In der letzten Woche musste ich hier mit dem Titel "Sport und Alter: Die schrecklichen Wahrheiten" erst einmal die Finger in offene Wunde legen, die fortschreitendes Alter heißt. Heute aber wird sich deine Miene wieder etwas erhellen. Zwar gibt es noch ein paar "bittere Pillen" zu schlucken, aber du bekommst auch eine Karte mit, wie du auf einigen Schleichwegen dem fortschreitenden Altersverfall entkommst.
Beginnen wir mit einer Frage: Wieso kann es denn sein, dass da ein mittelmäßiger Läufer mit 48 Jahren in eine Leistungsgruppe kommt und sich bis heute im Alter von 53 Jahren immer noch verbessert? Diesen Fall haben wir aktuell hier bei uns in Seesen.
2005 tauchte in unserer kleinen Trainingsgruppe Wolfgang Rühlemann auf. 48 Jahre alt lief er 41-er Zeiten über 10000 m. Heute 5 Jahre später mit 53 rennt er 34-er Zeiten über diese Strecke, 1:16 im HM und 2:43 über die 42,2 km.
Diese Leistungen sollen dir Hoffnung machen: Auch wenn du noch so spät anfängst ambitioniert zu laufen, so hast du doch eine ungeheuer große Chance noch ganz weit nach vorne zu kommen.
Abbildung 12
Vergiss, was du hier in Abbildung 12 siehst. Das ist der Durchschnitt und dieser hat meist schon deutlich früher an zu laufen gefangen als du, der du vielleicht jetzt schon fast 50 bist.
Du musst nur wollen und richtig trainieren. Denn Wolfgang Rühlemann sagt heute "Wäre ich beim Lauftreff geblieben, dann würde ich heute keine 41-er Zeiten mehr laufen, sondern deutlich langsamer. Man passt sich halt dem Niveau seiner Trainingsgruppe an."
Abbildung 13
Ja, welches Fazit? Überlege einmal was dir die Abbildung 12 sagen kann. Wir trainieren zu wenig Kraft!! Der Trend im Alterssport ist das Ausdauertraining. Aber ein Trend führt uns nicht immer auf den richtigen Weg. Viele von uns unterschlagen das Krafttraining völlig, andere machen es nur halbherzig. Es stört einfach das Ausdauertraining. Der Muskelkater am Folgetag lässt kein lockeres Laufen mehr zu. Und das hassen wir.
Das ist bei mir ganz genauso. Ich verfluche immer die steifen Muskeln nach dem Athletiktraining, wusste aber schon seit "ewigen" Zeiten, dass ich das Krafttraining brauche, wie kaum ein anderer Läufer meiner Klasse. Ich wog in meinem Höchstleistungszeiträumen völlig austrainiert 85 kg bei 195 cm Körperhöhe.
Um diese Massen auch ausdauernd und schnell über die Strecke zu bringen, benötigte ich überdurchschnittliche Kraft. Und die trainierte ich mir an der Kraftmaschine oder durch Athletikübungen an. So konnte ich an der Beinpresse aus den im rechten Winkel angestellten Beinen heraus 450 kg fünfmal zur vollen Streckung bringen. Mehr ging nicht, weil die Kraftmaschine am Ende war.
Abbildung 14
In Abbildung 14 kannst du genau sehen wann und warum die Muskeln im Lebensverlauf so langsam schrumpfen: 1. Fehlt ihnen, wie schon oben beschrieben, das Training und als Training ist auch körperliche Arbeit zu betrachten, wozu nicht Tastenklopfen und Umblättern zählt. 2. Durch die Abnahme der anabolen Hormone, insbesondere Testosteron und Wachstumshormone, werden weniger Reize zum Erhalt der Muskelmasse ausgesandt. Beides ist, wie später noch aufgeklärt wird, ursächlich miteinander verbunden.
Abbildung 15
Die Abbildungen 14 und 15 sind die Schlüssellaussagen dieser Arbeit. Die Kurven der Testesteronausscheidung und der maximalen Trainierbarkeit sind fast deckungsgleich. Was nichts anderes heißt, als das deine Trainierbarkeit von deinem Testosteronspiegel abhängt. So wird auch verständlich, warum künstlich zugesetztes Testosteron eines der beliebtesten und wirksamsten Dopingmittel ist.
Genauso deutlich wird, warum in USA die Gabe von Testosteron an ältere Männer als das stärkste Anti-Aging-Therapeutikum gilt. Das ist zwar umstritten, aber hochbeliebt. Kritiker weisen darauf, dass der Einsatz von außen zugeführten Testosteron die körperliche Eigenproduktion behindert.
Befürworter behaupten hingegen, dass dies nicht der Fall ist, wenn die Gabe entsprechend dem Altersverlust angepasst wird. Ich selbst neige auch dieser Ansicht zu. Frei nach dem Motto von Uli Strunz: "Man mus nur seinen Kopf einschalten und nach dem gesunden Menschenverstand urteilen." Warum soll es plötzlich im Alter schädlich sein, einen Hormonspiegel auf ein jugendliches Niveau zu heben? Damals haben die Hormonproduzenten auch nicht ihre Arbeit eingestellt, als sie den gleichen Hormonspiegel vorfanden.
