Letzthin bekam ich eine Mail von jemand, der gerade seinen ersten Trainingsplan und Jahresprogramm bekommen hatte und völlig enttäuscht war über die Schlichtheit der Einheiten in der Regenerationsphase. Er schrieb: "Ich glaube, dass ich zum verkehrten Zeitpunkt eingetreten bin, die Regeneration kann ich mir selbst verordnen. Ich trete von der Bestellung zurück und melde mich im März noch einmal." Ich schrieb ihm zurück: "Das ist der größte Fehler, den du machen kannst!"
Warum ist das so? Dieser Läufer verpasst einfach eine Chance seine Ausdauer in aller Ruhe zu entwickeln. Er sieht im Monat November auf seinen Plan nur langsame Dauerläufe und schließt daraus, dass es im Winter so immer weiter geht. Mitnichten! Im Dezember starten wir alle mit der Entwicklung unserer aeroben Ausdauer mit progressiven Einheiten.
Im März ist es zu spät für Entwicklungsarbeit, da bleibt nur die Möglichkeit die Form so schnell wie möglich nach oben zu peitschten. Natürlich sind mit einem solchen Verfahren Erfolge zu erzielen, es kommt aber niemals das heraus, was bei einer Umfangsvorbereitung möglich wäre.
Ein anderer Läufer kündigte den Plan und schrieb: "Warum muss man denn schon im Dezember 35 km laufen, dass ist doch zu nichts nutze. Bei uns im Lauftreff haben sie mich doch schon für bescheuert erklärt, die laufen alle ab März maximal 30 km und sagen Greif-Pläne sind zu hart."
Ja, so ist es: Es urteilen immer die am schärfsten über ein Lauftraining, die selbst noch nie richtig trainiert haben. Natürlich kann ich diese Leute gut verstehen, alle latschen sie im Lauftreff den Kies im gleichen Takt platt. Die Gruppe funktioniert, einer ist der Schnellste, ein anderer hängt immer hinten rum und dazwischen reihen sich alle ein. Ab und zu startet einer einen Angriff und kommt ein paar Sekunden vor einem Ranghöheren in das Ziel, rückt eine Stufe auf und alle sind zufrieden. Dann plötzlich macht sich so eine "Rüttelplatte" auf, fühlt sich zu Höherem berufen und bestellt sich einen Greif-Plan.
Da heult doch eine Lauftrefftruppe innerlich in den höchsten Tönen auf: Da will sich einer über uns erheben. Das hat so eine Gruppe gar nicht gerne, denn nichts hasst eine Gruppe mehr, als ein Gruppenmitglied, welches sich aus dem Verband löst und dann auch noch Erfolg hat. Das fordert geradezu die Höchststrafe heraus, das ist in diesem Fall die Hoffnung auf Misserfolg. Zudem kann und will jeder erklären, warum denn nun so ein Plan nicht das Richtige für den Fremdgeher sei. Meist benutztes Argument: "Du machst dich kaputt!"
Gläubig, wie eine Schuhsohle an die ewig Haltbarkeit, wird meist über etwas geurteilt, was gar nicht bekannt ist. Denn wie innerhalb eines Jahresplans die Bestzeiten für die Frühjahrsmonate vorbereitet werden, davon wissen die guten Lauftreffler in der Regel nichts, tun aber in der Regel genau so als ob.
Bekannt ist oft der Count-Down-zur-Bestzeit und das man dort 35 km laufen muss. Was ja nach Meinung der Außenstehenden falsch, zu knochenbrechenden Verletzungen führt, tödliche Gefahren in sich trägt und nicht nötig ist, weil überall etwas anderes steht. Aber es wird nichts zur Wahrheit, weil es oft und von vielen geschrieben wird. Die Wahrheit liegt für uns Läufer(innen) auf dem Platz oder auf der Straße.
Nachfolgend und in den nächsten Wochen werde ich erklären, wie sich eine Ausdauer entwickelt, und warum es bei den verschiedenen Läufertypen zu unterschiedlichen Resultaten kommt.
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Wie wird Ausdauer entwickelt?
Von Ackergäulen und Rennpferden und warum man niemals aufgeben sollte!
Kennst du in deiner Umgebung auch einen oder mehrere Läufer(innen), die ihre Leistungen ganz überraschend schnell entwickelt haben und andere, die Jahre brauchten um sich in den Ranglisten nach oben zu schaffen? Es gibt sie die Ausdauertalente, die legen los und kommen ganz schnell voran und andere die trainieren und trainieren und was raus kommt ist oft spärlich. Gerade letztere neigen dazu ihr Leistungstraining schnell aufzugeben, weil sie über das sich im Vergleich schneller ausbildende Wettkampftempo der Konkurrenz völlig gefrustet sind.
