vorbereitung auf. Wer schon 12 Wochen lang vor dem Marathon und mehr schon auf höchstem Niveau trainiert, hat in der Regel keine Kraft mehr im Wettkampf. Schon wer die ersten 4 von 12 Wochen des "Countdown zur Bestzeit" mit höchstem Engagement angeht, kann sicher sein, seinen Formhöhepunkt schon am Wettkampftag überschritten zu haben. Das gilt insbesondere für die Herbstmarathonläufe, weil man dort mit einem höheren Leistungsniveau in die Vorbereitung steigt.
Um die letzte Leistungsstufe vor einem Marathon vorzubereiten, braucht man 6 Wochen! Weitere zwei Wochen vor dem Wettkampf dienen schon wieder der Regeneration.
Fatale Fehler in der Marathon-Vorbereitung
Auf einen anderen fatalen Fehler möchte ich Sie heute auch noch hinweisen. Die Typen, denen ich diesen Fehler zuordne sind die sogenannten 35 km-Hetzer!
Die zentrale Einheit eines Marathon-Läufers(in) sind nun mal die 35 km. Wer diese Stecke nicht läuft und dennoch über die 42,2 km an den Start geht, muss entweder mit zeitlichen Qualitätsverlusten rechnen oder das Risiko eingehen, sein Rennen nicht laufend beenden zu können. Diese Einheit wurde vom Neuseeländer Lydiard erfunden und ist heute in Variationen Weltstandard. Von uns stammt die Modifizierung der 35 km mit Endbeschleunigung, auch diese wurde von vielen Läufer(innen) übernommen.
Nun ist es so, dass in den individuellen Greif-Club-Plänen und unseren anderen Trainings-Anweisungen die Endbeschleunigung zum Wettkampf hin immer länger wird. Damit kommt es auch zu einem höheren Durchschnittstempo über die gesamten 35 km. Dieses ständig sich erhöhende Tempo reizt nun eine bestimmte Art Mensch. Dieser hat immer die Stoppuhr im Blick, stoppt jede Pinkelpause und jedes Ampel-Rot raus. Weiß noch vom vierten langen Lauf im Herbst 1992 die Zwischenzeit bei km 23 und kann ohne zu stottern, die 10 schnellsten Zeiten auf seinen 35 km aufsagen.
Für diesen Menschen ist es eine innere Befriedigung jeden 35er schneller zu laufen als die davor liegende Einheit. Wichtig ist ihm nicht die Endbeschleunigung, sondern die Zwischenzeiten über die ganze Strecke. Schon vom Trainingsanfang wird das Tempo hoch gehalten und der Kampf mit der Uhr aufgenommen. Jeder Teilstreckenrekord wird begeistert kommentiert und die erwartete Endzeit im Wettkampf in immer höhere Regionen geschraubt.
Und im Wettkampf selbst? "Irgendwie lief es von Anfang an nicht, ich weiß auch nicht woran es gelegen hat?" oder "Bis 25 lief es, dann war ich fertig!" Diese Läufer(innen)-Typen übernehmen sich aus Ehrgeiz, verschleißen ihre Kraft und versagen im Wettkampf. Sie finden nicht den Ausgleich zwischen Belastung und Erholung. Leider ist denen in der Regel auch nicht zu helfen, sie haben immer ein schlechtes Gewissen, wenn Sie langsam laufen. Trainieren sie einen einzigen extensiven km unter der Vorgabezeit, werden diese Typen schon kribbelig und schlafen schlecht mit den Gedanken ein Versager, Schoner, Schlaffsocke, Weichei oder Genußläufer zu sein.
Hilfreiche Tipps für die Marathon-Vorbereitung
Damit Sie nicht zu diesen Typen gezählt werden können, gebe ich Ihnen folgende Tipps:
- Laufen Sie nur einmal, maximal zweimal in der direkten Marathon-Vorbereitung die 35 km so schnell es geht. Dies machen Sie aber nur, wenn Sie sich nach Beginn des Trainings besonders gut fühlen. Planen Sie einen solchen Rekordlauf niemals!!!
- Ansonsten schonen Sie sich im "Anlauf" auf die Endbeschleunigung. Wenn Ihr Körpergefühl Ihnen das vorgibt, laufen Sie bis zum Startpunkt der Endbeschleunigung im regenerativen Bereich, und drehen erst dann auf.
- Wenn es Ihnen an dem Tag des angesetzten 35 km-Laufs mit Endbeschleunigung körperlich nicht gut geht, laufen Sie nur langsam durch und vergessen Sie das Schnelle am Schluss.
- Regenerieren Sie sich am Folgetag des 35ers ganz bewußt und lassen Sie sich nicht von Ihrer Umgebung zu hohem Tempo reizen.