Und da es auch andere natürliche Möglichkeiten gibt seinen Testosteronspiegel auf frühere Höhen anzuheben, scheint diese speziell bei uns verbreitete Angst nichts weiter zu sein als die übliche deutsche Bedenkenträgerei.
Denn: Abbildung 16
Und mit diesem Statement sind wir an dem Punkt angelangt, an dem wir ansetzen müssen, um unseren Sexualhormonspiegel oben zu halten oder ihn sogar zu erhöhen. Denn ein hoher Spiegel hat erhebliche Vorteile für uns. Er beeinflusst unsere gesamte Befindlichkeit und wirkt allgemein vitalisierend.
Abbildung 17
Du wirst dich sicher fragen: Was ist ein intensives Krafttraining? Das ist für uns kein Training mit Gewichten, sondern nur eines mit dem eigenen Körpergewicht. Wir wollen keine dicken Muskeln, sondern nur die für unseren Sport nützliche Kraft erwerben und von der zusätzlichen Ausschüttung von Testosteron profitieren.
Schaue dir einmal das Athletik-Video unseres Krafttrainings an. Als Krafttraining gelten auch kurze Sprints und Sprünge. Wenn du es Ernst meinst mit dir und deiner Leistung, dann kaufe dir das Buch von MAXXF Das Super Krafttraining.
Du machst jetzt in der Saison einen Monat lang einmal in der Woche vor dem Ausdauertraining diese Übungen und ein paar Kurzsprints: Je 3 x 10, 15 und 20 m. Im nächsten Monat steigerst du dich auf je 3 x 15, 20, 25 m und nach einem weiteren Monat gehst du auf je 3 x 20, 25, 30 m. Dann beginnt die Sommerregeneration von 4 Wochen. Weitere Empfehlungen von mir dazu später.
Abbildung 18
Abbildung 19
Abbildung 18 und 19 nach wird klar, warum du dein Krafttraining immer vor dem Ausdauertraining machen solltest. Und das Krafttraining sollte auch niemals mehr als 45 min lang sein, denn dann wird es zum Ausdauertraining und die Wirkung der Sexualhormonausschüttung wird umgekehrt.
Diesen Punkt über Krafttraining und Sexualhormonausschüttung können wir jetzt abschließen und kommen zu ganz neuen und überraschenden Erkenntnissen in Bezug auf den Testosteronspiegel, in dem das Vitamin D3 die Hauptrolle spielt.
Als ich gerade bei der Vorarbeit zu diesem Artikel war und schon an dieser Stelle eine Vorschau veröffentlicht hatte, erreichte mich folgende Mail:
"Sehr geehrter Herr Greif, ich bin Medizinjournalist und regelmäßiger Leser Ihres Newsletters.
Zum heutigen Beitrag möchte ich eine kleine Ergänzung bzw. Berichtigung machen: Sie schreiben: "Es gibt nämlich nur eine legale Möglichkeit sich einen höheren Testosteronspiegel zu verschaffen: Das ist ein Krafttraining bis zu einer Dauer von 45 min."
Das dürfte jedoch nicht ganz richtig sein: Eine Grazer Arbeitsgruppe veröffentlichte vor kurzem eine aufsehenerregende Studie über den Zusammenhang zwischen Vitamin D und Testosteron. Der Testosteronspiegel ist nämlich übers Jahr starken Schwankungen unterworfen. Das gleiche gilt für Vitamin D. Offensichtlich ist das kein Zufall. Es dürfte so sein, dass der Testosteronspiegel vom Vitamin D-Spiegel abhängt. Mehr Vitamin D bedeutet mehr Testosteron.
Vitamin D ist ja einer der Shouting-Stars in der Supplement-Szene der letzten Jahre und auch für Sportler äußerst positiv. Der nun gefundene Zusammenhang ist ein weiteres Puzzlestück, das erklärt, warum sich Vitamin D positiv auf die Leistungsfähigkeit auswirkt. Leider ist Vitamin D-Mangel bei uns weit verbreitet, da der Vitamin D-Spiegel nicht so sehr von der Ernährung, sondern von der Sonnenexposition abhängt.
Wer den ganzen Tag in Innenräumen hockt und bei jedem Sonnenstrahl gleich eine Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor aufträgt, kann eigentlich kaum genug Vitamin D bilden. Läufer, die täglich im Freien unterwegs sind, sollten hier natürlich im Vorteil sein. Dennoch ist auch bei Sportlern der Winter oft eine Vitamin D-kritische Zeit.
Im Notfall tun's auch Vitamin D-Tropfen: Die sind billig und können kaum überdosiert werden. Und - um jetzt wieder auf die erwähnte Grazer Studie zurückzukommen - sie dürften eine einfache und ungefährliche Methode sein, den Testosteronspiegel, der ja vor allem bei älteren Männern oft relativ niedrig ist, anzuheben.
Mit besten Grüßen, Rüdiger Höflechner"
Und das was der gute Rüdiger Höflechner schrieb, fand ich absolut sensationell und ich bin ihm sehr dankbar für diesen Hinweis. In der nächsten Aufgabe wird noch mehr über den Bezug von Vitamin D3 und Testosteron zu berichten sein.
Quellenangaben: Alle Grafiken sind, wenn nicht anders bezeichnet, aus dem Buch "Sportbiologie, Jürgen Weineck, 10. Auflage" entnommen.