Dieses Aufgeben eines Langstreckentrainings mangels schneller Aufkeimung von Leistung ist falsch, denn es gibt Läufertypen, die entfalten nur langsam Ausdauer und Schnelligkeit, werden aber dafür über Jahre konstant stärker. Dahingegen kommt es bei den Schnellentwicklern oft schon nach wenigen Jahren zu einer scheinbaren Stagnation der Wettkampfzeiten.
Wir hatten in den 80-er Jahren mit A.H. und A.D. zwei junge Läufer bei uns im Verein, die beide mit fast identischen Laufvermögen in unser Training starteten. A.H. lief schon nach anderthalb Jahren eine 15:01 über 5000 m, da krebste A.D. bei gleichem Training noch bei 16:47 herum. Er brauchte noch weitere 3 Jahre um überhaupt eine Zeit unter 16 min zu erreichen.
Im Marathon war es ähnlich: A.H. schaffte nach drei Jahren eine 2:23, A.D. brauchte 8 Jahre um zu einer 2:24 zu kommen. Für beide schöne Erfolge, aber dann passierte etwas ganz Bedauerliches. Im vierten Jahr seiner Karriere wurde die Leistungsentwicklung von A.H. plötzlich gebremst, das stürmische Wachstum war vorbei. A.H. sah das als eine Stagnation an - was es aber nicht war -, wechselte den Verein, hatte dort Leistungsrückschritte zu verzeichnen und beendet seine Laufkarriere.
Als A.H. schon aufgehört hatte, schritt der läuferische Aufwuchs von A.D. immer noch weiter. 1988 war er schließlich laut unserer Dreikampfwertung bester Läufer unseres Vereins. Auch er beendete danach bald sein leistungsorientiertes Training, um eine Familie zu gründen.
Was war denn nun aber bei diesen beiden beschriebenen Läufern so unterschiedlich? Eigentlich nicht viel, dass entscheidende war, dass A.D. deutlich grundschneller war als A.H.
Auch aktuell haben wir wieder ein Pärchen im Verein, die beide völlig unterschiedlich strukturiert sind. Einer davon ist Ansgar Brauner, der seit 1999 hier im Verein trainiert. Ansgar ist ein sehr grundschneller Mann, der eine unvergleichlich hohe Trittfrequenz hat. Wenn er seine Kraft und Schrittlänge früher geschult hätte, wäre er sicher auch ein guter Sprinter geworden.
Nun aber wollte Ansgar Marathon laufen, obwohl er dazu nicht besonders talentiert war. Die ersten Versuche unsere 35 km-Strecke zu meistern endeten in einem Desaster. Kreidebleich wankte er nach einem für ihn viel zu hohen Anfangstempo schon nach einem Drittel der Strecke zurück zum Start. Er brauchte noch viele Versuche um die 35 km in den Griff zu bekommen, aber er gab nicht auf und versuchte es immer wieder.
Und dies mit Erfolg! Seinen ersten Marathon rannte Ansgar 2001 in 3:23 und in diesem Jahr kam er schon auf 2:58. Viel besser ging es aber über die 10 km vorwärts. In 2000 mit 41:31 gestartet, knabberte er in jedem Jahr einige Minuten oder auch nur Sekunden von seinem Rekord ab. Heuer gelang ihm der große Wurf, als er jetzt mit 42 Jahren auf der Bahn eine 36:29 lief.
Nun betrachten wir uns den anderen Typ: Wolfgang Rühlemann, 48 Jahre. Er läuft erst seit April 2004 und kam genau ein Jahr später zu uns in den Verein, ist nicht besonders grundschnell, aber sehr ausdauernd. Auch er wagte sich in diesem Sommer an die 35 km, schaffte sie auf Anhieb, maulte danach ein bisschen herum: "War hart, ich bin ziemlich fertig." Aber in der nächsten Woche lief er sie wieder und klagte kaum noch. In Bremen am 25.09.05 wagte er sich an seinen ersten Marathon und kam mit 3:05 in das Ziel! Und das bei nun wirklich nicht idealen Bedingungen.
Wieso entwickelt sich ein grundschneller Läufer wie Ansgar um so vieles langsamer als einer, der wie Wolfgang bei den schnellen Sachen immer hinten rumgurkt? Diese Frage wird zu beantworten sein. Dieser Punkt ist entscheidend für die Entwicklungsmöglichkeiten eines Läufers(in).
Warum sich die Ausdauer von "Ackergäulen" schneller entfaltet als die von "Rennpferden", dazu kommen wir in 14 Tagen. Und ich verspreche dir, es wird hochinteressant.